barmherzig sei und zürn’ nicht sehr,
wenn man auch etwa Sünd’ vollbringe,
und wägt die Sünden so geringe,
daß er sie für ganz menschlich nimmt.
Den Gänsen sei doch nicht bestimmt
von Gott des Himmelreiches Pracht,
auch hat man allzeit Sünd’ vollbracht
und fang’ nicht erst von neuem an.
Die Bibel er erzählen kann
und andere Historien viel,
daraus er doch nicht merken will,
daß Strafe überall darnach
geschrieben steht mit Plag’ und Rach’,
und daß es Gott nie lang’ vertrug,
wenn man ihn auf die Backen schlug.
Gott ist kein Böhme und Tatar,
doch ihre Sprache ist ihm klar;
ist sein Erbarmen noch so groß,
ohn’ Zahl, Gewicht und Maße los,
so bleibt doch die Gerechtigkeit
und straft die Sünd’ in Ewigkeit
an allen, die nicht tuen recht,
gar oft bis in das neunte Geschlecht.
Barmherzigkeit nicht lang’ besteht,
wenn Gottes Gerechtigkeit vergeht.
Wahr ist’s, der Himmel kommt nicht zu
den Gänsen; doch auch keine Kuh,
kein Narr, Aff’, Esel oder Schwein
kommt je ins Himmelreich hinein;
denn was gehört in des Teufels Zahl,
das nimmt ihm niemand überall.
Wer bauen will, der schlage an,
was ihn der Bau wohl kosten kann,
sonst sieht er nicht das Ende an.
15. Von törichtem Planen – Man muss es auch bezahlen können
und nicht zuvor anschlägt, wieviel
es kosten kann, und ob er mag
vollbringen es nach dem Anschlag.
Groß Werk hat mancher ausersehn
und konnte nicht dabei bestehn.
Der König Nebukadnezar
vermaß sich einst, zu sagen gar,
daß Babylon, die große Stadt,
durch seine Macht gebaut er hat,
und doch kam es gar bald dazu,
daß er im Feld lag wie ’ne Kuh.
Nimrod wollt’ bauen in die Luft
einen Turm, stärker als Wassers Kluft,
und schlug nicht an, daß ihm zu schwer
sein Bauen und nicht möglich wär’.
Es baut nicht jeder so geschickt,
wie es Lucullus einst geglückt.
Wer nicht gern Reu’ beim Bau gewinnt,
bedenk sich wohl, eh’ er beginnt,
denn manchem kommt die Reu’ zu spät,
dann, wenn es ans Bezahlen geht.
Wer großes Werk zu tun begehrt,
muß selber erst recht sein bewährt,
daß er gelangen mög’ zum Ziel,
das er für sich erreichen will,
damit ihn nicht des Glückes Fall
mach’ zum Gespött den Menschen all.
Viel besser ist es nichts beginnen,
als Schaden, Schand’ und Spott gewinnen.
Die Pyramiden kosten viel,
das Labyrinth auch dort am Nil,
und mußten doch schon längst vergehn:
Kein Bau der Welt kann lang’ bestehn!
In künftige Armut billig fällt,
wer Völlerei stets nachgestellt
und sich den Prassern zugesellt.
16. Von Völlerei und Prassen – Maßvoll trinken ist weise und gesund
der weder Tag noch Nacht hat Ruh’,
wie er den Wanst füll’ und den Bauch
und mach’ sich selbst zu einem Schlauch,
als ob er dazu wär’ geboren,
daß durch ihn ging viel Wein verloren,
als müßt’ ein Reif59 er täglich sein –
der paßt ins Narrenschiff hinein,
denn er zerstört Verstand und Sinne,
das wird er wohl im Alter inne,
wenn ihm dann schlottern Kopf und Hände;
er kürzt sein Leben, ruft sein Ende.
Ein schädlich Ding ist’s um den Wein,
bei dem kann niemand weise sein,
wer nach der Freud’ in ihm getrachtet.
Ein trunkner Mensch niemandes achtet
und weiß nicht Maß noch recht Bescheid.
Unkeuschheit kommt aus Trunkenheit,
viel Übeles aus ihr entspringt,
und weis’ ist nur, wer mäßig trinkt.
Noah vertrug selbst nicht den Wein,
der ihn doch fand und pflanzte ein,
Lot ward durch Wein zweimal zum Tor,
durch Wein der Täufer den Kopf verlor.
Wein machet, daß ein weiser Mann
die Narrenkapp’ aufsetzen kann.
Als Israel sich fühlte wohl
und ihm der Bauch war mehr als voll,
begann es übermütig Spiel,
gottloser Tanz ihm wohlgefiel.
Darum gebot Gott Aarons Söhnen,
sie sollten sich des Weins entwöhnen
und alles, was da trunken macht
– doch haben’s Priester