Thamyris brauchte Speis’ und Trank,
als sie den König Cyrus zwang;
durch Wein lag nieder Bennedab60,
als er verlor all seine Hab’;
der Ehr’ und Tugend ganz vergaß,
Alexander, wann er trunken was;
er tat gar oft in Trunkenheit,
was ihm darnach ward selber leid;
der Reiche trank wie ein Zechgeselle
und aß des Morgens in der Hölle;
der Mensch könnt’ frei, kein Knecht mehr sein,
wenn Trunkenheit nicht wär’ und Wein.
Wer Weins und feisten Dings61 sich fleißt,
den niemand reich noch selig heißt,
ihm Weh und seinem Vater Weh’!
Dem wird nur Streit und Unglück je,
wer stets sich füllt wie eine Kuh
und jedermann will trinken zu
und Zuspruch tut dem, was man bringt.
Denn wer ohn’ Not viel Wein austrinkt,
ist dem gleich, welcher auf dem Meer
entschläft und liegt ohn’ Sinn und Wehr:
So tun, die nur auf Praß bedacht,
schlemmen und demmen Tag und Nacht.
Trägt denen der Wirt als Kunden zu
einen Bug und Viertel von einer Kuh
und bringt ihnen Mandeln, Feigen und Reis:
So bezahlen sie ihn wohl auf dem Eis.62
Viel würden bald sehr weise sein,
wenn Weisheit steckte in dem Wein,
die in sich gießen spat und fruh.
Je einer trinkt dem andern zu:
»Ich bring’ dir eins! – Ich kitzle dich! –
Das kommt dir zu!« – Der spricht: »Wart, ich
will wehrn mich, bis wir beid’ sind voll!«
Damit ist Narren jetzo wohl!
Eins auf den Becher, zwei vor den Mund,
ein Strick an den Hals wär’ einem gesund
und besser, als so Völlerei
zu treiben; das ist Narretei,
wie Seneca schon sah vorher,
als in den Büchern geschrieben er,
daß man würd’ einmal geben mehr
dem Trunknen als dem Nüchternen Ehr’,
und daß der würd’ berühmet sein,
der da trunken wär’ vom Wein.
Die Biersupper dazu ich meine,
wenn einer trinkt ’ne Tonn’ alleine
und wird dabei so toll und voll –
man stieß mit ihm die Tür’ auf wohl.
Ein Narr muß saufen erst recht viel,
ein Weiser trinkt mit Maß und Ziel
und ist dabei doch viel gesunder,
als wer’s mit Kübeln schüttet ’runter.
Der Wein geht ein – man merkt es nicht,
zuletzt er wie die Schlange sticht
und gießt sein Gift durch alles Blut
gleichwie der Basiliskus63 tut.
Wer Gut hat, sich ergötzt damit
und teilt es nicht dem Armen mit,
dem wird versagt die eigne Bitt’.
17. Von unnützem Reichtum – Geld vor Weisheit
ist, daß man ehrt vor Weisheit Geld
und vorzieht einen reichen Mann,
der Ohren hat und Schellen dran;
der muß allein auch in den Rat,
weil er viel zu verlieren hat.
Einem jeden glaubt so viel die Welt,
als er trägt in der Tasche Geld:
»Herr Pfennig!« der muß stets vornan.
Wär’ noch am Leben Salomo,
man ließ ihn in den Rat nicht so,
wenn er ein armer Weber wär’
oder ihm stünd’ der Säckel leer.
Die Reichen lädt man ein zu Tisch
und bringt ihnen Wildbret, Vögel, Fisch
und tut ohn’ Ende ihnen hofieren,
dieweil der Arme vor der Türen
im Schweiß steht, daß er möcht’ erfrieren.
Zum Reichen spricht man: »Esset, Herr!«
O Pfennig, man gibt dir die Ehr’;
du schaffst, daß viel dir günstig sind:
Wer Pfennige hat, viel Freund’ gewinnt,
den grüßt und schwagert jedermann.
Hält einer um ’ne Ehfrau an,
man fragt zuerst: »Was hat er doch?«
Wer fragt nach Ehrbarkeit denn noch
oder nach Weisheit, Lehre, Vernunft?
Man sucht einen aus der Narrenzunft,
der in die Milch zu brocken habe,
wenn er auch sei ein Köppelknabe64.
Man achtet Kunst65, Ehr’, Weisheit nicht,
wo an dem Pfennig es gebricht.
Doch wer sein Ohr vor dem Armen stopft,
den hört Gott nicht, wenn er auch klopft.
Der setzt zwei Hasen sich zum Ziel,
wer zweien Herren dienen will
und ladet auf sich allzuviel.
18. Vom Dienst zweier Herren – Wer zu viel will, wird nie satt
daß Gott er diene und der Welt;
denn wo zween Herren hat ein Knecht,
kann er ihnen dienen nimmer recht.
Gar oft verdirbt ein Handwerksmann,