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Vernissage Fatale - Kapitel 2
Seit einem halben Jahr hatten die Freundinnen sich nicht gesehen. Das letzte Mal hatte Deborah Carol in Seattle besucht, und sie hatten eine wunderschöne Woche im Schnee verbracht.
Nun war es andersherum. Auf Deborahs zukünftigen Mann war Carol gespannt, waren ihre Geschmäcker seit jeher sehr unterschiedlich gewesen.
Als Carol das zweistöckige Haus ihrer Freundin gefunden hatte, staunte sie nicht schlecht, ein kleines, weißes Traumhaus vorzufinden.
Beeindruckt stieg sie die Veranda hinauf und klingelte. Deborah öffnete die Haustür, und beide Freundinnen begrüßten sich überschwänglich und fröhlich. Carol wurde sofort hineingebeten und sollte im Wohnzimmer Platz nehmen. Mit einem Drink in der Hand erzählten sie sich die neuesten Ereignisse. Carol versuchte Deborah über die anstehende Hochzeit mit Stanley auszuquetschen, doch darauf reagierte Deborah nur sehr verhalten.
»Was ist denn mit dir? Willst du über die Hochzeit nicht sprechen?«, fragte Carol.
»Ach meine Liebe, das ist kein gutes Thema. Komm, lass uns shoppen gehen.«
»Brauchst du noch etwas für deine Hochzeit?«
»Nein, verdammt!«, rief Deborah, und lenkte sofort wieder ein. »Tut mir leid. Aber ich bin, wie du merkst, darauf nicht so gut zu sprechen.«
»Willst du mir denn gar nichts darüber erzählen?«
Deborah zögerte. »Es läuft im Moment nicht allzu gut. Das ist alles. Stan ist so … wie soll ich sagen: leidenschaftslos. Eigentlich wollte ich nicht gleich am ersten Tag, wo wir uns seit einem halben Jahr nicht gesehen haben, damit anfangen. Komm, ich zeige dir meine neue Jacke!«
Carol war bestürzt über die Situation, in der sich Deborah befand. Mit gemischten Gefühlen ließ Carol sich erneut zum Shoppen auffordern.
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Es war ein wunderschöner Tag, den beide sehr genossen. Der Abend hielt allerdings noch eine Überraschung für Carol bereit.
»Darling? Bin wieder da«, rief eine tiefe, männliche Stimme, als beide Frauen gemütlich im Wohnzimmer saßen. Jede war mit einem Glas Melonenbowle bewaffnet und schon ein wenig beschwipst. Doch mit dieser sanften und melodischen Stimme schien Carols Schwips augenblicklich wie weggezaubert. Ihr Herz schlug hart gegen ihre Brust.
»Hallo, Schatz, wir sind im Wohnzimmer«, antwortete Deborah.
»Ihr?«, fragte er und blickte zur Tür herein. »Ach richtig, deine Freundin aus Seattle.«
»Typisch Mann, vergisst von einer Minute zur anderen, was man ihm sagt.« Deborah schüttelte den Kopf und nahm einen Schluck Bowle.
»Ich habe eben noch andere Dinge im Kopf. Hallo … Carol.« Er reichte ihr die Hand und blickte in ihre Augen. Einen Moment zu lange, wie Carol schien. Doch auch sie konnte sich nicht von seinen warmen, rauchblauen Augen losreißen.
»Na, wenigstens weiß er noch deinen Namen.«
Stanley überhörte die Spitze und hielt Carols Hand fest in der seinen. Carol konnte nicht verhindern, dass ihr die Röte ins Gesicht schoss und ihr Atem sich beschleunigte. Dieser Mann hatte das gewisse Etwas! Er sah auf seine Art ungemein gut aus. Seine dunkelbraunen Haare waren mittellang, und eine dicke Strähne, die ihm bis zum Kinn reichte, war ihm bei der Begrüßung seitlich ins Gesicht gerutscht.
»So, Schatz, vielleicht kannst du dich auch wieder loseisen. Mach dir keine Hoffnungen, Carol, dieser Mann ist fasziniert von allen weiblichen Geschöpfen, Hauptsache, sie heißen nicht Deborah.«
Die Magie verschwand sofort, und Stanley ließ Carols Hand los. Verärgert warf er Deborah einen vernichtenden Blick zu. Diese hatte ihre Beine auf dem Sofa ausgestreckt und den Kopf schiefgelegt. Mit einem Schluck stürzte sie ihren Drink hinunter und erhob sich mit den Worten: »Ich hol mir noch einen. Carol, du auch?«
»Nein, danke.«
Deborah verschwand in der Küche und ließ die beiden alleine. Peinlich berührt von der Situation wusste Carol nicht, was sie sagen sollte und blickte sich im Zimmer um, dessen Bilder sie schon längst bewundert hatte.
»Wie war deine Reise, Carol?«, fragte Stanley, während er sich seinen Mantel auszog, ihn über die Sofalehne legte und sich ihr gegenübersetzte.
»Gut.« Sie wurde wieder rot und ärgerte sich darüber. Er blickte sie an. Sollte er wirklich jeder anderen Frau den Kopf verdrehen? Carol konnte nicht mehr denken. Sein Blick verwirrte sie. »Wie laufen die Hochzeitsvorbereitungen?«, rutschte ihr raus, obwohl sie genau das nicht hatte fragen wollen. Nun war es an ihr, die Magie zu zerstören.
»Gut«, antwortete er genauso schlicht wie Deborah es getan hatte. Wieder blickten sie sich an. »Wie …«, begann Stanley, doch er brach ab, weil Deborah den Raum betrat.
»Redet ruhig weiter, lasst euch von mir nicht stören – oder störe ich etwa?«
»Debby, nun hör schon auf. Du forderst es geradezu heraus«, sagte Carol und fühlte sich unwohl.
»Also schön. Heute Abend gibt es Sandwiches. Wer will welche?«, fragte Deborah in die Runde.
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Vernissage Fatale - Kapitel 3
Am nächsten Tag war Carol froh, dass Deborah und Stanley arbeiten mussten. Sie hätte nicht gedacht, zwischen die Mühlräder der Beziehung zu kommen. Auch hätte sie nicht vermutet, dass es diese Mühlräder überhaupt gab. Aber das war deren Problem, dachte Carol und blieb vor einem Dessous-Geschäft stehen, in dessen Schaufenster ein schwarzes Twin-Set ausgehängt war. Es bestand aus einem schwarzen BH mit blassrosa Spitzenblüten und einem passenden String, dazu waren schwarze Strümpfe ausgestellt, an deren Rändern sich das Muster wiederholte.
Mit einem Lächeln auf den Lippen kam Carol wieder aus dem Geschäft. Unter der Prämisse, man müsse sich auch mal etwas gönnen, spazierte sie durch Denver Downtown, genoss die Sonnenstrahlen auf ihrer Haut und die neue Stadt. Das Capitol faszinierte sie. Staunend umkreiste sie das Gebäude und stieß mit einem Mann zusammen, der genauso nach oben blickte, wie sie. Stanley, schoss es ihr durch den Kopf. Der Mann entschuldigte sich und lächelte. Aber es war nicht Stanley. Von da an wurden ihre Gedanken wieder von Stanley beherrscht. Auch wenn sie versuchte, ihn aus ihrem Kopf zu verbannen, es gelang nicht. Sie dachte an sein Lächeln, sein Gesicht, seine halb langen, schweren Haare und seine Größe, wie er auf sie hinabblickte und geheimnisvoll lächelte. Sie stellte ihn sich nackt vor. Kräftig und gut gebaut. Wie es sich wohl anfühlte, wenn er auf ihr läge, seinen Mund leicht geöffnet, schwer atmend, sein Becken sich auf ihrem riebe …
Carol wurde feucht. Ihr Körper sehnte sich nach ihm. Nach allem. Sie wollte ihn unbedingt haben. Bei den Gedanken erschrak sie. Dieser Mann war nicht mehr zu haben! Er gehörte ihrer Freundin, und sie würden heiraten. Carol biss die Zähne aufeinander. Sie musste versuchen, sich damit abzufinden und nur daran denken, warum sie überhaupt in Denver war: wegen der Ausstellung von »Sandford Greene«. Morgen würde sie sich die Ausstellung ansehen und dann so schnell wie möglich nach Hause zurückfliegen. Stanley durfte in ihrer Welt nicht mehr vorkommen!
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»Und, wie war’s?«, fragte Stanley am Abend, als sie in der Küche waren. Lässig lehnte er an der Spüle, seine langen Beine ausgestreckt, eins übers andere gelegt und schob sich den letzen Happen eines Schoko-Muffins in den Mund.
»Schön«, sagte Carol nervös. »Denver ist eine schöne Stadt.«
»Stimmt, finde ich auch.«
Beide schwiegen. Stanley guckte sie kauend an. »Und, hast du was gekauft?«
Carol nickte und lächelte, dann stockte sie und ihr Lächeln erstarb. Sollte sie etwa von ihren Dessous erzählen?
»Aha, und was hast du gekauft, wenn ich fragen darf, oder ist das zu indiskret?«