Butler Parker 112 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740919283
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weiter in ihren Körpern aus. Sie krochen schließlich auf allen vieren zurück nach oben und legten am Rand der Klippen erst mal eine kleine Ruhepause ein. Das Gift ihn ihrem Blut tat voll seine Wirkung und schüttelte sie durcheinander. Sie übergaben sich, fühlten sich hundeelend und schleppten sich nach einer Viertelstunde weiter zu ihrem Jeep, den sie in einer Bodenwelle versteckt hatten.

      In wilden Schlangenlinien kurvte dieser Jeep dann zurück zur Küstenstraße und verschwand in der Dunkelheit. Dort aber, wo er eben noch gewesen war, erhob sich jetzt ein gewisser Butler Parker, der mit dem Erfolg seiner Bemühungen durchaus zufrieden war.

      Natürlich war er nicht zusammen mit Lady Simpson weggefahren. Die ältere Dame hatte den Wagen übernommen und war davongerumpelt. Josuah Parker war am Tatort zurückgeblieben, denn er hatte damit gerechnet, daß die beiden Maskierten sich um den Toten kümmerten.

      Parkers Spezialwaffen hatten sich wieder mal voll bewährt.

      Mit der Zwille oder Gabelschleuder hatte er seine berüchtigten Tonmurmeln verschossen. Und mit seinem Universal-Regenschirm waren die »Giftpfeile« durch die Dunkelheit gelenkt worden, angetrieben von komprimiertem Kohlensäuregas. Lautlosere Waffen konnte man sich nicht vorstellen.

      Das Gift, mit dem die Spitzen der beiden Pfeile bestrichen waren, hinterließ natürlich keine gesundheitlichen Schäden. Es rief nur eine nachhaltige Übelkeit hervor. Parker hatte sich da von einem anerkannten Fachmann und Chemiker beraten lassen.

      Er kannte jetzt das Kennzeichen des Jeeps und hatte sich die Gesichter der beiden Männer eingeprägt. Er war sicher, daß die beiden Männer ihm bald über den Weg laufen würden. Ja, er wußte möglicherweise schon, wo er sie fand. Der Jeep war nämlich kein Privatwagen, sondern gehörte zum Wagenpark eines großen Schwerlast-Fuhrunternehmens, wie die Aufschrift am Heck besagte.

      Butler Parker schritt gemessen hinüber zur Küstenstraße und wartete geduldig auf die Rückkehr der Lady Simpson. Es war ausgemacht, daß sie ihn hier aufpickte, und falls nichts dazwischen gekommen war, mußte sie bald erscheinen.

      Der Butler spielte gerade mit dem Gedanken, sich eine seiner Zigarren anzuzünden, als er plötzlich einen grellen Lichtschein sah, der die nächtliche Dunkelheit aufriß. Während eine Feuersäule zum Himmel stieg, war das dumpfe Grollen einer Detonation zu hören.

      Natürlich dachte Parker sofort an Lady Simpson.

      Hoffentlich führte sie nicht wieder einen Privatkrieg auf eigene Faust. Sie liebte solche Extravaganzen und ließ sich leicht provozieren. Parker hatte nach Myladys Temperamentsausbrüchen immer alle Hände voll zu tun, um die streitbare Dame wieder zu beruhigen.

      Hier schien es sich allerdings nicht nur um einen mittelschweren Temperamentsausbruch zu handeln, denn der Feuerschein am nächtlichen Himmel weitete sich aus und eine zweite Detonation war zu hören.

      Parker war in echter Sorge.

      Auf was mochte Lady Simpson sich wieder mal eingelassen haben? Er setzte sich umgehend in Bewegung und legte ein forsches Tempo vor, das mit seiner sonstigen Gemessenheit aber auch gar nichts mehr zu tun hatte.

      Er sah wenig später Autoscheinwerfer, die sich ihm näherten. Genau in diesem Moment atmete der Butler befreit auf. Aus dem Tempo des Wagens und dem ruckartigen Kurven auf der Straße ließ sich mit letzter Sicherheit schließen, daß Agatha Simpson diesen Wagen steuerte. Ihr Kamikaze-Stil war unverkennbar.

      Parker hatte also keine Bedenken, sich dem Scheinwerferlicht zu präsentieren. Mit seinem altväterlich gebundenen Regenschirm winkte er dem Wagen entgegen.

      Ja, sie war es!

      Das Bremsmanöver war schon fast gewalttätig.

      Parkers hochbeiniges Monstrum schleuderte fast quer über die Straße und hielt dann endlich vor dem gegenüberliegenden Graben.

      »Hatten Mylady eine gute Fahrt, wenn ich mir die Freiheit nehmen darf, mich danach zu erkundigen?« Parker lüftete zu seinen Worten höflich die schwarze Melone.

      »Ihr Wagen ist auch nicht mehr das, was er mal war«, erwiderte die resolute Dame am Steuer ungnädig.

      »Kam es zu einem Unfall?« sorgte sich der Butler. Er ging davon aus, daß Lady Simpsons Bemerkung sich auf den momentanen Zustand des Wagens bezog.

      »Lahm ist Ihr sogenannter Wunderwagen«, kritisierte die Detektivin. »Im zweiten Gang habe ich ihn nicht über hundertfünfzig bekommen.«

      Parker schloß für Sekunden die Augen und dachte an die Ventile. Dann aber hatte er sich schon wieder unter Kontrolle.

      »Vielleicht eine augenblickliche Unpäßlichkeit, Mylady«, entschuldigte er sein Auto. »Haben Sie möglicherweise die Feuersäule und die Detonation wahrgenommen?«

      »Halten Sie mich für blind oder taub?« grollte sie prompt. »Natürlich hab’ ich das mitbekommen. Der Jeep ist in die Luft geflogen, und wenn mich nicht alles täuscht, auch die beiden Insassen!«

      *

      Jane Wells war früh auf den Beinen.

      Sie saß in dem kleinen Frühstücksraum des Hotels und ließ sich von Norman Carty bedienen. Der rundliche Mann mit den schlauen Augen wußte inzwischen mehr über seinen Gast. Er hatte gewisse Verbindungen in London spielen lassen. Noch ließ Carty sich nichts anmerken. Er wirkte aber wie ein verfetteter Kater, der eine attraktive Maus belauert und mit ihr spielt.

      Jane Wells sah in der Tat sehr gut aus an diesem Morgen. Zu den eng anliegenden Jeans trug sie eine frische Bluse. Das tizianrote Haar hatte sie sich mit einer grünen Schleife zusammengebunden. Sie war eine echte Augenweide.

      »Wie sieht’s mit der kommenden Nacht aus?« erkundigte sie sich bei Norman Carty. »Kann ich das Zimmer noch mal benutzen?«

      »Das stellt sich erst gegen Mittag heraus«, schwindelte der Hotelbesitzer, »aber bis dahin können Sie Ihr Gepäck dort lassen.«

      »Was gibt es denn hier so für Abwechslungen?« wollte Jane Wells als nächstes wissen.

      »Wonach suchen Sie denn?« Er sah sie schnell und abschätzend an und überlegte, ob er bereits zur Sache kommen durfte.

      »Nach einem interessanten Job«, bekannte sie überraschend offen.

      »Sie arbeiten doch für eine Zeitung«, meinte Carty.

      »Seh’ ich so aus?« Sie sah ihn ein wenig kokett an.

      »Keine Ahnung, ob Journalistinnen anders aussehen müssen«, sagte Carty.

      »Ich bin keine Journalistin«, wiederholte sie noch mal. »Ich habe Ihnen was vorgeschwindelt.«

      »Ich weiß.« Er hatte sich entschlossen, seinerseits eine Karte auf den Tisch zu legen.

      »Sie wissen?« Jane Wells wunderte sich.

      »Ich hab’ in London ’nen Freund und den hab’ ich angerufen«, erklärte Carty ausweichend.

      »Ziehen Sie immer Erkundigungen über Ihre Gäste ein?«

      »Nur in ganz besonderen Fällen.«

      »Und solch einer bin ich?«

      »Sie sehen verdammt gut aus, Miß Wells. Was meinen Sie dazu, wenn wir uns in meinem Büro unterhalten?«

      Jane Wells sah den Hotelbesitzer kurz und prüfend an. Dann nickte sie und stand auf. Wenige Minuten später saßen sie sich in Cartys Büro gegenüber. Sie sah ihn abwartend an.

      »Was Sie bisher getan haben, interessiert mich kaum«, schickte er voraus.

      »Ich war Bardame in einem Privatclub«, antwortete sie sofort. »Offenheit gegen Offenheit! Der Laden heißt Club 88 und gehört einem Micha Lonski. Die Telefonnummer finden Sie im Verzeichnis.«

      »Sie haben gekündigt?«

      »Er war schneller und feuerte mich.«

      »Darf man den Grund erfahren?« Norman Carty wußte längst, daß er sich nicht getäuscht hatte.