Mit dem Ellbogen öffnete Ria die Toilettentür. Bloß nicht die Klinke berühren!
»Hey! Du warst echt gut!« Tamara, eine Blondine in den Sechzigern, lächelte Ria zu, während sie ihren roten Lippenstift erneuerte. Tamara kam so gut wie immer zu den Karaoke-Veranstaltungen, sang aber selbst nie mit, da sie laut eigener Aussage »eine schrecklichere Stimme als eine erkältete Krähe« hatte. Heute war Tamara Ria noch gar nicht unter den Zuschauern aufgefallen.
»Danke!« Ria lächelte zurück. »Auf jeden Fall besser als beim letzten Mal …«
Tamara machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wer kann schon gut singen mit einer beginnenden Bronchitis? Dafür hast du heute wieder gezeigt, was in dir steckt! Und ich sage es dir immer wieder, Schätzchen: Wenn die Zeit kommt und ich nicht mehr alle Frösche im Teich habe, will ich auf jeden Fall im Seniorenheim von dir betreut werden! Dann singst du mir jeden Tag ein schönes Liedchen vor!«
»Abgemacht!« Ein Lächeln erhellte Rias Gesicht. »Jetzt muss ich aber mal kurz verschwinden.«
Tamara nickte verständnisvoll. »Es gibt nichts Grässlicheres als ein unbefriedigtes Bedürfnis!« Wie richtig Tamara damit lag.
Mit dem Fuß trat Ria vorsichtig gegen die Tür der freien Toilettenkabine, um sie zu öffnen. Um nicht mit dem Metall des Türbeschlags in Verbindung zu kommen, legte sie ein Stück braunes Öko-Toilettenpapier darauf, während sie verriegelte.
Ein tiefer Atemzug und sie zog ihr Jeanskleid etwas nach oben. Ria konnte nicht anders, sie musste kontrollieren, wie feucht ihre Muschi tatsächlich war. Mit der ganzen Hand wischte sie an ihrer Pussy entlang und schloss dabei ihre Augen. Dunkle Schamhaare kitzelten ihre Finger. Das Urteil fiel folgendermaßen aus: extrem untervögelt! Rias Pussy war triefnass und wartete kribbelnd auf einen harten Schwanz.
»Später!«, murmelte Ria und dachte dabei an den blauen Perlenvibrator, den sie sich letztes Jahr zum Geburtstag gegönnt hatte und mit dem sie sich regelmäßig amüsierte. In diesem Augenblick fristete der Vibrator in einem Schuhkarton in Rias Kleiderschrank sein heimliches Dasein.
Der Druck auf Rias Blase war noch immer da und zwang sie zu der Prozedur, die sie jedes Mal veranstaltete, wenn sie auf einer öffentlichen Toilette pinkeln musste.
Die Tür zu den Damentoiletten wurde geöffnet und Ria hörte, wie sich klackernde Absätze näherten und in der Kabine neben ihr verschwanden.
Mit den Ellbogen suchte Ria Halt an den Wänden der engen Kabine und ging leicht, wirklich nur ganz leicht, in die Hocke.
Es fiel ihr jedes Mal schwer, anzufangen. Sie bildete sich ein, jeder Anwesende hörte dem Plätschern ihres Urinstrahls zu. Als ob die Leute nichts anderes zu tun hätten.
Ein Handy (wohl das von der Klacker-Lady) klingelte in der Kabine direkt nebenan. Laut. Der beste Zeitpunkt, um es laufen zu lassen!
»Ja, ich hatte eben angerufen. Alles okay bei den Zwillingen?«
Ria schaute auf den Boden. Sie wollte niemanden belauschen, auch wenn sie manches Mal unfreiwillig Gespräche mitanhören musste.
»Sehr schön. Also kann ich noch bleiben. Ähm … Sagen wir in ca. zwei Stunden. Wenn das okay ist?«
Ob die Frau mit ihrem Partner telefonierte? Oder mit einer Babysitterin?
Ria beeilte sich, betätigte die Klospülung mit einem Tuch vor der Hand und schloss die Kabine nach demselben Prinzip wieder auf. Geschafft!
Ria wusch sich die Hände am Waschbecken. Die zweite Toilettenkabine wurde entriegelt und eine schmale Frau mit rot gefärbtem Pixie-Cut trat neben Ria an das Waschbecken. Sie stellte ihre Tasche auf die Ablagefläche vor dem fleckigen Spiegel.
Ein etwas gequältes Lächeln traf Rias Spiegelbild. »Ich bin zum ersten Mal wieder unter Menschen, seitdem unsere Zwillinge da sind«, sagte die Frau. »Sie glauben gar nicht, wie gut das tut! Den ganzen Tag von morgens bis abends nur Gebrülle!«
Ria nickte mitfühlend. Sie selbst hatte keine Kinder, aber wenn es nach Florin ginge, wäre sie schon fünffache Mutter. Gern eines Tages, aber nicht jetzt. Und dann würden Ria ein oder zwei Kinder reichen. Sie wollte schließlich keine Privat-Kita aufmachen.
Ria hielt ihre Hände unter den Händetrockner, als ihr Blick auf das Buch fiel, das aus der Tasche der kurzhaarigen Frau ragte: Für ewig deine Sklavin.
Sofort färbten sich Rias Wangen rot. Sie kannte das Buch. So wie sie die meisten Romane kannte, die der Büchermarkt über das Thema BDSM hergab. Und sie liebte diese Art von Romanen. Meist bestellte sie die Bücher übers Internet auf einer Seite für Gebrauchtes. So sparte sie sich den peinlichen Gang in den kleinen Buchladen der Stadt und konnte die Bücher ohne schlechtes Gewissen nach dem Lesen ganz unten in der Papiertonne entsorgen. Bisher hatte Florin sie noch nicht mit einem dieser Bücher erwischt. Ria kannte die Meinung ihres Verlobten zu solchen Sexpraktiken: »Das lassen doch nur Frauen mit sich machen, die keine Würde haben! Krank ist das! Ich verstehe nicht, wie man sich freiwillig derart herabwürdigen lassen kann!« Seitdem sie das Thema vor einigen Monaten ganz vorsichtig angesprochen hatte, war es nie wieder zu einer Unterhaltung darüber gekommen. Dass Ria beim Gedanken, den Hintern versohlt zu bekommen, ein Kribbeln am ganzen Körper verspürte, wusste Florin nicht. Er ahnte auch nichts von ihren Fantasien, sich einem Mann komplett zu unterwerfen und, zumindest für die Dauer des Spiels, seine ergebene Dienerin zu sein. Aber diese Gedanken, diese heimlichen Sehnsüchte hatten sich in Rias Innerem eingenistet, verfolgten sie auf Schritt und Tritt und sorgten dafür, dass Rias Pussy vor Verlangen bebte.
2. Cyril Kaltwein
Uaaaaaach!
Mit einem lauten Stöhnen fiel die Tür des renovierungsbedürftigen Hochhauses ins Schloss. Cyril Kaltwein zog den Reißverschluss seines Hosenstalls mit einer Selbstverständlichkeit hoch, als würde er sich die Nase mit einem Taschentuch putzen.
170 Zentimeter Selbstsicherheit. 27 Jahre hatte er Zeit gehabt, sein Ego zu nähren – mit Erfolg. Kaltweins maßgeschneiderter Anzug und die aus Italien importierten Santoni-Schuhe bildeten einen merkwürdigen Kontrast zu dieser heruntergekommenen Gegend. Genau wie seine dunkelbraunen, zum Undercut frisierten Haare nicht so recht zu dem rötlich-braunen Henriquatre-Bart passen wollten. Über seiner Schulter hing die gelbe Sporttasche, die er zu jedem Treffen dieser Art mitnahm. Ohne Spielzeug konnte nun mal nicht gespielt werden.
Kaltwein zog sein Handy aus der rechten Hosentasche. Seine dunklen, von definierten Augenbrauen gekrönten Augen fixierten das Display.
Hey, mein Schatz! Wollte nur kurz fragen, ob du schon weißt, wann du nach Hause kommst? :-*
Linnea! Ob sie vergessen hatte, dass er heute Abend Fußballtraining hatte? Wie auch immer. Mittlerweile musste sie wissen, dass sie keine schnulzig-schmalzigen Liebestexte von ihm zu erwarten hatte. Er war nicht der Typ Mann, der einer Frau Avancen mit Blumen und Pralinen machte. Er liebte die harte Tour. Nur die harte Tour. Und welchen Grund gab es auch, über seine Art, mit Frauen umzugehen, nachzudenken? Die meisten Frauen, mit denen er intim gewesen war, hatten es genossen, dass er das Ruder in der Hand hielt. Wenn ihn jemand gefragt hätte, wie Frauen ticken, wäre seine Antwort gewesen: »Sie wollen, dass man ihnen zeigt, wo es langgeht. Nicht alle. Aber die, die für mich interessant sind.«
Nach einigen Minuten erreichte Kaltwein sein