Kapullukussu ging hin und machte einen Dobbo (Angelhaken). Der Dobbo war so stark, wie eine große Zehe. An dem Dobbo befestigte er junges, schönes Gras, wie es Nguffu gern ißt. Den Dobbo mit dem jungen Gras warf Kapullukussu ins Wasser; dahin, wo Nguffu jeden Abend essen kam. Der Dobbo war an einem Tau befestigt. Das Ende des Taues hielten die Leute im Dorf. Der Mond ging auf. Die Leute im Dorfe fühlten, wie es stark am Tau zog. Kapullukussu rief: "Zieht! zieht!" Sie zogen und zogen Nguffu heraus. Sie banden Nguffu die Beine zusammen. Kapullukussu ging hin und machte einen Dobbo so stark wie einen Arm. An dem Dobbo befestigte er Zweige mit jungen Blättern, wie sie Kaphumbu gern ißt. Den Dobbo mit den jungen Zweigen warf Kapullukussu in die Krone der Bäume. Der Dobbo war an einem Tau befestigt. Das Ende des Taues hielten die Leute im Dorf. Der Mond ging auf. Die Leute im Dorf fühlten, wie es stark am Tau zog. Kapullukussu rief: "Zieht, zieht." Alle Leute zogen und zogen Kaphumbu aus dem Wald. Sie banden Kaphumbu die Beine zusammen.
Kadifukke ging nun hinauf in Fidi Mukullus Dorf. Er sagte: "Ich habe Diba, die dir immer Streit macht, sie ist an ein Seil gebunden. Wenn deine Leute aber die Sonne heraufholen, so sollen sie fest zupacken, denn die Diba ist stark und viel Feuer geht von ihr aus." Fidi Mukullu sagte: "Habe ich nicht genug Leute? Alle meine Leute werden die Sonne halten." Die Leute Fidi Mukullus kamen alle heran Sie hielten den Eisenstrick. Sie führten die Sonne herauf. Diba warf viel Feuer nach rechts und links. Sie warf nach allen Seiten Feuer. Diba konnte nicht fort. Fidi Mukullu sagte: "Bindet Diba hier an. Diba soll am Himmel bleiben. Diba soll hier gehen nach meinem Willen. Diba soll mit ihrem Feuer nichts verbrennen." Fidi Mukullu rief Kadifukke: "Hast du Gondo, Tschidiminasaschi, Niama, Muntu, Mboa?" Kadifukke sagte: "Ich habe sie. Gondo ist stark." Fidi Mukullu sagte zu seinen Leuten: "Bringt Gondo herauf. Alle Leute sollen Gondo heraufbringen. Bindet Gondo hier an, und er soll nicht häufiger umgehen, als ich es will. Es soll ein großer Zeitraum sein, wenn Gondo umgeht. Tschidiminasaschi, Niama, Muntu und Mboa sollen am Himmel angebunden werden. Wenn der Regen kommt, sollen sie hier gehen, und wenn der trockene Wind kommt, dort."
Fidi Mukullu gab Kadifukke Tschauke zur Frau. Kadifukke und Tschauke kehrten zur Erde zurück.
(Der Erzähler ist am Ende sichtlich ermüdet. Kadifukke heißt nach seiner Erklärung: "Der sich selbst macht.")
Das Reich Gana
Die Wiederentdeckung Wagadus
Das Land Wagadu war erst einmal für sieben Jahre verloren gegangen. Man wußte nicht mehr, wo es war. Danach fand man es wieder. Es trat dann aber nochmals ein Zeitraum von 740 Jahren ein, in dem es nicht mehr gefunden wurde, es war für diese Zeit verloren. Da war ein alter Mann und König, der hieß: Mama Dinga. Mama Dinga sagte: "Man schlage die große Kriegspauke Tabele, dann wird man Wagadu wiederfinden." Die Tabele war aber von den Dschinn, den Teufeln, gestohlen und am Himmel festgebunden worden.
Mama Dinga hatte einen alten Dimadio (Kaste der Hörigen), mit dem war er gemeinsam erzogen worden. Mama Dinga hatte sieben Söhne. Die sechs ältesten Söhne behandelten den Dimadio schlecht, und der Vater war vor Alter blind, so daß er es nicht sah. Wenn der Älteste von dem Dimadio zum gemeinsamen Mahl gerufen wurde, gab er ihm beim Eintreten einen Stoß, und so machten es die nächsten fünf auch. Nur der Jüngste bot dem Alten "Guten Tag!" – Wenn sie wieder hinausgingen, hatte der Älteste den Mund voll Wasser genommen, das spie er im Vorübergehen auf den alten Dimadio. Der zweite hatte die Hände zum Waschen angefeuchtet und spritzte die Tropfen auf den Alten aus, und nur der Jüngste reichte ihm eine gute Handvoll Essen hin. Mama Dinga sah das nicht.
Mama Dinga war blind. Er erkannte den Ältesten nur an seinem Arm, der behaart und mit einem Ring geschmückt war. Er strich tastend über den Arm hin und führte sein Gewand zum Prüfen an die Nase. So erkannte er den Ältesten. Als er eines Nachts zu Bett ging, fühlte er, daß er bald sterben werde. Er rief den Dimadio, seinen alten, treuen Diener, herbei und sagte: "Rufe meinen ältesten Sohn; denn ich fühle, daß ich bald sterben werde, und ich will ihm alles sagen, was er wissen muß. Sag ihm, daß er nach Mitternacht komme." Der alte Dimadio ging hin und suchte den Ältesten auf. Als er bei ihm eintrat, gab er ihm einen Fußtritt. So erging es ihm immer bei den ältesten sechs Söhnen. Nur der Jüngste hatte ihm stets Essen gegeben.
Darum ging der Alte darauf zu Lagarre, dem Jüngsten, und sagte: "Komm du mit mir. Dein Vater sandte mich aus, denn er fühlt, daß er bald sterben wird. Könntest du dir nicht das Armband und das Kleid deines ältesten Bruders ausleihen?" Lagarre sagte: "O ja, das ließe sich schon machen." Der Alte fuhr fort: "Dein Vater ist blind. Er kann nicht mehr sehen und mit den Augen erkennen. So erkennt er deinen ältesten Bruder, indem er an seinem Kleid riecht und tastend über Arm und Armband streicht. Dein Vater will nun sterben und hat mich ausgesandt, seinen ältesten Sohn zu rufen. Deine älteren Brüder haben mich aber immer schlecht behandelt. So rufe ich dich denn zu ihm." Darauf tötete Lagarre ein Ziege und zog ihr die Haut ab und sich über den Arm, so daß sich sein Arm rauh wie der seines Bruders anfühlte. Dann ging er zum ältesten Bruder und sagte: "Leih mir dein Kleid und deinen Armring. Ich will jemand aufsuchen, der mir etwas schuldet." Der älteste Bruder sagte: "Wenn dir dein Schuldner nicht zahlen will, ohne daß ich dir Kleid und Ring leihe, so nimm beides hin. Geh in jenes Haus zu meiner Frau und lasse dir die Sachen geben." Lagarre ging herein, ließ sich Ring und Gewand reichen und legte beides an. Als Mitternacht gekommen war, traf er mit dem Alten wieder zusammen.
Der alte Dimadio führte Lagarre zu Mama Dinga, dem König, und sagte: "Hier ist dein ältester Sohn." Der alte König tastete am Arm des Sohnes entlang. Er fühlte, daß der Arm rauh war; er fühlte den Ring. Er führte das Gewand an die Nase. Er roch, daß es das Kleid seines ältesten Sohnes war. Da lachte er und sagte: "Es ist wahr." Darauf sprach Mama Dinga: "Auf dem linken Ufer des Flusses stehen vier große Djallabäume. Am Fuße dieser vier Bäume befinden sich neun Töpfe. Wenn du dich in diesen neun Töpfen wäschst und dich nachher im Uferschmutz wälzt, dann wirst du stets viele Anhänger haben. Wasch dich erst in den ersten acht Töpfen und später noch in dem neunten. Laß diesen zunächst. Wenn du dich in dem letzten Topf gewaschen hast, dann verstehst du die Sprache der Dschinn. Dann verstehst du die Sprache aller Tiere und auch die der Vögel, du kannst dann mit ihnen sprechen. Du kannst dann mit den Dschinn sprechen und wirst sie fragen können, wo die große Tabele ist. Der älteste Dschinn wird es dir sagen, und wenn du die große Tabele haben wirst, dann wirst du Wagadu wiederfinden." – Lagarre ging. Er lief sogleich zum Fluß. Er fand die vier Djallabäume. Er fand die neun Töpfe. Er badete sogleich hintereinander weg in den neun Töpfen. Da verstand er die Sprache der Dschinn, der Tiere und Vögel.
Inzwischen nahmen am Morgen die Söhne des Königs bei diesem das Essen ein. Als der Älteste kam, fragte ihn Mama Dinga: "Hast du getan, was ich dir gesagt habe?" Der älteste Sohn fragte: "Wann hast du mir etwas gesagt?" Mama Dinga sagte: "Ich habe dich gestern nacht kommen lassen und habe dir etwas gesagt." Der älteste Sohn sagte: "Ich habe in dieser Nacht nicht mit dir gesprochen." Da sagte der alte, treue Dimadio zum König: "Du hast diese Nacht nicht mit deinem ältesten Sohn, sondern mit deinem jüngsten Sohn gesprochen. Du hast mich gesandt, deinen ältesten Sohn zu rufen, ich aber habe nicht deinen ältesten Sohn gerufen, sondern den jüngsten. Denn deine ersten sechs Söhne behandeln mich stets schlecht. Sie taugen nichts, und wenn dein Ältester Wagadu fände, würde er es bald zerstören. Wenn du nun jemand töten willst, so töte mich – denn ich bin schuld daran." Darauf sagte Mama Dinga: "Mein Ältester, du wirst nicht Hankama (König) werden, denn soeben habe ich alles, was ich hatte, deinem jüngsten Bruder gegeben. Werde du also Djamma (Schamane) und lerne es, Gott um Regen zu bitten. Wenn du es regnen lassen kannst, werden die Leute zu dir kommen, und du wirst Einfluß haben."
Inzwischen sandten die Dschinn ihren Ältesten zu Lagarre. Der alte Dschinn sagte zu Lagarre: "Im Busch ist eine Sache, die ist noch sieben Jahre älter als ich." Lagarre fragte: "Wer ist das?" Der Dschinn sagte: "Das ist Kuto" (eine weiße Varanusart, die heute noch als besonders heilig gilt. So suchen die Marabut z. B. in der Ramadanzeit dieses Tier zu fangen, um aus seinem Fleisch Zaubermittel herzustellen). Lagarre fragte: "In welchem Wald ist Kuto?" Der alte Dschinn zeigte ihm den Wald.
Lagarre