Um die neunte Stunde erhob sich der Mann, sagte eine ruhige Nacht, und entfernte sich. Lucia trug ihr Spinnrad aus der Stube, Martin mit dem Hunde und Raimund suchten ihre Schlafstellen, und Witiko legte sich auf sein Tannengestelle, indem er die Tür von der Kammer in die Stube offen, und die Föhrenklötze auf der Leuchte verglimmen ließ.
Am nächsten Morgen besah Witiko, so wie er am Tage vorher Berg und Tal und Wald überschaut hatte, das Haus, in dem er war, und seine Wirtschaft. Er besah die zwei Gespanne Ochsen, die Kühe, die einigen Schafe, die Schweine und das Federvieh, er besah die Scheuer die Holzlaube die Wagenlaube die Vorratskammer und den Keller. Dann ging er in drei der nächsten Nachbarhäuser, und besuchte deren Bewohner. Nach dem Essen ritt er auf seinem Pferde wieder in den Wald. Am Nachmittage ließ er einen Mann kommen, welcher Kleider verfertigte, und bestellte sich ein Gewand aus dem groben weißgrauen Wollstoffe, welcher in dem Walde gemacht und getragen wurde. Durch Martin ließ er sich eine graue Filzhaube kaufen.
Am Abende dieses Tages kamen vier Männer in Lammspelzen zu Witiko in die erleuchtete Stube. Es war Tom Johannes der Fiedler, es war Stephan der Wagenbauer, es war Christ Severin der Wollweber, und es war David der Zimmerer. Martin setzte ihnen wieder Brot und Salz vor, und sie taten, wie gestern Tom Johannes. Lucia saß an der Leuchte, und spann, Raimund schnitt aus Buchenklötzen lange Späne, Martin flocht an einem breiten Tragbande, und Witiko auch an einem. Man sprach wie gestern von verschiedenen Dingen, und um die neunte Stunde entfernten sich die Männer, und gingen nach Hause.
Am dritten Tage war es ungefähr wie an den vorhergegangenen zwei Tagen.
Am vierten Tage kam gegen den Mittag ein Mann auf einem Saumtiere gegen das steinerne Haus. Er war in ein sehr weites dunkelbraunes Wollgewand gekleidet, das ein Ledergürtel zusammenhielt. Auf dem Haupte hatte er eine Haube von schwarzen Lammfellen, die über die Ohren und den Nacken ging. Er saß zwischen zwei Päcken von rauher Dachshaut auf seinem Saumpferde. Als er in den Hof des Hauses gekommen war, gingen Witiko und Martin hinaus. Der Mann stieg von seinem Tiere, und sagte: »Boreš läßt Euch sehr schön grüßen, Witiko, es wird nichts fehlen.«
»Das ist gut«, sagte Witiko, »wann bist du in Hostas Burg weggeritten?«
»Vor neun Tagen«, antwortete der Mann, »der Schnee hindert das Weiterkommen sehr.«
»Du bist gut genug weiter gekommen«, sagte Witiko, »Raimund wird die Päcke abschnallen helfen, du bringe dann dein Pferd in den Stall, und gehe darauf in die Stube, daß man dir eine Erquickung gebe.«
Martin rief nach Raimund, und da er gekommen war, lösten sie die Päcke von dem Saumtiere, und Raimund trug sie in Witikos Kammer. Witiko folgte ihm. Der Mann brachte das Pferd in den Stall, und ging dann in die Stube. Dort legte er sein baumwollenes Oberkleid und seine Lammshaube ab, und setzte sich an den Tisch. Man gab ihm Bier und Brot.
Witiko ging in die Kammer, kam bald darauf wieder heraus, und trug ein Päckchen in der Hand, das in Fuchsfell genäht war.
»Da ist etwas an einem meiner zwei Päcke angebunden gewesen, das ich nicht kenne«, sagte er.
»Es wird schon recht sein«, entgegnete der Mann, »Boreš hat es mir gegeben, und hat gesagt, ich soll sehr acht darauf haben, deshalb habe ich es an einen Pack gebunden.«
Witiko trennte die Naht, und es kam ein sehr schlechter Gürtel aus dem Fuchsfelle. Der Gürtel hatte eiserne Buckeln, und war mit Leder gefüttert. Als Witiko noch einmal in dem Fuchsfelle nachsah, fand er ein Papier, auf dem von Boreš' Hand geschrieben stand: ›Die hocherlauchte Herzogin Adelheid hat manchem Manne des verblichenen Herzoges ein Ding des Herzoges gegeben, und dir Witiko gibt sie den Gürtel, den der Herzog auf dem Sachsenzuge getragen hat, sie gibt ihn dir, weil der Herzog gesagt hat, du seiest auf jenem Zuge klug gewesen, und sie gibt ihn dir, weil der Herzog ebenfalls gesagt hat, daß du in eine große Gefahr für ihn nach Prag gegangen bist.«
Witiko hielt den Gürtel eine Zeit in der Hand, und betrachtete ihn. Dann ging er in seine Kammer, und legte ihn in das Fuchsfell gewickelt in die Truhe.
Hierauf öffnete er die rauhen Päcke, und nahm die Dinge, die in ihnen waren, heraus. Es war die Kleidung und Ausrüstung eines Reitersmannes. Er legte alles in die Truhe zu dem Gürtel. Darauf ging er in die Stube hinaus, und sagte: »Es ist alles richtig. Verweile, so lange du willst, bei uns. Ich werde dir dann deinen Lohn geben, und du kannst wieder deiner Wege ziehen.«
»Mit Eurem Wohlnehmen werde ich einen Tag rasten, und dann auf den Rückweg gehen«, sagte der Mann.
»Tue nach deinem Gefallen«, entgegnete Witiko, »wo ist denn die erlauchte Herzogin?«
»Ei in Hostas Burg«, antwortete der Mann.
»Ist sie noch in der Burg, in welcher ihr erlauchter Herzog gestorben ist«, sagte Witiko.
»Sie schläft in dem Gemache, in welchem der Herzog gestorben ist«, sagte der Mann.
»Und wer ist bei ihr?« fragte Witiko.
»Ihre kleinen Kinder«, sagte der Bote.
»Und wo ist Wladislaw?« fragte Witiko.
»Er ist nach Mähren entflohen, weil er den neuen Herzog fürchtet«, antwortete der Bote.
»Hat sie ihren Schmerz gemildert?« fragte Witiko.
»Ja«, erwiderte der Bote, »sie sagt gar kein Wort.«
»Wird sie lange in Hostas Burg bleiben?« fragte Witiko.
»Ich weiß es nicht«, antwortete der Mann.
»Es ist gut«, sagte Witiko, und schwieg.
»Ich habe auch einen Brief von Boreš«, sagte der Mann.
»Nun, so gib ihn«, sagte Witiko.
Der Mann nestelte sein Wams auf, zog ein graues Papier daraus hervor, wickelte es auf, und tat ein Päckchen Papier heraus, das mit rotseidenen Bändern umwickelt, und mit Wachs versiegelt war. Witiko öffnete das Papier, las die Zeilen, die es enthielt, und sagte: »Ich werde dir eine Antwort mitgeben.«
Dann ging er in seine Kammer.
Der Bote blieb an diesem Tage und an dem folgenden in dem steinernen Hause. Er legte sich in die Heustelle in dem Stalle, wo sein Pferd stand, schlafen. Am dritten Tage morgens richtete er sich zur Rückkehr. Er erhielt von Witiko seinen Lohn und den Brief an Boreš. Dann ritt er in seinem braunen Oberkleide und in seiner schwarzen Lammshaube auf dem schmalen Schneepfade zu den Häusern hinein, zwischen den Häusern empor, am Kreuzberge vorüber, und den Waldhang hinan, über den Witiko vor sechs Tagen herab gekommen war.
Da der Bote das steinerne Haus verlassen hatte, war es wieder wie vorher. Witiko legte das weißgraue Wollstoffgewand, welches fertig geworden war, an, und setzte die graue Filzhaube auf sein Haupt. Das Gewand bestand in einem Rocke, der mit Haften zusammen gehalten wurde, und in Beinbekleidungen, über welche die Stiefel empor gingen. So blieb er nun immer. Er teilte sich mit Martin in die Leitung des Hauswesens, beriet sich mit Martin, ordnete manches an, und tat manche Arbeit. Täglich ritt er auf seinem Pferde in der Zeit von fast zwei Stunden in den Wald. Außerdem ging er auch auf Bergen und in Tälern herum, und durchforschte sie. Er ging öfter auf den Kreuzberg, und blickte herum. Die Pflege seines Pferdes besorgte er mit der Hilfe Martins selbst.
Am Abende, wenn das Licht auf der Leuchte brannte, kamen immer wieder Männer. Es kam jetzt auch zuweilen Peter Laurenz der Schmied, es kam Paul Joachim der Maurer, Adam der Linnenweber, dann Zacharias der Schenke, Mathias, Norbert, Jakob und andere. Wenn Rockenfahrt in Witikos Stube war, und zu derselben Mädchen und auch Frauen mit ihren Spinnrädern kamen, um in der Stube zu spinnen, fanden sich auch junge Männer und Jünglinge ein, wie Philipp der Steiger, Maz Albrecht, der rosenwangige Urban, der der Vetter des Schmiedes Laurenz war, Veit Gregor, Lambert der Zimbelschläger, Wolfgang, Andreas, Augustin der Pfeifer, und mehrere. Dann sangen zuweilen die Mädchen, zuweilen sangen die jungen Männer, oder beide