Athen jetzt der Brennpunkt des wirtschaftlichen Lebens in Hellas. Handel nach allen Plätzen des Mittelmeeres. Großindustrie durch Sklaven betrieben. Bedeutende Ausfuhr von Erzeugnissen des Gewerbefleißes, Einfuhr von Getreide, Schiffsbauholz und Rohstoffen aller Art.
Blüte der dramatischen Dichtung: Die drei Tragiker Aischy̆los (526–455, die Perser 472, die Oresteia 458, eine Trilogie), Sŏphŏkles (496–405, Antigone 441, Ödipus auf Kolōnos), Euripĭdes (480–406, Medeia 431. Iphigeneia in Tauris 412). Etwas später entfaltet sich die Komödie; besonders bedeutend sind die politischen Komödien des Aristophănes in der Zeit des Peloponnesischen Krieges (die Ritter 424, die Wolken 423, der Friede 421, die Vögel 414). Dramatische Aufführungen fanden statt an den Diony̆sosfesten (kleine Dionysien oder Lenäen, große Dionysien); die Ausstattung des Chores war eine den reicheren Bürgern obliegende Liturgie (vgl. S. 39).
Geschichtschreibung: Herodot von Halikarnaß (484–424?), Teilnehmer an der Koloniegründung in Thurii; Thukydĭdes von Athen (470–400?).
Philosophie: Anaxagŏras von Klazomĕnä, Lehrer des Perikles (Empedŏkles in Akragas. Demokritos in Abdēra, um 450). Protagŏras von Abdera, neben Gorgias von Leontini und Prodikos von Keos der berühmteste unter den Sophisten, welche als Lehrer der Weisheit und der Redekunst auftraten. Sokrătes von Athen (469–399), Gegner der Sophisten. Ihrer subjektiven Richtung (der Mensch ist das Maß der Dinge) stellt er das Streben nach objektivem, begriffsmäßigem Wissen entgegen.
§ 4. Peloponnesischer Krieg. (431–404 v. Chr.)
Nach kurzer Friedenszeit erneuert sich die Feindschaft der auf Athens politisches und wirtschaftliches Übergewicht eifersüchtigen aristokratischen Peloponnesier gegen die attische Demokratie; es beginnt ein fast dreißigjähriger, für Griechenland verderblicher Krieg.
Veranlassungen: 1. Einmischung Athens in den Krieg, welcher zwischen Kerkyra und Korinth wegen der Kolonie Epidamnos (S. 33) entstanden war.[16] Die Athener erklären sich für Kerkyra und nehmen (zunächst mit 10 Schiffen) teil an der Schlacht bei Sybŏta (432) zwischen den Korinthern und Kerkyräern, in der die Korinther erst Sieger sind, sich aber nach dem Erscheinen weiterer 20 attischer Trieren zurückziehen. 2. Die Bewohner von Poteidaia (S. 33) fallen vom athenischen Bunde ab (432), werden von Korinth unterstützt, aber von den Athenern geschlagen und in ihrer Stadt belagert.
Die Korinther, unterstützt durch Beschwerden der Megărer, welche von allen attischen Häfen und Märkten ausgeschlossen worden waren, und der Ägineten, klagen gegen die Athener in Sparta. Die Volksversammlung der Spartiaten erklärt, daß die Athener die Verträge gebrochen haben, worauf die peloponnesische Tagsatzung Kriegsbereitschaft beschließt.
Streitkräfte beider Parteien: Achaja und Argos bleiben zunächst neutral; mit den Peloponnesiern verbündet: die Megărer, Böoter, opuntischen Lokrer, Phokier.— Selbständige Bundesgenossen der Athener: Platää, Naupaktos, Kerkyra, Zakynthos, Chios, Lesbos, die Thessăler und Akarnanen. Flotte von 300 Trieren, Bürgerheer von 29000 Hopliten, Staatsschatz von 6000 Talenten, Jahrestribut aus dem Bundesgebiet 600 Talente.
Perikles behauptet sein Ansehen gegen alle Anfeindungen (Anklagen gegen Pheidias, Anaxagoras, gegen seine Gemahlin Aspasia, endlich gegen ihn selbst wegen der Verwaltung des Staatsschatzes). Sein Kriegsplan: Verteidigung in der befestigten Stadt, Angriff mit der Flotte.
431.
Der Archidamische Krieg. 431–421. Der Krieg beginnt mit einem Überfall von Platää durch die Thebaner, welche zurückgeschlagen werden. Darauf Einfall der Peloponnesier in Attika unter dem Spartanerkönig Archidāmos. Verwüstung des Landes. Die Landbewohner flüchten in die befestigte Stadt Athen oder lagern zwischen den langen Mauern. Die athenische Flotte verheert die Küsten der Peloponnes und nimmt Ägina in Besitz; das Gebiet von Megăra von dem Landheer verwüstet.
430.
Zweiter Einfall der Peloponnesier, in Athen bricht die Pest aus (der Arzt Hippokrătes aus Kōs). Perikles verheert mit der Flotte die Küste von Argolis, wird im Rechenschaftsprozeß verurteilt, aber für das nächste Jahr wieder zum Feldherrn erwählt.
429.
Die Athener nehmen Poteidaia ein; ihre Flotte unter Phormion ist siegreich im korinthischen Meerbusen bei Naupaktos.
Perikles stirbt an der Pest. An die Spitze der demokratischen Partei tritt Kleon, der »Gerber«, d. i. Besitzer einer durch Sklaven betriebenen Lederwarenfabrik, an die Spitze der aristokratischen Nikĭas.
428.
Dritter Einfall der Peloponnesier, dann Abfall der Stadt Mytilēne auf Lesbos vom athenischen Seebunde (Methymna bleibt den Athenern treu). Die Spartaner belagern Platää.
427.
Während des vierten Einfalls der Peloponnesier in Attika wird Mytilēne auf Lesbos von der athenischen Flotte zur Übergabe gezwungen. Die athenische Volksversammlung beschließt auf Kleons Antrag, alle Bürger von Mytilēne, am andern Tage jedoch, nur die Aristokraten hinrichten zu lassen. Über tausend werden getötet, die Mauern der Stadt geschleift, die Äcker der Insel, mit Ausnahme des Gebiets von Methymna, an attische Bürger verteilt.
Die Spartaner nehmen Platää ein, die letzten 225 tapferen Verteidiger der Stadt werden hingerichtet. — Blutige Parteikämpfe in Kerkyra, wo zuletzt mit Hilfe Athens die Demokraten Sieger bleiben.
426.
Glückliche Kämpfe der Athener unter Demosthĕnes in Akarnanien gegen die von den Peloponnesiern unterstützten Ambrakioten.
425.
Fünfter Einfall der Peloponnesier. Demosthenes, mit einer nach Sicilien (S. 50) bestimmten Flotte aussegelnd, landet in Messenien und besetzt die verfallene Burg von Pylos. Die Peloponnesier (Brasĭdas) besetzen die gegenüberliegende Insel Sphakteria, werden aber durch die athenische Flotte abgeschnitten. Der von spartanischen Gesandten in Athen angebotene Friede auf Kleons Antrag verworfen. Kleon und Demosthenes erobern Sphakteria; 292 Hopliten, darunter 120 Spartiaten, werden nach Athen gebracht. Die Athener drohen diese hinzurichten, wenn ein neuer Einfall in Attika geschehe.
424.
Die Insel Kythēra von den Athenern unter Nikias besetzt. Von Kythēra und von Pylos aus beunruhigen sie fortwährend das lakonische Gebiet. Ihr Landheer bei Delion in Böotien von den Böotern geschlagen (Sokrates von Alkibiades gerettet).
Brasĭdas, der durch Böotien und Thessalien nach Makedonien und Thrakien gezogen ist, bringt die dortigen Küstenstädte zum Abfall von Athen, nimmt auch Amphipŏlis ein. Der athenische Feldherr Thukydĭdes (der Geschichtschreiber), der mit einem Geschwader bei Thasos lag und diesen Verlust nicht hatte verhindern können, wird deshalb verbannt. Nach abermals vergeblichen Friedensverhandlungen senden die Athener Kleon nach Thrakien. Er wird in der
422.
Schlacht bei Amphipŏlis
von Brasidas geschlagen und fällt auf der Flucht, Brasidas stirbt an