Über den Autor
Ulrich Holbein, geb. 1953 in Erfurt, wohnt in Hessen, als Autor von etwa 999 Publikationen in FAZ, FR, SZ, ZEIT, WDR, SWF u.v.a. und 24 Büchern, darunter ein Lexikon heiliger Narren, mit vielen Querbezügen zu persisch-arabischen Mystikern. Ulrich Holbein wird 2012 mit dem Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor ausgezeichnet.
Zum Buch
Einfallsreichtum, Witz und Spielfreude Ulrich Holbeins suchen in der deutschen Gegenwartsliteratur ihresgleichen. FAZ
Heilige Narren weichen von den üblichen Steuerzahlern oft ab, mal sehr, mal noch mehr. Sie weichen ab, egal wovon. Sie rennen mit Humor (z.B. unfreiwilligem), oder mit Religionsbezug (z.B. blasphemischem) oder oft mit törichtem Lebensziel/Wahn/ Spleen gegen antagonistische Mächte an (z.B. wie Don Quixote gegen Windmühlen). Hier zweiundzwanzig Beispiele und Schicksale aus zweitausend Jahren und aus verschiedenen Kulturkreisen und Kontinenten. Es geht um Scharlatane und Possenreißer, falsche Fuffziger und Jahrhundertgestalten, um beleuchtete Berühmtheiten wie den Kirchenheiligen Franz von Assisi und ausgegrabene Unbekannte wie den orientalischen Scherzbold Buhlul. Es geht um Religionsgründer und Sektenchefs, um Einfaltspinsel, Tantra-Meister und Märchenkönige – jedesmal der ganze Lebenslauf von der Wiege bis zum Absturz.
Inhalt
Kleine Narrenkunde für Anfänger
Vorsicht vor Religion und Humor
Absurdistan und Naragonien total
Reisender Geist kreist um die weiche Weisheit
Als Hundekönig im Unflat auf Menschensuche
Vielleicht ein hellerer Kopf als Simon Petrus
Seine Dämonen machten ihn berühmt
Absichtlich noch verrückter als normale Verrückte
Mit irdischem Ochsen ein Felsenmeer pflügen
Er suchte Laila selbst im Straßenkot
Statt Hokuspokus und Pipifax – Nirwana
Selbst wenn die Sonne rostig würde – ein schlagfertiger Zwitter
Maso-Pedant, erlöst von Bruder Spatz und Buddha
Der Vater meines Sohnes ist gestorben
Ganz Tibet und China erröten heut noch
Ein Tropfen Humor im Christentum
Der geistlich Ärmste, der je nach oben stieg
Erleuchtung blieb aus, aber Moskitos kamen reichlich
Sympathischer als Till Eulenspiegel
Vor lauter Mond vergaß er Gast und Wein und Welt
Nix G’wiß woas ma ned – der putzige Postbringer von München
Zuspätromantik als realpolitisches Kuckucksei
Letzter Späthippie wurde erster Punker
Kleine Narrenkunde für Anfänger
Menschen und andere Leute spalten sich auf in Normalbürger und Narren. Narren wiederum zerfallen in Normal- und Extremnarren. Die Welt wimmelt von Halbnarren, Närrinnen und Pseudonarren, und zwar jede Welt. Anfänger erkennen Narren an deren törichten Ideen und Lebenszielen. Fortgeschrittene differenzieren Sonderlinge und Exzentriker. Hinzu treten Romantiker und Psychopathen, mal recht realitätsfern, dann wieder eher weltfremd. Launen und Grillen mutierten zu Marotten und Spleens. Manche übertreiben nicht nur, sondern steigern das dann noch langsam. Nirgendwo eine Wand, gegen die kein Kopf rennt. Hierbei stößt man an Grenzen. Vorwärtshumpelnde stolpern, und Hinangezogene rutschen ab. Das kann im Einzelfall mehrere Zähne kosten, später noch mehr, dann alle. Dann geht man hops oder taucht zurück in die Normalität. Dann ist man kein Narr mehr, es sei denn, man ruft: »Jetzt erst recht!« Idole wollen verstärkt durchgedrückt werden. Als Ökonarr kämpft man gegen Riesen, z.B. Windmühlen und andere Kraftwerke, also Atomkraftwerke, als Baumfrau gegen Abholzfirmen, als Tiernarr gegen Hühner-KZs, als Eulenspiegel gegen Zwangsjacken.
Anders gesagt: Je stressiger das Leben in heutiger Leistungsgesellschaft, desto stärker wächst das Bedürfnis nach entspannender Ventilfunktion. Je fieser das System, desto schriller das Narrengelächter. Andererseits: Narren sind oft auch keine Patentlösung.
Vorsicht vor Religion und Humor!
Weltweit im Vormarsch: Gottesstaaten als Motor, Fungesellschaften als Arabeske! Die einen schwingen Moralkeule und Weihrauchfaß, die andern Tanzbein und Fliegenklatsche. Die einen beten und verbieten