Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth. Ödön von Horváth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ödön von Horváth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027226405
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      SALM

      Wir sehen nur so aus.

      DAS FRÄULEIN

      Ich liebe die Uniform. Ich bin eine Deutsche aus Metz. Wir hatten viel mit den Herren Soldaten zu tun. Wenns wieder Krieg gäb, das wär fein!

      HORST

      Sie werdens noch erleben, Mädchen.

      DAS FRÄULEIN

      Ich wär auch glücklich mit einem Manöver. Die Herren sind doch Soldaten?

      RÜBEZAHL

      Wir sind keine Soldaten, dumme Kuh!

      DAS FRÄULEIN

      Pardon! Seien Sie nur nicht wild, Sie Großer! Die Herren haben doch Uniform.

      KNORKE

      Wir haben uns nur noch nicht umgezogen seit dem Krieg.

      DAS FRÄULEIN

      lacht: Oh pfui, wie pikant!

      HALEF

      Sehr geehrtes Mädchen. Ich bin zwar kein Soldat, aber ich interessiere mich für Manöver. Überhaupt für Übungen – Er schäkert mit ihr.

      KNORKE

      zu Salm: Sie heißt Schramm. Mit dem seltenen Vornamen Anna. Sie wohnt in der Prinzenstraße unter sechs und hat sich an den Sladek gehängt. Sie ist im gefährlichen Alter und könnte für ihren Bubi auch sterben.

      SALM

      Ein schöner Abend heute abend.

      KNORKE

      Sie weiß alles, vielleicht auch das, was ihr bevorsteht. Sie wird trotzdem jede versteckte Patrone der Republik abliefern und alles den Polen verraten. Sie ist toll.

      SALM

      Ein schöner Abend heute abend.

      KNORKE

      Ich verstehe, Leutnantleben. Liebling, wir verstehen uns wie ein Liebespaar. Es ist ein schöner Abend heute abend, und es wird für manches Kind keinen schöneren mehr geben.

      SALM

      Was, wenn Sladek nicht kommt?

      KNORKE

      Er kommt. Er haßt sie nämlich.

      SALM

      Warum?

      KNORKE

      Warum haßt man einen Menschen? Entweder weil er einem nichts gibt oder zuviel gegeben hat. Sie wird ihn ausgehalten haben. Sie muß mal sehr geil gewesen sein.

      HORST

      Das Schandweib gehört totgeprügelt.

      SALM

      Könntest du sie totprügeln?

      HORST

      Im Interesse des Vaterlandes, jederzeit. Wir hatten zu Hause einen reinrassigen Dobermann. Dem habe ich einmal die Beine zusammengebunden und losgeprügelt bis ich nicht mehr konnte. Das Vieh gab keinen Ton von sich. Es gibt so stolze Köter. Es hat mich nur angeschaut.

      SALM

      Du bist so herrlich hemmungslos, so göttlich selbstverständlich. Das soll Wodka sein! Ich habe meine Jugend vergeudet.

      HORST

      Bitte, nur nicht sentimental!

      SALM

      Nein, ich bin nur traurig. Wenn man so zurückdenkt: Damals, du wirst erst sechs Jahr gewesen sein, damals war ich Hauslehrer in Siebenbürgen. Was ich dort bei den Rumäninnen Kraft ließ – ja, das Weib haßt den Mann, auch in der Tierwelt gibt es dafür Beispiele. Ich hab erst in der Gefangenschaft mein besseres Ich entdeckt, ich danke es dem Krieg, er wies mich den rechten Weg. Horst. Du folgtest meinem Rufe.

      HORST

      Halt! Ich habe um meiner Ideale willen und nicht aus persönlichen Gefühlchen Papa und Mama verlassen. Ich wär auch ohne dich durchgebrannt – jetzt hätte ich bald das Abitur! Wozu? Die Tat gilt mehr als das Wissen, die Waffe mehr als das Wort.

      SALM

      Sei nicht grausam.

      HORST

      Quält dich die Wahrheit? Stehst du über dem Vaterland? Daß du immer Illusionen brauchst!

      SALM

      Wie der kleine Kerl quälen kann –

      RÜBEZAHL

      Salm! Du hast ein Profil wie Bruno Kastner, aber ich hab kein Geld. Hast du Geld? Gib mir Geld.

      SALM

      Besauf dich nicht!

      RÜBEZAHL

      Poussier deinen Knaben und leck mich am Arsch! Hab keine Angst, ich halt das Maul auch im Delirium. Aber ich wiederhole: Es wäre besser gewesen, wenn wir das Schwein nicht zuerst in den Wald, sondern gleich draußen im Fort – Jetzt haben wir die Sauce im Auto, rot gebatikt.

      SALM

      Kusch!

      RÜBEZAHL

      Wir sind unter uns, Tante Frieda. Die einzigen Gäste. Hast du Geld? Ist das ein Dorf!

      DAS FRÄULEIN

      Die Herren sind mit dem Auto gekommen?

      HALEF

      Wir sind Geschäftsreisende. Wir vertreten eine große Lebensversicherung. Unser Chef ist ein jüdischer Kommerzienrat und jener neunzehnjährige Jüngling ist sein Sohn.

      HORST

      Ich bin erst siebzehn.

      HALEF

      Und was du schon für Hüften hast!

      SALM

      Halef, es gibt Dinge, die jenseits des Witzes liegen.

      HALEF

      Zu Befehl, Majestät! Ich fürchte nur, daß er die moderne Linie verliert.

      DAS FRÄULEIN

      Daß sich die moderne Linie derart durchsetzt, ist nur eine Folge der Unterernährung. Der Kriegskost.

      RÜBEZAHL

      Jaja, man sieht kaum mehr Busen.

      DAS FRÄULEIN

      Sind Sie blind?

      HALEF

      Ja, er ist blind. Ich hingegen sehe ungewöhnlich scharf.

      KNORKE

      Ich auch.

      HALEF

      umarmt sie: Ha du, als wär kein Krieg gewesen! Ich liebe den Frieden. Du kannst mal mit mir fahren, im Auto.

      DAS FRÄULEIN

      Nein, das ist mir zu gefährlich.

      RÜBEZAHL

      scharf: Wie meinen Sie das?

      DAS FRÄULEIN

      droht mit dem Finger: Nanana, Sie ganz Böser! Sie können mich nicht hypnotisieren. Ich fahre aus Prinzip mit keinem Herrn mehr durch die Nacht. Da war einmal ein Chauffeur, ein geborener Österreicher, der lud mich ein zur Mondscheinpartie und auf der Landstraße wollte er mich vergewaltigen. Ich habe gesagt: Mein Herr, das kann man nicht so ohne weiteres. Er hat gesagt: Ist das aber eine Hure! Und dann hat er mich auch noch beschimpft. Sladek kommt. Guten Abend der Herr!

      SLADEK

      bleibt stehen: Guten Abend.

      KNORKE

      Sladek!