Geschichte des Zeitalters der Entdeckungen. Sophus Ruge. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sophus Ruge
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 4064066112073
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von Kasan an der Wolga; die südliche, Sarai, war von Batu, dem Bruder Barkas, an einem Arme der unteren Wolga, östlich von Zaritzyn gegründet, und wurde schon 1395 von Timur wieder zerstört.

      Marco Polo.

      Nach einem Gemälde in der Galerie Badia zu Rom mit der Unterschrift: MARCUS POLUS VENETUS TOTIUS ORBIS ET INDIE PEREGRATOR PRIMUS.

      Als sie Bolgar verlassen wollten, brach ein Krieg zwischen Barka und seinem Vetter Hulagu (Hulaku, Alau) von Persien aus. Dadurch wurde ihnen der Rückweg abgeschnitten, sie kamen an der Wolga abwärts nur bis Ucaca, südlich von Saratov, gingen hier über den Strom und nach Südosten durch die Steppen, setzten über den Uralfluß (bei Polo Tigris genannt) und gelangten wahrscheinlich über Urgendsch (Chiva) nach Bochara. Hier hielten sie sich des Handels wegen drei Jahre auf, machten sich mit den Sitten der Tataren bekannt, erlernten deren Sprache und beschlossen dann, mit einer tatarischen Gesandtschaft, welche von Persien nach China ging und sie zur Begleitung einlud, zum Mongolen-Kaan Kublai zu reisen. Der Großfürst nahm sie freundlich auf und gab ihnen dann bei der Heimkehr einen Gesandten an den Pabst mit, um sich für den Orient wissenschaftliche Lehrer der sieben freien Künste zu erbitten. Aber der kaiserliche Gesandte blieb auf der Reise krank zurück und die Gebrüder Poli kehrten 1269 allein in die Heimat und das Gestade des Mittelmeeres zurück, das sie bei Lajazzo erreichten. In Ptolemais (Acre) erfuhren sie, daß der Pabst Clemens IV. gestorben sei. Sie richteten ihren Auftrag daher zunächst an den päbstlichen Legaten Theobald (Tebaldo) von Piacenza aus.

      Die Vacanz in Rom dauerte über zwei Jahre; inzwischen gingen die Poli nach Venedig und rüsteten sich dann zur zweiten Reise nach Asien, auf welcher sie der Sohn Nicolos, Marco Polo, welcher 1254 geboren war, begleiten sollte. Da die Pabstwahl sich immer noch verzögerte, so schien es, als sollten sie ohne päbstliches Antwortschreiben ihre Wanderung antreten. Weil seit 1261 die Handelslinie über das schwarze Meer, welche sie auf der ersten Reise eingeschlagen, gesperrt war, kehrten sie zunächst nach Palästina zurück, und nahmen für den Kaan Oel aus der heiligen Lampe am heiligen Grabe in Jerusalem mit und fuhren von da nach Lajazzo. Hier erfuhren sie, daß der Legat Theobald am 1. September 1271 als Gregor X. zum Pabste erwählt worden sei. Derselbe rief sie nach Acre zurück, übergab ihnen Briefe an den mongolischen Großfürsten und entsendete zwei Dominikaner, Nicolaus von Vicenza und Wilhelm von Tripolis (in Syrien) nach dem Wunsche Kublais. Da aber in Folge eines Krieges, welcher zwischen dem Könige von Armenien und dem Sultan von Babylon ausbrach, der Weg unsicher gemacht war, so blieben die beiden Predigermönche bereits in Armenien zurück. So zogen die Poli wiederum allein. Ihren Ausgang nahmen sie von Lajazzo, von wo sie im November 1271 ins Innere aufbrachen. Den Bericht über diese zweite große Reise, welche 24 Jahre währte, verdanken wir dem jüngeren, Marco Polo, welcher sich dadurch um die Erweiterung der geographischen Erkenntnisse des Orients unsterbliches Verdienst erworben und den Ruf des berühmtesten abendländischen Landreisenden im Mittelalter gewann.

      Die Feststellung des Reiseweges, den er mit Vater und Oheim und in China zu Zeiten allein eingeschlagen, wird in mancher Beziehung erschwert, theils in Folge zu allgemein gehaltener Angaben, theils weil sich die vielfach verstümmelten Ortsnamen nur schwer identificiren lassen. Doch ist gegenwärtig durch die vorzüglichen Arbeiten Pauthier’s[23] und Yule’s[24] über Marco Polo und die durch von Richthofen in Bezug auf China gegebene Ergänzung die Möglichkeit geboten, in den wesentlichen Momenten dem großen Reisenden folgen zu können.

      Von Lajazzo am issischen Golf ging die Route zunächst durch Klein-Armenien und Kleinasien wahrscheinlich über Kaisarie, Siwas, Arzingan und Musch, also denselben Weg, den Rubruck auf seiner Rückreise von Karakorum aus eingeschlagen hatte. Weiterhin erwähnt Polo den hohen mit ewigem Schnee bedeckten Berg, auf dem die unnahbare Arche Noahs ruhte; dann wandten sich die Reisenden südwärts nach Mardin und durch das Gebirge der räuberischen Kurden nach Mossul und Baudas (Bagdad). Den Fluß hinunter erreichte man in 18 Tagen Basra, von wo die Seefahrt begann, welche sie an Kisch (Kisi) vorüber nach Ormuz brachte. Die Insel und Hafenstadt Kisch (jetzt Ghes genannt) war lange Zeit ein Haupthandelsemporium, sie war gut bewaldet und mit frischem Wasser versehen. Polo scheint die Stadt nicht besucht zu haben, denn seine Angaben darüber klingen sehr dunkel. Die Ruinen der längst untergegangenen Stadt liegen an der Nordseite der Insel.

      Hier beginnen die Schwierigkeiten, den Weg Polos zu fixiren, sich zu mehren. Marco Polo beschreibt uns nämlich den Abstieg vom Hochlande des inneren Iran zur Küste von Ormuz, während wir einen Aufstieg erwarten. Wir können nur annehmen, daß Polo uns einen zweiten Besuch des Hafens während der Heimkehr erzählt. Die Stadt lag damals noch auf dem festen Lande, wurde aber um 1300 durch feindliche Ueberfälle gezwungen, sich auf die Insel zurückzuziehen, wo dieses Emporium eine zweite Blüte erlebte. Die Ruinen von Alt-Ormuz liegen im District von Minao, wo auch Spuren eines langen Hafendammes gefunden sind. Die Landschaft selbst hieß Hormuzdia, woraus unser Reisender Formosa machte. Um eine Probe der Erzählungsweise Polos zu geben, schalte ich hier seine Wanderung nach Ormuz ein, welche ich, um ihr die alterthümliche Färbung zu bewahren, aus einer der ersten deutschen Uebersetzungen entlehne.[25]

      „Von dem lustigen veld vnd von der statt Cormos.

      „Die eben do von yetzt gesagt ist, herstreckt sich jnn die funff tagreisen, vnd do sie ein end hat, do hebt der weg an vnder sich zu gohn, vnnd mus man bis jnn die zwentzig meilen stetzs vndersich gohn. Das ist ein vast böser weg, vnd vmb der rauber willen vnsicher. Zu letst kompt man zu eim vberaus hupschen veldt, das ist zwo tagreisen lang, vnd heisset das orth die schöne.“[26] „Jnn disem land seind vil wasser bäch, vnd palmen beum. Es seind auch mangerley vögel mit hauffen do, zuvor papageyen, die disseit des Meeres nicht funden werden. Von dannen kompt man zu dem meer Crean (verdruckt statt Ocean), do ligt am gestaden die statt Cormos, die hat ein guten port, do viel Kaufleut zusammen kommen, die bringen aus India specerey, berlin, edelgestein, gewant von seiden vnd gulden stucken, zeen von helffanten, sambt andern köstlichem ding. Dis ist ein königliche stadt, vnd hatt viel stett vnd schlösser vnder jr. Die landtschafft aber an jr selbs ist heis vnnd schwach. So ein frembder kauffman do stirbt, so nimbt der König als sein gut. Jnn disem landt macht man wein aus dateln vn̄ vō andern köstlichen specereiē, die sein aber nit gwont sind vn̄ erst anhebē zu trincken, den bewegt er dē bauchflus, aber die sein gewont sind, die werden seer feyst douō. Die jnwoner dises lands essen kein weitzen brot, auch kein fleisch, sunder datteln, ziblen vn̄ gesaltzen fisch. Sie haben schiff die sind nit vast sicher, dan̄ sie hefftens nit mit eisen neglen, sunder mit hültzen neglen vnd fedemen, die sind aus rinden gemacht der yndischen nus, die rinde bereit man wie leder, daraus schnidt man darnach fedem, vn̄ aus den fedemen macht man starke seyl, die den gewalt des wassers dulden mögen. Jedes schiff hat nit mehr dann einen mast, ein segel, ein leytruder, vnd ein Decke.“

      „Man schmiert sie auch nit mit Bech, sunder mit vischschmalz. So sie dan̄ jnn Jndiam farend vnnd pferd oder andere war mit jnen füren, so verlieren sie vil schiff, dan̄ das selb meer ist vast vngestüm, vnd sind die schiff nit mit eisen verwart. Die jnwoner dieses lands sind schwartz, vn̄ Machumets gsatz vnderworffen. Jm sommer so es vast heis wurt, so wonē sie nit in den stetten, sunder jn wol gewesserten gärten auswendig der stett, do leyten sie das wasser mit düncheln hin und her, doselbst wonen sie, vnd empfliehē der hitz ein wenig. Es geschieht auch etwan, das ein heisser brenner windt von einer wüsteney kompt, do nichts dann sandt ist, der wehet so stark, das so die leut nicht balde flühen, so hersteckte er sie alle mit der hitz.“

      „So bald sie prüfen, dz sich derselb wind erhebt so fliehen sie eilend zum wasser, darin erhalten sie sich, bis der windt vberget, also entwichen sie dem brunst den der sand bringt. Sie seehen jnn disem land jm Wintermonat, vn̄ jm Mertzen ernden sie, dan̄ sind auch andere frücht zeittig abzulesen, dan̄ nach dem Mertzen verdorren alle beum am laub vnd gras, vnd findt man den gantzen summer kein grien blat, es sey dan̄ an den wassern. Es ist ein gewonheit jnn disem land, wan̄ ein hausvater stirbt, so beweint jn sein weib vier jar lang allen tag zu eyner bestimbten zeit. Es samlen sich auch des abgestorbenen, gesipte frund jnn sein haus, sambt allen seinen nachbauren, die heulen vnd weynen, vnd machen bittere klagen do.“

      Das