Gesammelte Werke. George Sand. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: George Sand
Издательство: Bookwire
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783962816148
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wel­che er ihr zeig­te, um ih­ren Ge­lieb­ten mit ih­rer Ne­ben­buh­le­rin in wol­lüs­ti­gem Bei­sam­men­sein zu er­bli­cken.

      Sie wand­te sich au­gen­blick­lich wie­der ab und Por­po­ra, der, voll Furcht, dass in der Verzweif­lung ein Schwin­del sie er­grif­fe, mit über­mensch­li­cher Kraft sie fest­hielt, führ­te sie wie­der in das un­te­re Stock­werk hin­ab und ließ sie in sein Zim­mer tre­ten, wo er Tür und Fens­ter schloss, um den Aus­bruch, wel­chen er er­war­te­te, in Heim­lich­keit zu be­gra­ben.

      3.

      Es gab aber kei­nen Aus­bruch. Con­sue­lo war stumm und zer­schmet­tert. Por­po­ra re­de­te sie an. Sie ant­wor­te­te nicht, und deu­te­te ihm mit der Hand an, nichts zu fra­gen; dann stand sie auf, trank in hef­ti­gen Zü­gen eine gan­ze Kar­af­fe mit Eis ge­kühl­ten Was­sers aus, wel­che auf dem Kla­vier stand, ging ein paar Mal im Zim­mer auf und nie­der und setz­te sich wie­der ih­rem Leh­rer ge­gen­über ohne ein Wort zu spre­chen.

      Der star­re Greis be­griff die Tie­fe ih­res Lei­dens nicht.

      – Nun, sprach er, hat­te ich dich ge­täuscht? Was denkst du jetzt zu tun?

      Ein Schmer­zens­schau­der durch­zuck­te die Bild­säu­le; sie fuhr mit der Hand über ihre Stirn, dann, sprach sie:

      – Nichts den­ke ich zu tun, bis ich be­grei­fe, was mir ge­schieht.

      – Was ist denn noch zu be­grei­fen?

      – Al­les! denn ich be­grei­fe noch nichts. Sie se­hen mich sin­nen, um die Ur­sa­che mei­nes Un­glücks zu ent­de­cken, und ich fin­de nichts was es mir er­klä­ren könn­te. Was habe ich denn dem An­zo­le­to Lei­des ge­tan, dass er mich nicht mehr liebt? Wel­che Schuld habe ich auf mich ge­la­den, dass ich in sei­nen Au­gen ver­ächt­lich wor­den bin? Sie kön­nen es mir nicht sa­gen, Sie kön­nen nicht, denn ich, die ich mein Ge­wis­sen fra­ge, ich sehe nichts dar­in was mir den Schlüs­sel die­ses Rät­sels gäbe. Oh, ein un­be­greif­li­ches Wun­der ist es. Mei­ne Mut­ter hat an die Kraft von Lie­bes­trän­ken ge­glaubt: ob die­se Co­ril­la, ob sie viel­leicht zu zau­bern ver­steht?

      – Ar­mes Kind! sag­te der Mae­stro, wohl ist hier eine Zau­be­rin im Spie­le, aber sie heißt: Ei­tel­keit! ja­wohl ein Zau­ber­trank, aber er heißt: Neid. Mag die­sen die Co­ril­la ein­ge­schenkt ha­ben, an­ge­steckt da­mit hat sie die­se See­le nicht, die so emp­fäng­lich da­für war. An­zo­le­to’s un­rei­ne Adern durch­ström­te die­ses Gift schon längst. Eine Do­sis mehr hat ihn aus ei­nem Be­trü­ger, was er war, zu ei­nem Ver­rä­ter, aus ei­nem Un­dank­ba­ren, was er im­mer war, zu ei­nem Treu­lo­sen ge­macht.

      – Was für Ei­tel­keit? Was für Neid?

      – Die Ei­tel­keit alle an­de­ren zu über­tref­fen, der Neid, dich zu über­tref­fen, die Wut von dir über­trof­fen zu sein.

      – Ist das glaub­lich? Kann ein Mann ei­fer­süch­tig sein auf die Vor­zü­ge ei­ner Frau? Kann ein Lie­ben­der den Er­folg sei­ner Ge­lieb­ten has­sen? Gibt es denn wirk­lich der­glei­chen, was ich gar nicht weiß, was ich durch­aus nicht be­grei­fen kann?

      – Du wirst es nie be­grei­fen, aber er­fah­ren wirst du es in je­der Stun­de dei­nes Le­bens. Wis­se, dass ein Mann in der Tat ein Weib be­nei­den kann, wenn die­ser Mann ein eit­ler Künst­ler ist, und dass ein Lieb­ha­ber die Er­fol­ge sei­ner Ge­lieb­ten has­sen kann, wenn das Thea­ter dies Sphä­re ist, in der sie sich be­we­gen. Ein Schau­spie­ler ist kein Mann, Con­sue­lo! ein Schau­spie­ler ist ein Weib. Er lebt nur von krank­haf­ter Ei­tel­keit, er denkt an nichts als an die Be­frie­di­gung sei­ner Ei­tel­keit, er ringt nach nichts als sich in Ei­tel­keit zu be­rau­schen. Die Schön­heit ei­nes Wei­bes tut ihm Scha­den. Das Ta­lent ei­nes Wei­bes sticht das sei­ni­ge aus. Ein Weib ist sein Ne­ben­buh­ler, oder viel­mehr er ist die Ne­ben­buh­le­rin ei­nes Wei­bes; er ver­ei­nigt in sich alle Klein­lich­kei­ten, Lau­nen, An­sprü­che und Lä­cher­lich­kei­ten ei­ner Ko­ket­te. Sieh, das ist der Cha­rak­ter der meis­ten Män­ner vom Thea­ter. Es gibt große Aus­nah­men, aber sie sind sel­ten, sie sind so ver­dienst­lich, dass man sie fuß­fäl­lig ver­eh­ren und sie hö­her schät­zen soll­te als die ge­lehr­tes­ten Doc­to­ren. An­zo­le­to ge­hört nicht zu den Aus­nah­men, viel­mehr ist er un­ter den Ei­teln der Ei­tels­ten ei­ner: das ist der Schlüs­sel zu sei­nem gan­zen Be­tra­gen.

      – Aber wie un­be­greif­lich ist die­se Ra­che! wie arm­se­lig, wie wir­kungs­los die­se Aus­flucht! Was kann denn die Co­ril­la ihm zur Ent­schä­di­gung bie­ten für das was ihm beim Pub­li­kum fehl­ge­schla­gen ist? Wenn er mir sein Leid of­fen be­kannt hät­te … ach, es brauch­te nur ein Wort! viel­leicht wür­de ich ihn be­grif­fen ha­ben, je­den­falls mit ihm ge­lit­ten; ich hät­te auf mich selbst ver­zich­tet, um ihm Raum zu ma­chen.

      – Ei­teln See­len ist es ei­gen, die Men­schen um des Glückes wil­len zu has­sen, das die­se ih­nen weg­neh­men. Und die Lie­be, ach! ist es ihr nicht ei­gen, dem Ge­lieb­ten die Freu­den zu miss­gön­nen, die man ihm nicht selbst be­rei­tet? Wäh­rend dein Lieb­ha­ber das Pub­li­kum ver­ab­scheut, wel­ches dich mit Ruhm über­häuft, has­sest du nicht die Ne­ben­buh­le­rin, wel­che ihn mit Freu­den be­rauscht?

      – Sie spre­chen da ein tie­fes Wort, lie­ber Meis­ters und ich will es wei­ter be­den­ken.

      – Ein wah­res Wort. Wäh­rend dich An­zo­le­to um dein Glück auf der Büh­ne hasst, has­sest du ihn um sei­ne Freu­den im Bou­doir der Co­ril­la.

      – Nein, das nicht. Ihn könn­te ich nicht has­sen, und Sie über­zeu­gen mich, dass es schwach und schimpf­lich wäre, mei­ne Ne­ben­buh­le­rin zu has­sen. Blei­be ihm denn die­ses Ver­gnü­gen, wo­mit sie ihn be­rauscht; und doch kann ich nicht dar­an den­ken ohne zu schau­dern. Wa­rum? Ich weiß es nicht. Ist nun dies ein un­will­kür­li­ches Ver­ge­hen, so ist auch wohl An­zo­le­to nicht so straf­bar, wenn er mei­nen Tri­umph hasst.

      – Du bist sehr be­reit, die Din­ge so aus­zu­le­gen, dass sein Be­tra­gen und sei­ne Ge­sin­nung ent­schul­digt schei­nen. Aber nein! An­zo­le­to ist nicht schuld­los und ach­tungs­wert in sei­nem Lei­den wie du. Er be­trügt dich, er er­nied­rigt dich, wäh­rend du dich an­strengst, ihn zu recht­fer­ti­gen. Üb­ri­gens habe ich nicht Hass und Ra­che dir ein­flö­ßen wol­len, son­dern Ruhe und Gleich­gül­tig­keit. Die Hand­lungs­wei­se die­ses Men­schen ist durch sei­nen Cha­rak­ter be­stimmt. Nie wirst du ihn än­dern. Hier­nach ent­schlie­ße dich und den­ke an dich selbst.

      – An mich selbst! das heißt an mich al­lein? an mich ohne Hoff­nung und ohne Lie­be?

      – Den­ke an die Mu­sik, an die gött­li­che Kunst, Con­sue­lo! Möch­test du be­haup­ten, dass du die­se nur um An­zo­le­to’s wil­len liebst?

      – Ich lie­be die Kunst auch um ih­rer selbst wil­len, aber ich habe in mei­nen Ge­dan­ken nie die­se bei­den un­zer­trenn­li­chen Din­ge von­ein­an­der ge­schie­den: mein und An­zo­le­to’s Le­ben. Und ich sehe nicht ein, wie et­was von mir üb­rig blei­ben soll um ir­gend et­was zu lie­ben, wenn die not­wen­di­ge Hälf­te mei­nes Le­bens mir ent­ris­sen wird.

      – An­zo­le­to war für dich nur eine Idee und die­se Idee gab dir Le­ben. An ihre Stel­le wirst du eine grö­ße­re, rei­ne­re, noch mehr le­ben­dig ma­chen­de Idee set­zen. Dei­ne See­le, dein Geist, kurz dein We­sen wird nicht mehr ei­ner zer­brech­li­chen, täu­schen­den