»Ja?«, fragte Stanley langgezogen nach. In seiner Stimme hörte sie eine leichte Belustigung heraus.
»Ich habe Dessous gekauft«, platzte Carol heraus. »Schwarz und zartrosa, wenn du’s genau wissen willst. Mit Strapsen.«
Stanley klappte der Mund auf. Eine Weile starrte er sie nur an und ließ sich zu einem »Wow« hinreißen.
»So, nun weißt du’s. Und wie war dein Tag?«
Er taxierte sie mit einem intensiven Blick, ohne auf ihre Frage zu reagieren. Mit einem Mal schoss er nach vorne, packte ihr Gesicht mit beiden Händen und presste seine Lippen auf ihre. Weich, hart, fordernd. Carol brauchte, so schien es ihr, eine Ewigkeit, um zu registrieren, was sie mit sich geschehen ließ. Es fühlte sich so verdammt gut an. Genau das wollte sie, doch in ihrem Innersten schrie der Verstand gegen die Unvernunft an.
Grob drückte sie ihn weg. »Um Gottes Willen: NEIN!«, rief Carol mit schwachem Entsetzen. Sein Aftershave haftete an ihrer Wange, und Carol schmeckte noch die Schokoladensüße seines Mundes. Wild hämmerte ihr Herz in der Brust. Beide starrten sich an wie Ertrinkende. Vernunft und Wollust trugen einen gewaltigen Kampf aus. Der Raum war nicht mehr da, es gab nur noch Stanley für Carol. Sie spürte, wie sie ihren Kampf gegen die Vernunft verlieren würde. Ihre Brüste zogen, und in ihrem Unterleib tanzten Schmetterlinge. Noch ein paar Sekunden, und sie würde auf ihn zustürzen, um ihre Lippen noch einmal auf seine zu pressen, sein Aftershave an ihm zu riechen, seine Oberarme anzufassen, seine Wärme durch das Hemd zu spüren …
Stanley guckte zur Seite und atmete tief durch. Der Augenblick war vertan und Carol verzweifelt. Sie wollte schreien und wünschte sich ein paar Sekunden zurück. Zu spät. Lässig lehnte er sich wieder an die Spüle. Am liebsten wäre sie vor ihm auf die Knie gefallen. Doch im gleichen Augenblick schalt sie sich für ihre Stolzlosigkeit.
Endlich blickte er sie wieder an. Die Gier war gewichen, und Sachlichkeit war darin zu lesen. Er verschränkte die Arme und legte den Kopf schief. »Schade, ich hätte dich gerne in deinen neuen Sachen gesehen. Und noch einmal schade, dass ich dich wahrscheinlich nie darin sehen werde.«
Doch, rief es in ihrem Kopf, ich will dir die Sachen zeigen, sofort, und du sollst jedes Stückchen Stoff langsam von meinem Körper ziehen, um mich in meiner Nacktheit in dich aufzunehmen.
»Tja, so ist das Leben«, sagte Carol stattdessen.
Er zog die Augenbrauen hoch und seufzte. »Tja dann … ich werde mich zurückziehen. Wenn du noch etwas brauchst, du weißt ja, wo du die Küche, oder zur Not auch mich, findest.«
Carol nickte, unfähig zu sprechen. In diesem Augenblick hörte sie einen Schlüssel in der Haustür.
»Ah, das ist meine bessere Hälfte. Du wirst sicher mit ihr noch ein bisschen plaudern wollen. Gute Nacht«, sagte er leichthin.
»Gute Nacht«, presste Carol hervor.
Dann platzte auch schon Deborah in die Küche. »Ach, hier seid ihr. Mann, war das ein Tag! Hallo, Schatz! Hallo, Carol-Liebes.« Sie sah frisch aus, ihre Wangen rosig, voller Schwung, Freude und Vitalität. Carol beneidete sie. Endlich hatte sich ihr Herzschlag beruhigt. Doch als Stanley sich noch einmal für die Nacht verabschiedete und Carol erneut anblickte, kam ihr Blut wieder in Wallung.
Mit Deborah über den Tag zu sprechen, dazu hatte Carol überhaupt keine Lust. Im Gegenteil, der Elan, den Deborah versprühte, stieß bei Carol nur auf Unmut. Kurz und knapp erzählte Carol von ihrer Stadtbesichtigung und versuchte, Deborah den Eindruck zu vermitteln, müde zu sein und ins Bett zu wollen.
»Du siehst ganz erschöpft aus, meine Liebe. Vielleicht solltest du ins Bett gehen, damit du morgen wieder fit bist.« Mitleidig blickte Deborah sie an.
Carol hatte es geschafft. »Vielleicht hast du recht. Gute Nacht.«
»Gute Nacht, meine Liebe. Ach, ich fliege morgen übrigens nach Chile.«
Mit einem Ruck blieb Carol in der Küchentür stehen und drehte sich zu ihrer Freundin um. »Nach Chile? Wieso das denn?« Plötzlich war Carol hellwach.
»Beruflich. Ich muss dort in der Filiale unserer Firma in der Personalplanung aushelfen. Ich werde in drei Tagen zurück sein.«
»Aber … Wieso ausgerechnet jetzt und das so schnell?«
»Wenn Not am Mann ist, dann kann das von einem Tag auf den anderen passieren. Das ist nicht ungewöhnlich.«
»Aha. Sehen wir uns denn noch? In drei Tagen fliege ich wieder nach Hause, das weißt du doch, oder?«
»Ja, das weiß ich. Aber leider kann ich keine Rücksicht darauf nehmen. Geschäft ist Geschäft.«
»Klar, das verstehe ich.« Carols einzige Angst war, mit Stanley alleine zu sein. Die Gefahr der Schwäche war einfach riesig bei ihr. Nein, sie musste standhaft bleiben. Deborah war eine ihrer besten Freundinnen. Sie durfte es sich mit ihr nicht verscherzen, nur wegen eines Mannes und einer Liebesnacht.
»Kann ich dich mit Stan alleine lassen?«, fragte Deborah, als hätte sie ihre Gedanken gelesen.
»Klar kannst du das!«
»Ach, das weiß ich doch. Komm her.« Deborah zog Carol in die Arme und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Hab eine schöne Zeit und genieß die Ausstellung. Wir sehen uns bestimmt noch. Ich denke, mein Flug wird nicht so spät gehen. Schlaf gut.«
»Danke, dir einen guten Flug und gute Nacht.«
Carol winkte, als sie die Küche verließ.
***
Vernissage Fatale - Kapitel 4
Als Carol den oberen Treppenabsatz erreicht hatte und ihre Zimmertür öffnen wollte, kam Stanley aus dem schräg gegenüberliegenden Schlafzimmer und wollte gleich daneben ins Badezimmer gehen. Beide blieben stehen und sahen sich an. Carols Herz begann heftig zu klopfen, als sie seinen halb nackten Körper betrachtete. Außer einer Boxershorts trug er nichts. Er hatte eine breite Brust, und die Oberarme wiesen Muskeln in der richtigen Größe auf. Seine Boxershorts beulte sich verräterisch. Die kräftigen Oberschenkel waren behaart und sprühten vor Männlichkeit. Sie spürte, wie sich ihre Brustwarzen versteiften und Leben in ihren Unterleib kam. Als sie ihm wieder ins Gesicht blickte, lächelte er. »Na, zu Ende geguckt?«
Hitze schoss Carol ins Gesicht. Schnell verschwand sie in ihrem Zimmer, schloss die Tür und lehnte sich dagegen. Was für ein Mann! Was für eine Aura!
***
Diese Nacht bekam sie kein Auge zu. Ihre Gedanken wurden von Stanley beherrscht. Immer wieder sah sie seinen Körper vor sich. Mit und ohne Boxershorts. Ihre Hand wanderte zu ihrem heißen Geschlecht. Carol seufzte, dann drehte sie sich auf den Bauch, schob sich zwischen die gespreizten Beine ein Kissen und kreiste mit dem Becken darauf. »Oh, Stanley«, stöhnte sie leise mit geschlossenen Augen. Ihre Muschi war heiß, brannte förmlich, sehnte sich nach Erlösung. Carol hob immer wieder ihren nackten, festen Po und ließ ihn kreisend auf dem Kissen nieder, während sich ihre Hände, über dem Kopf ausgestreckt, an den Bettstangen festhielten. Die Decke rutschte vom Bett. Carol bemerkte es kaum. Erst als die Decke eine Buchstütze, die auf einem in der Nähe stehenden Tischchen stand, mitnahm und diese laut auf den Boden polterte, wurde es Carol bewusst. Doch Carol war so heiß und so feucht, dass es ihr egal war. Erregt rieb sie ihr feuriges Geschlecht, das dem Höhepunkt entgegenfieberte, am Kissen weiter. Carol war so in ihr erotisches Spiel versunken, dass sie nicht mitbekam, wie die Tür zu ihrem Zimmer aufgerissen wurde.
»Carol!«
Erschrocken blickte sie sich um.
»Alles in Ordnung? Wir haben ein Poltern gehört …«
Zu Carols Entsetzen stand Deborah in der Tür, die etwas befremdet auf die Szene guckte, die sich ihr hier bot. Doch das Entsetzen Carols galt nicht nur Deborah, die sie anstarrte, sondern vielmehr dem Mann, der dahinterstand. Sein Mund war halb geöffnet, seine Brust hob und senkte sich im Licht, das aus dem Flur hereinschien. Sein Blick war auf ihren durch