In der Zeit war es Mittag geworden, und das Mahl wurde in dem Speisesaale gehalten.
Nach dem Mahle ritten Lubomir und seine Sippen mit Witiko in die Felder. Es waren da die Äcker, auf denen der Weizen Lubomirs stand, die Felder mit dem Roggen der Gerste und anderen Früchten. Es waren die Wiesen die Weiden und das Waldland. Sie kamen auf eine Höhe, von der man weit herum sehen konnte. Lubomir hielt an, und sagte zu Witiko: »Siehst du, dorthin, wo die Eichen stehen, ist der Hof Chlum, auf welchem mein Sohn Moyslaw mit den Seinigen ist, und weiter hin rechts in größerer Entfernung würden wir den Hof Dauby erreichen, in dem mein Sohn Pustimir mit seinen Angehörigen ist, dort hinter dem Waldberge ist Trebin, wo mein dritter Sohn Radosta mit seinem Weibe und seinen Kindern lebt. Weiter in dem Lande sind meine Töchter Maria und Euphemia bei ihren Gatten und Kindern, und gegen Mähren hin ist die jüngste, die wie ihre Mutter Boleslawa heißt, bei den Ihrigen.«
Sie ritten gegen den Abend in einem großen Umkreise in die Zupanei zurück.
Am nächsten Tage sah Witiko den Markt von Daudleb, wo die Dinge waren, welche die Leute von dem umliegenden Lande zum Verkaufe herein brachten, und hinwieder die Dinge, die sie kauften, um sie nach Hause mitzunehmen. Am Nachmittage tummelten die Sippen Lubomirs ihre Pferde auf dem Weidegrunde, und zeigten ihr Geschick in Bewegungen und im Gebrauche der Waffen.
Witiko blieb fünf Tage bei Lubomir. Am sechsten des Morgens nahm er Abschied. Lubomir gab ihm zum Geschenke eine schöne Armbrust. Er hing sie an seinen Sattel. Mehrere der Sippen Lubomirs gaben ihm eine Stunde das Geleite gegen den Wald hin, woher Witiko gekommen war. Dann verabschiedeten sie sich, und ritten zurück.
Witiko kam gegen den Mittag in die krumme Au. Dort blieb er zwei Stunden. Dann ritt er eine Stunde an der Moldau dem Wasser entgegen mittagwärts. Hierauf bog sein Weg gegen Abend, und er ritt eine lange Anhöhe empor. Als er oben war, sah er auf der Fläche einen großen Hof vor sich, der von einer starken Mauer im Gevierte umgeben war. Um den Hof standen noch Hütten und Häuser. In der Mauer des Hofes war ein Tor, das offen stand. Witiko ritt durch das Tor ein. Da trat ihm ein Mann entgegen, der in hohen faltigen Lederstiefeln ging, Beinbekleidungen von grobem grauen Wollstoffe und von demselben Stoffe einen Rock mit Haften hatte. Auf dem Kopfe trug er eine schwarze Filzhaube mit einer roten geraden Hahnenfeder. Er sagte zu dem Reiter: »Du bist Witiko, der auf dem Wyšehrad gesprochen hat, was begehrst du?«
»Wenn du Diet von Wettern bist, der im Hornung auf dem Wyšehrad gestimmt hat«, entgegnete Witiko, »und wenn dieses Haus dein Hof Wettern ist, so begehre ich, der ich Witiko bin, eine Nacht Beherbergung und einen Tag Gastfreundschaft.«
»Ich bin Diet von Wettern, der gestimmt hat«, sagte der Mann, »dies ist mein Hof Wettern, und ich gewähre dir, was du begehrest.«
Dann trat er hinzu, und hielt Witikos Pferd beim Zügel, zum Zeichen, daß er absteigen möge.
Witiko stieg ab, und der Mann führte das Pferd, neben dem Witiko einher ging, am Zügel in den Stall, und versorgte es dort mit Witikos Beihilfe. Dann geleitete er Witiko in eine große Stube, deren Wände mit weißem Kalke getüncht waren, und in der ein großer Tisch und Bänke und Stühle von Buchenholz standen. In der Stube tat er einen Zug an einer großen Glocke, die da hing, daß sie ein Mal schellte. Als ein Knecht eintrat, sagte er zu ihm. »Es ist ein Gast da.«
Der Knecht entfernte sich, und kam bald wieder, und stellte Roggenbrot Salz und Bier auf den Tisch.
»Du bist willkommen bei mir, Witiko«, sagte Diet.
Witiko schnitt auf diese Worte ein Stückchen Brot ab, salzte es, und aß es. Darauf nahm er einen Trunk Bier.
Diet tat nun zwei Züge an der Glocke, daß sie zweimal schellte.
Eine kurze Zeit darauf trat eine junge Frau herein. Sie hatte die schwarzen Haare in ein Band geschlungen, um die Brust trug sie ein blaues Mieder, davon ging ein faltenreicher schwarzer Rock und eine weiße Schürze nieder. Die Füße waren mit rotgegerbten Stiefeln bekleidet.
»Elisabeth«, sagte Diet zu der Frau, »dieser Mann ist Witiko, der um des Herzogs Sobeslaw willen auf den Reichstag in den Wyšehrad gekommen ist, er wird unser Gast sein, so lange er will, begrüße ihn, und rüste die Eichenstube und die Bewirtung. Diese Frau ist mein Eheweib, Witiko.«
»Sei mir gegrüßt«, sagte Elisabeth zu Witiko, »mein Ehemann hat mir erzählt, daß du aus dem Teile des Landes stammst, den wir bewohnen. Nimm das mit Freundlichkeit auf, was wir dir in unserm Hause bieten können.«
»Ich nehme es mit großem Danke an«, sagte Witiko, »und biete euch Gastfreundschaft in meinem Hause in Plan oder in Pric an.«
»Es kann sein, daß ich sie annehme, wenn ich einmal zu dir komme«, sagte Diet, »wenn du auch dem verstorbenen Herzoge Sobeslaw anhängst, und gerne dessen Sohn Wladislaw zum Herzoge gehabt hättest.«
Die Frau verließ nach diesen Worten die Stube.
Witiko aber sagte zu Diet: »Ich bin zu Sobeslaw gegangen, und habe ihm gedient, weil er der rechtmäßige und der rechte Herzog gewesen ist, und ich hätte ihm weiter gedient, wenn er mit Gottes Gnade am Leben geblieben wäre. Über die Nachfolge bin ich nicht Wähler und nicht Richter; aber meine Gedanken sagen mir, daß es wohl wahr sein wird, was der alte Leche Bolemil gesprochen hat. Weil der Herzog Sobeslaw und die Männer des Landes zugleich mit einander in Sadska den Sohn des Herzoges Sobeslaw Wladislaw zum Nachfolger bestimmt hatten, so war er der rechtmäßige Nachfolger. Der andere Wladislaw ist nur durch eure Wahl allein ohne Mitwirkung des Herzogs nicht der rechtmäßige geworden. Weil aber später der Herzog Sobeslaw vor den herzugerufenen Zeugen zu seinem Sohne gesagt hat: Unterwirf dich ihm, wie ich es selber an seinem Bette von seinen Lippen gehört habe, so ist der andere Wladislaw der rechtmäßige Herzog geworden. Ob er der rechte ist, wird sich erst zeigen.«
»Es hat sich gezeigt«, rief Diet, »es hat ihm keiner zu widersprechen gewagt. Die an Sobeslaw und seinem Sohne hingen, sind still auseinander gegangen. Die großen Lechen stehen bei dem Herzoge, viele kleine sind in seinem Gefolge, er hat die Macht, und wird unsere Rechte schützen.«
»Ich kenne diese Dinge nicht genau«, sagte Witiko.
»Es ist alles gut«, sagte Diet, »es darf sich keiner rühren, damit wir zu schalten vermögen, und uns in dem Besitze befestigen können, der von unsern Vätern auf uns gekommen ist. Doch wozu reden wir von diesen Dingen, an denen sich nichts mehr ändert. Da du mein Gast bist, so komme, und sieh den Hof an, in dem du dich befindest, und alle seine Dinge.«
Die zwei Männer verließen die Stube, und Diet führte Witiko zur Beschauung seines Besitzes. Sie gingen zuerst in die Ställe. Da standen Pferde, wie man sie zu Reisen zur Jagd und selbst zum Kriege gebrauchen konnte. Es waren schöne da, minder schöne, und solche, deren Vorzüglichkeit nur in ihrer Ausdauer bestehen mochte. Pferde zum Landbaue schienen nicht vorhanden. Dann kam eine Reihe von Ochsen für die Arbeiten des Hofes, mittelgroße Tiere zu Bergfeldern brauchbar. In engeren Ständen waren die Kühe der Stier und die Kälber. Dann waren unter flachen Gewölben die Ställe für die Schweine. Die Schafe standen in großen luftigen Räumen mit lichten Fenstern, und in einem eigenen Gehege dieser Räume waren die Ziegen. Die Hühner und Tauben hatten einen Hof mit einem Auffluge. Für die Gänse und Enten war ein Anger mit einem Teiche. Diet führte Witiko in die Scheuern, in welchen das Heu und das Getreide im Stroh aufbewahrt wurde, dann in den Speicher, in welchem die Ackerfrucht in Haufen aufgeschüttet war. Dann gingen sie durch die Lauben, in welchen sich die Wägen die Pflüge die Eggen und die Ackergeräte befanden, durch die Werkzeugkammer, durch die Arbeitsruhe und durch die Kammern der Knechte und Mägde.
»Einen großen Teil dieses