»Wir besitzen im oberen Plane ein Haus mit Gründen«, sagte Witiko, »in Pric haben wir mehr, und dort sind jetzt unsere Vorfahren gewesen, von dem im Wangetschlage bei Friedberg kann wohl nicht geredet werden.«
»Ist das das Haus, in welchem Huldrik ist?« fragte Diet.
»Ja«, sagte Witiko, »kennst du es?«
»Ich kenne es«, antwortete Diet, »und wußte bisher, daß es in die Fremde gehöre. Du mußt dich an einem Platze festsetzen, Witiko, und vergrößern, und vor deinen Nachbarn Ansehen gewinnen, und den Lechen entgegen streben.«
Witiko antwortete nichts auf diesen Rat, und da sie über den Hofraum gingen, kam Elisabeth zu ihnen, und sagte, daß alles geordnet sei, daß man für Witiko die Kammer hergerichtet habe, und daß in der Stube das Abendessen harre. Sie gingen also, obgleich die Sonne noch am Himmel stand, dahin, während im Hofe eine helle Glocke geläutet wurde. Als sie in die Stube traten, waren darin schon einige Menschen versammelt, andere gingen nach ihnen hinein. Es waren fünf Kinder da, drei Knaben und zwei Mädchen, Diet rief die Knaben herbei, stellte sie vor Witiko, und sagte: »Das sind meine Söhne nach ihrem Alter: Diet Wolf und Eberhard.«
Die Knaben hatten Kleider von gelblichem grobem Wollstoffe an.
Dann rief er die Mädchen, stellte sie ebenfalls vor Witiko, und sagte: »Das sind meine Töchter Sophia und Helicha.«
Die Mädchen hatten ihre Haare aufgebunden, hatten rote Mieder, schwarze Faltenröckchen und weiße Schürzen.
Dann setzte man sich an den großen Buchentisch. Obenan saßen Diet und Elisabeth, und zwischen ihnen Witiko. Dann saßen die Kinder. Weiter unten waren die anderen Leute, lauter Knechte und Mägde. Auf dem Tische waren Roggenbrote, Gerstenbrote und Bier. Auf den oberen Teil setzte man einen geräucherten gebratenen Schinken und Sauerkohl, auf den untern eine Suppe mit Stücken geräucherten Schweinfleisches Klößen und Sauerkohl.
Als das Abendmahl geendet war, wurde Witiko von Diet ohne Leuchte, weil noch der Tag an dem Himmel schien, in seine Kammer geführt. Sie war eine Eckstube des Gebäudes gegen den Wald. Sie hatte wie die große Stube weiße Wände, ein starkes Bettgestelle aus Eichenholz, darauf Witikos Lager bereitet war, und andere Geräte aus festem Eichenholze. Als Diet Abschied genommen hatte, schloß Witiko die Tür mit dem Eichenriegel, und bereitete sich für die Nacht vor. Und als die tiefe Dämmerung eingetreten war, legte er sich auf sein Bett zum Schlafe.
Des andern Morgen besorgte er bei dem frühesten Tagscheine sein Pferd. Dann wurde eine Suppe aus Milch und Mehl mit weißem Brote als Frühmahl in der großen Stube verzehrt. Herauf führte ihn Diet in die Gemächer des Hauses. Sie waren fast alle wie die große Stube, und dienten zur Wohnung Diets und der Seinigen und für Gäste. In den meisten waren Geräte aus Buchenholz, in einigen bessere Geräte aus Eichenholz. In einem Gewölbe weiten Raumes waren Waffen und Wurfgeräte zur Verteidigung des Hofes. Auf diesem Gewölbe war ein höherer Aufbau, in den man vom Gewölbe aus gelangen konnte. Sie stiegen empor. Dort konnte man wie von einer Warte herum sehen.
»Siehst du«, sagte Diet, »auf jenem Wege bist du gestern gegen die Moldau zu meinem Hofe her geritten, ich habe dich gesehen, und bin dir unter das Tor entgegen gegangen.«
»Und jener Fels ist der der krummen Au«, sagte Witiko.
»Ja«, entgegnete Diet.
»Dort sollte eine Burg stehen«, sagte Witiko.
»Wenn ich dessen mächtig wäre, ich hätte sie schon gebaut«, antwortete Diet.
»Etwa baut sie einmal einer deines Geschlechtes«, entgegnete Witiko.
»Oder ein anderer, wer kann das wissen«, sagte Diet.
Nachdem sie noch ein Weilchen durch die Waldschlucht gegen den Fels der krummen Au hingeschaut hatten, wendete sich Diet gegen Abend, und sagte: »Da sind nun unsere Felder Wiesen und Weiden. Du siehst, wie noch hie und da Felsen oder Bäume in den Wiesen und selbst in dem Getreide sind. Es konnte noch nicht alles weggeschafft werden, das muß die Zeit reinigen. Den tiefsten nassesten Boden haben wir zu Wiesen gelassen, dann kömmt das Feld, und höher oben gegen den Wald ist die Weide. Wir können uns noch weiter gegen Mittag ausbreiten, und werden es tun.«
Dann wies er gegen Morgen, und sagte: »Da ist wenig zu gewinnen, als bessere Sicherheit.«
Witiko sah, daß hier das Haus an den Wald stieß, der von da mit mächtigen Tannen steil zur Moldau hinab stieg.
Hierauf führte Diet Witiko an die Zinnen der Mauer, welche den Hof umgab, und zeigte ihm, wie man das Haus verteidigen könnte.
Dann gingen sie durch das große Tor in das Freie, und beschauten die Felder. Sie gingen an mehreren Häuschen vorüber, in denen Leute Diets wohnten, und an andern, in welchen solche waren, die sich in der Nähe des Hofes Eigentum erworben hatten. Am Mittage kehrten sie in den Hof zurück. Des Nachmittags waren sie bei manchen Arbeitern.
Witiko bat Diet, daß er ihm für den nächsten Tag einen Führer gebe, der ihn bis in den Wangetschlag zu Huldriks Häuschen geleite. Diet versprach es.
Am andern Morgen verabschiedete sich Witiko von Diet und Elisabeth, und stieg im Hofe auf sein Pferd. Dort wartete schon der Führer, welcher auf einem kleinen Pferde saß, wie sie Witiko im Stalle gesehen hatte.
Die zwei Männer ritten durch die Gründe Diets mittagwärts, bis sie wieder der Wald aufnahm. Sie ritten in ihm mittagwärts weiter.
Nach zwei Stunden kamen sie in eine Lichtung, in welcher Stämme geschlagener Bäume lagen, in welcher an verschiedenen Stellen Feuer brannten, um das überflüssige Reisig zu verzehren, in welcher mehrere Ochsen Kühe und Ziegen weideten, in welcher einige Hütten aus Balken und Baumrinden erbaut waren, und in welcher Männer Weiber und Kinder mit Säge Axt Karst und Haue zur Reinigung arbeiteten. Die Männer hatten alle die groben grauwollenen engeren Kleider an, die in den mittäglichen Teilen des Waldes gebräuchlich waren, und die Frauen trugen die kurzen Faltenröcke, und hatten ein Tuch um das Haupt gebunden.
»Das ist der Kirchenschlag«, sagte der Führer, »wohin sie die neue hölzerne Kirche bauen wollen, weil sie da mitten in den zerstreuten Waldhäusern stünde.«
Die zwei Männer stiegen ab, und gaben den Pferden etwas Nahrung, die der Führer von Wettern mitgenommen hatte, und tränkten sie dann aus einer Quelle. Witiko ging auf der Lichtung herum, betrachtete die Arbeiten, und redete mit den Leuten. Nach einer Stunde ritten sie wieder mittagwärts in dem Walde weiter.
Da sie abermals zwei Stunden geritten waren, kamen sie wieder auf eine Lichtung hinaus. Diese mußte aber schon vor vielen Jahren gemacht worden sein. Es standen zerstreute Häuser auf ihr, und sie enthielt Felder Wiesen und Hutweiden.
»Das ist der Wangetschlag«, sagte der Führer, »und jenes weiße Häuschen, das aus Steinen erbaut ist, und auf dessen breitem Dache Ihr auch Steine seht, ist Huldriks Haus. Ihr könnt nun nicht mehr fehlen.«
»Reitest du nicht mit mir hin?« fragte Witiko den Führer.
»Nein«, antwortet dieser, »ich muß heute wieder nach Hause kommen, und daher umkehren. Ich werde erst im Kirchenschlage mein Pferd füttern, und selber etwas aus meinem Vorrate verzehren.«
»So habe Dank«, sagte Witiko, »und handle nach deinem Auftrage.«
Er reichte ihm eine Gabe. Der Führer nahm sie, wendete sein Pferd, und ritt gegen den Wald zurück.
Witiko aber ritt auf einem kleinen Pfade, der von dem Wege dem weißen Häuschen zuging, an dasselbe hinan.
Da er dort abstieg, kam ein alter Mann mit einer Fülle weißer Haare aus dem Häuschen. Er ging auf Witiko zu, schaute ihn eine Weile an, und rief dann plötzlich: »So ist meine Bitte im Himmel erhört worden, und meine Augen sehen auf dieser Stelle Witiko, von dem Heil ausgehen wird.«
»Was redest du für Dinge, Huldrik«,