Al Capone Staffel 2 – Kriminalroman. Al Cann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Al Cann
Издательство: Bookwire
Серия: Al Capone Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863778156
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      »Meinst du nicht, daß ich hier mehr verdienen könnte?«

      »Vielleicht.«

      »Na hör mal, Chicago bietet doch viel mehr Möglichkeiten als St. Louis. Außerdem wird doch auch hier viel besser bezahlt. Ich höre es immer wieder.«

      »Ja, kann schon sein. Du, wir reden heute abend darüber. Ich habe jetzt wirklich keine Zeit mehr. Ich hätte schon um sieben weg müssen. Was meinst du, was die mir im Geschäft erzählen!«

      »Was denn, gehetzt wirst du auch noch?«

      »Was heißt gehetzt. Wer nicht genug verkauft, wird rausgeworfen.«

      »Das ist vielleicht ein Ding!«

      Ric blickte hinter ihm her, wie er die Treppe hinunterging, zog sich dann weiter an und blieb unschlüssig im Korridor stehen. Plötzlich hatte er eine Idee. Er lief in die Stube, zog sein Beutestück aus dem Sofa und nahm den Brief heraus, den er in seine eigene Brieftasche schob. Dann nahm er Jacke und Mantel und lief hinaus. Als er unten auf die Straße kam, sah er den kleinen Frank drüben auf dem Bürgersteig. Er trottete vornübergeneigt durch das Menschengewühl. Die schwere Tasche schien ihn fast an den Boden zu ziehen.

      Vetter Frank, dachte er bei sich. Der Vetter aus Chicago, den ich immer darum beneidet habe, im großen Chicago leben zu dürfen. Was ist von ihm übriggeblieben. Ein armseliger, vertrockneter, alt gewordener Bursche.

      Ric folgte ihm.

      Es ging durch ein Dutzend Straßen, und plötzlich blieb Frank vor einem großen Mietshaus stehen, stellte seine Tasche auf die unterste Stufe der Eingangstreppe ab, griff in seinen abgetragenen grauen Mantel und nahm ein Notizbuch hervor. Er blätterte darin herum, nickte wie ein Greis vor sich hin, schob das Notizbuch zurück, nahm seine Tasche wieder auf und verschwand in dem Haus.

      Es dauerte zwanzig Minuten, bis er wieder herauskam. Er ging weiter, wieder vornübergeneigt, wieder durch ein halbes Dutzend Straßen, und wieder betrat er ein großes Mietshaus.

      Diesmal dauerte es eine geschlagene Dreiviertelstunde, bis er zurückkam. Seine Schritte waren jetzt schon langsamer geworden. Er ging nur drei Straßen weiter und hielt dann auf eine Toreinfahrt zu. Mit müden Schritten überquerte er den Hof und verschwand in einem der großen grauen Hinterhäuser.

      Ric, der ihm gefolgt war, sah sich im Hof um und entschloß sich dann, weil ein paar Frauen, die mit Teppichklopfen beschäftigt waren, ihn neugierig anblickten, Frank in das Hinterhaus zu folgen. Als die Haustür auf dem Ledersack, der als Abbremser oben am Rahmen angebracht war, aufgeschlagen war, hörte er oben auf den steinernen Stufen den schlurfenden Schritt Franks. Sieben Etagen stieg er hoch und hielt dann inne.

      Ric folgte ihm langsam, blieb im sechsten Geschoß stehen, lehnte sich in die Fensternische und schob die Hände in die Manteltaschen.

      Oben hatte Frank geklingelt. Aber nichts rührte sich. Geduldig wartete er geschlagene zehn Minuten. Dann erst wagte er, zum zweitenmal zu klingeln.

      Die Tür wurde aufgerissen, und eine keifende Frauenstimme drang durch den Korridor.

      »Da sind Sie ja schon wieder! Ich habe Ihnen doch gesagt, daß ich nichts kaufe!« herrschte sie den Vertreter an.

      Frank hatte kaum Zeit gefunden, den Hut abzunehmen. Er deutete eine Verbeugung an und entgegnete mit bedrückter Stimme:

      »Entschuldigen Sie, Mrs. Baxter, ich kann ja ein andermal wiederkommen.«

      »Nein, Sie brauchen überhaupt nicht wiederzukommen. Ich kaufe nichts.«

      »Sie meinten aber doch neulich«, versuchte er sich auf dem Ast zu halten, »daß Ihr Mann sich vielleicht über einen Toaster freuen würde.«

      »Ja, vielleicht. Aber ich habe kein Geld dafür.«

      »Er ist doch gar nicht teuer, Mrs. Baxter.«

      »Doch, er ist mir viel zu teuer!«

      »Ich könnte Ihnen vielleicht einen Rabatt geben.«

      »Was nützt mir ein Rabatt!«

      »Immerhin könnte ich einen Teil meiner Provision abgeben. Vielleicht die Hälfte.«

      »Das genügt nicht.«

      »Wissen Sie, wenn ich drei Dollar vierzig bekomme, dann habe ich einen halben Dollar verdient, und dann soll es gut sein.«

      »Nein, nein, das Ding ist mir zu teuer. Lassen Sie mich zufrieden. Überhaupt, diese verdammten Störungen immer! Ich bin es leid, ewig belästigt zu werden. Sehen Sie zu, daß Sie sich davonscheren, sonst können Sie was erleben mit Ihrer Bettelei…«

      Heißer Zorn war in Ric aufgestiegen. Er stieß sich mit einem Ruck aus der Fensternische ab, schnellte mit weiten Sätzen die siebzehn abgetretenen Terrazostufen hinauf und stand dann neben Frank an der Wohnungstür.

      »Sie verdammte Spinatwachtel, was fällt Ihnen denn ein!« schrie er die verdutzte Frau an. »Wie reden Sie denn mit dem Mann! Sehen Sie nicht, daß er um seinen Lebensunterhalt kämpft? Wenn Sie nichts haben wollen, dann können Sie es ihm anständig sagen, ist das klar?!«

      Die Frau zuckte zurück.

      »Was fällt Ihnen denn ein! Wer sind Sie denn?«

      »Das soll Sie einen Dreck interessieren, Sie verdammte Schlampe! Sie können von Glück sagen, daß ich nicht an seiner Stelle bin!«

      »Was nehmen Sie sich denn heraus, Sie Dreckskerl! Wenn Sie nicht augenblicklich sehen, daß Sie verschwinden, lernen Sie mich kennen!«

      »Ach, halt dein Maul, alte Ziege!«

      Da tauchte hinter der Frau ein Mann auf. Groß, knorrig und mit nacktem Oberkörper.

      »Was ist denn hier los, zum Teufel!« brüllte er die beiden Draußenstehenden an. »Das ist doch wohl die Höhe! Mensch, wie redest du mit meiner Frau? Ich schlage dir die Nase ein, du mißlungener Köter!«

      »Das müßtest du versuchen.«

      Ric war einen Schritt zurückgetreten, hatte den Kopf etwas angezogen; seine Augen waren zu schießschartenschmalen Spalten geworden und sein Gesicht hatte jede Farbe verloren.

      Wie zur Salzsäule erstarrt stand der schmächtige Frank Dillinger da, krampfte seine Rechte um den harten Griff der Tasche und starrte entgeistert auf die Szene. Er war wie aus allen Wolken gefallen, als Richard plötzlich neben ihm aufgetaucht war. Als er jetzt sah, wie der halbnackte riesige Mensch aus der Wohnung trat und sich auf Ric stürzen wollte, packte er den Vetter am Arm und wollte ihn wegziehen.

      Aber der drahtige Bursche aus St. Louis dachte gar nicht daran, zu weichen. Er streckte die rechte Hand mit angewinkeltem Arm aus und zog die Finger lockend nach oben zusammen.

      »Come on, Brother!«

      Das reizte den Halbnackten noch mehr. Er stürmte vorwärts, holte mit der Rechten zum Schlag aus, und der Hieb ging pfeifend über den abgeduckten Schädel Rics hinweg.

      Der aber hatte augenblicklich einen linken Haken nach vorn geworfen, der klatschend auf den Rippen des anderen landete. Diesem Hieb ließ der Mann aus dem Westen einen zielgenauen rechten Uppercut folgen, der unter der Kinnspitze des Widersachers detonierte. Der Mann wurde förmlich aus seinen Angeln gehoben und kippte rückwärts gegen die Frau.

      Die stieß einen infernalischen Schrei aus.

      Augenblicklich wurde gegenüber eine Wohnungstür geöffnet, und ein riesiger Mensch mit einem unverhältnismäßig kleinen Schädel stürzte heraus, hatte einen Gummiknüppel in der Hand, riß ihn hoch und wollte ihn auf Ric niedersausen lassen.

      Der wich dem Hieb katzengewandt aus, versetzte dem Mann einen Rammstoß mit der Linken, wich wieder aus, und urplötzlich hatte er einen Revolver in der Hand. Der Schuß peitschte los, und der andere wurde um seine eigene Achse gewirbelt, prallte gegen seine Wohnungstür und stürzte in den Korridor zurück.

      »Los, komm!« Ric