Gesammelte Werke. George Sand. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: George Sand
Издательство: Bookwire
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783962816148
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durch ir­gend eine Schwie­rig­keit auf­hal­ten las­sen und wuss­te nicht, dass eben die An­stren­gung selbst das vor­nehms­te Hin­der­nis für den ist, wel­cher nicht die Lie­be dazu und die Aus­dau­er hat.

      2.

      Durch Con­sue­lo’s Of­fen­her­zig­keit wie durch Co­ril­la’s Falsch­heit an­ge­trie­ben, dass er sich wie­der öf­fent­lich hö­ren las­se, fing An­zo­le­to an, ernst­lich zu üben, und sang bei der zwei­ten Auf­füh­rung der Iper­m­ne­stra sei­nen ers­ten Akt bei wei­tem rei­ner. Die Aner­ken­nung blieb nicht aus. Aber da Con­sue­lo’s Er­folg in dem­sel­ben Maße wuchs, war er mit dem sei­ni­gen wie­der nicht zu­frie­den, und von neu­em über­führt, dass er ihr im­mer nach­ste­hen wür­de, ver­lor er völ­lig Mut und Selbst­ver­trau­en.

      Von Au­gen­blick an sah er al­les schwarz. Es kam ihm vor, als hör­te man nicht auf ihn, als mach­ten sich die nächs­ten Zuschau­er flüs­ternd über ihn lus­tig, als sä­hen ihn die Kunst­lieb­ha­ber, die in den Cou­lis­sen ihn auf­mun­ter­ten, mit be­dau­ern­den Mie­nen an. Alle ihre Lob­sprü­che schie­nen ihm dop­pel­sin­nig und den üb­le­ren Sinn glaub­te er auf sich ge­münzt. Die Co­ril­la, in de­ren Loge er wäh­rend des Zwi­schen­ak­tes ging, um ihr Ur­teil zu hö­ren, stell­te sich ängst­lich und frag­te, ob er auch nicht krank wäre.

      – Wie so? rief er un­ge­dul­dig.

      – Dei­ne Stim­me ist heu­te be­legt und du scheinst an­ge­grif­fen … Mut! mein teu­rer An­zo­le­to, her­aus mit dei­nen Mit­teln, denn du ge­brauchst sie nicht, aus Furcht oder aus Nie­der­ge­schla­gen­heit.

      – Habe ich mei­ne ers­te Arie nicht gut ge­sun­gen?

      – Fast nicht so gut als das ers­te Mal. Es hat mir das Herz zu­sam­men­ge­schnürt, dass ich fast ohn­mäch­tig wur­de.

      – Aber es ist doch ap­plau­diert wor­den.

      – Lie­ber Him­mel! … Nun, ich habe Un­recht, dir eine Täu­schung zu rau­ben, es tut ja nichts. Nur vor­wärts … aber su­che doch, dir die Stim­me klar zu ma­chen.

      – Con­sue­lo, dach­te er nun, hat mir wohl gu­ten Rat zu ge­ben ge­meint. Ja sie, sie han­delt aus In­stinkt und was sie selbst un­ter­nimmt, das ge­lingt ihr. Wo­her soll­te sie aber so viel Er­fah­rung ha­ben, dass sie mir den rich­ti­gen Weg zei­gen könn­te, um die­ses wi­der­spens­ti­ge Pub­li­kum her­um­zu­brin­gen! In­dem ich ih­rem Rate fol­ge, büße ich mei­ne Vor­tei­le ein, und die Ver­bes­se­rung mei­ner Ma­nier bleibt un­be­ach­tet. Wohl­an! zu­rück zu der frü­he­ren Kühn­heit! Mach­te ich nicht in mei­nem ers­ten De­büt beim Gra­fen die Er­fah­rung, dass ich selbst die­je­ni­gen, die ich nicht be­stach, we­nigs­tens blen­den konn­te? Sag­te mir nicht der alte Por­po­ra selbst, ich hät­te Feh­ler des Ge­nies? Wohl­auf denn! Möge das Pub­li­kum mei­ne Feh­ler er­tra­gen und mei­nem Ge­nie sich un­ter­wer­fen!

      Er streng­te sei­ne Lun­gen an, tat Wun­der im zwei­ten Akt und wur­de mit Ver­wun­de­rung ge­hört. Ei­ni­ge klatsch­ten, an­de­re ta­ten dem Klat­schen Ein­halt. Das Pub­li­kum in Mas­se frag­te sich, ob das groß­ar­tig oder un­sin­nig wäre.

      Noch ein we­nig Keck­heit mehr und An­zo­le­to hät­te viel­leicht ge­siegt; aber die­ser Fehl­schlag brach­te ihn so au­ßer Fas­sung, dass ihm der Kopf schwin­del­te und er den Rest sei­ner Rol­le schimpf­lich um­warf.

      Bei der drit­ten Auf­füh­rung hat­te er wie­der Mut ge­won­nen, und ent­schlos­sen sei­nen ei­ge­nen Weg zu ge­hen, ohne auf Con­sue­lo’s Rat zu hö­ren, wag­te er die selt­sams­ten Ca­pri­cen, die un­ver­schäm­tes­ten Bi­zar­re­ri­en. O Schan­de! Zwei bis drei­mal un­ter­brach ein Pfei­fen die tie­fe Stil­le, mit wel­cher sei­ne ver­zwei­fel­ten Kunst­stücke auf­ge­nom­men wur­den. Der gü­ti­ge, groß­mü­ti­ge Teil des Pub­li­kums brach­te das Pfei­fen zur Ruhe und fing an zu klop­fen, aber es war un­mög­lich zu ver­ken­nen, dass sich dar­in nur Wohl­wol­len für die Per­son, aber nicht Lob für den Künst­ler kund gab.

      An­zo­le­to riss sein Ko­stüm ent­zwei, als er in sei­ne Loge kam, und kaum war das Stück zu Ende, so lief er zur Co­ril­la, schloss sich mit ihr ein, voll Wut und Er­bit­te­rung und war be­reit, mit ihr bis an das Ende der Erde zu flie­hen.

      Drei Tage ver­flos­sen, ohne dass er Con­sue­lo wie­der sah. Nicht Hass fühl­te er, nicht Käl­te (im Grun­de sei­ner von Vor­wür­fen ge­mar­ter­ten See­le lieb­te er sie noch und litt To­des­qual sie nicht zu se­hen) – aber er hat­te wirk­lich Furcht vor ihr. Er emp­fand die Über­macht die­ses We­sens, das durch sei­ne Grö­ße vor dem Pub­li­kum ihn er­drück­te und in der Stil­le mit sei­nem Zu­trau­en, sei­nem Wil­len nach Will­kür schal­ten konn­te. In sei­ner Auf­re­gung hat­te er nicht so viel Selbst­herr­schaft, um der Co­ril­la zu ver­ber­gen, wie sehr er noch an sei­ner ed­len Braut hing und wel­chen Ein­fluss die­se noch auf sei­ne Über­zeu­gun­gen hat­te.

      Der Co­ril­la be­rei­te­te er da­durch die bit­ters­ten Krän­kun­gen, die sie aber Kraft ge­nug hat­te zu ver­heh­len. Sie be­klag­te ihn, sie forsch­te ihn aus, und als sie ihm das Ge­heim­nis sei­ner Ei­fer­sucht ab­ge­lockt hat­te, wag­te sie einen Haupt­schlag, sie ließ Zus­ti­nia­ni un­ter der Hand ihre ei­ge­ne Ver­trau­lich­keit mit An­zo­le­to wis­sen, in­dem sie vor­aus­setz­te, dass der Graf sich die schö­ne Ge­le­gen­heit nicht wür­de ent­ge­hen las­sen, den Ge­gen­stand sei­ner Wün­sche da­von zu un­ter­rich­ten und An­zo­le­to die Rück­kehr un­mög­lich zu ma­chen.

      Nach­dem Con­sue­lo einen gan­zen Tag ein­sam in ih­rer Man­sar­de hin­ge­bracht hat­te, fing sie an sich zu be­un­ru­hi­gen; noch ein Tag ver­ging in ver­geb­li­cher Er­war­tung und pei­ni­gen­der Angst, und als die Nacht ein­brach, hüll­te sie sich in einen dich­ten Man­tel (denn die be­rühm­te Sän­ge­rin war nicht mehr gleich dem un­be­kann­ten Mäd­chen si­cher vor bö­sem Leu­mund) und lief nach der Woh­nung, wel­che An­zo­le­to seit ei­ni­gen Ta­gen in ei­nem der vie­len Ge­bäu­de, wel­che der Graf in der Stadt be­saß, auf des­sen Ver­an­las­sung be­zo­gen hat­te. Sie fand ihn nicht und er­fuhr, dass er sel­ten die Nacht dort zu­bräch­te.

      Die­ser Um­stand diente noch nicht dazu, ihr sei­ne Un­treue auf­zu­de­cken. Sie wuss­te, wie sehr er dar­an ge­wöhnt war, poe­tisch um­her­zu­schwei­fen, und bil­de­te sich ein, er habe sich an die Pracht sei­nes neu­en Auf­ent­hal­tes noch nicht ge­wöh­nen kön­nen, er wer­de wohl in ei­nem sei­ner al­ten Schlupf­win­kel zu fin­den sein. Sie woll­te es wa­gen, ihn auch dort zu su­chen, als sie plötz­lich in der Hau­stü­re, durch wel­che sie sich eben ent­fer­nen woll­te, ih­rem al­ten Leh­rer Por­po­ra ge­gen­über stand.

      – Con­sue­lo, sag­te die­ser lei­se zu ihr, es ist um­sonst, dass du dein Ge­sicht ver­hüllst, ich habe dei­ne Stim­me ge­hört. Und die kann ich nicht ver­ken­nen. Was willst du hier zu ei­ner sol­chen Stun­de, ar­mes Kind, was suchst du in die­sem Hau­se?

      – Ich su­che mei­nen Bräu­ti­gam, ant­wor­te­te Con­sue­lo, in­dem sie sich an den Arm ih­res al­ten Leh­rers häng­te. Ich weiß nicht, warum ich mich schä­men soll­te, es mei­nem bes­ten Freun­de zu ge­ste­hen. Ich weiß wohl, dass Sie mei­ne Lie­be zu ihm nicht gut hei­ßen, aber es ist mir doch nicht mög­lich, Sie zu hin­ter­ge­hen. Ich bin voll Un­ru­he. Seit vor­ges­tern im Thea­ter habe ich An­zo­le­to nicht ge­se­hen. Er muss krank sein.

      – Krank! Er! sag­te der Pro­fes­sor und zuck­te