Von Etschmiadzin ging die Wanderung weiter über Ani, die alte, 1319 durch ein Erdbeben zerstörte armenische Königsstadt am Arpatschai, einem Nebenflusse des Aras, und über Ersirum am Euphratthale hinab nach Ersingan und Kamach, einer von der Natur gebildeten Felsenburg, nach Sebaste (Siwas), Cäsarea (Kaisarie) und Iconium. Hier traf Rubruck einen genuesischen Kaufmann, in dessen Begleitung er nach Süden zur Küste wanderte und im kleinen Hafenorte Kurch, dem westlichsten Orte des Königreichs Armenien, das mittelländische Meer erreichte. Ueber Cypern, Antiochia und Tripolis vollendete Rubruck seine mühevolle mehrjährige Reise nach dem Kloster in Akkon, wo er um Pfingsten 1256 anlangte.
Vergleicht man die Reiselinie Rubrucks mit derjenigen Piano’s, so scheint der Gewinn für die Erdkunde nicht sehr wesentlich; allein wir müssen die Erkundigungen und Beobachtungen mit berücksichtigen, wenn wir dem Verdienst Rubrucks vollständig gerecht werden wollen. Zunächst die Erscheinungen der physischen Geographie. Von dem Augenblicke an, wo er den Uralfluß überschritten hatte, traf er auf keinen Fluß mehr, welcher, wie Don, Wolga, Ural die südliche Richtung einschlug. Seitdem der Karatau überstiegen war, folgten die Flußläufe in ununterbrochener Folge der Richtung nach Nordwest: Talas, Tschu, Ili, Irtysch u. s. w. bis nach Karakorum. Der Weg führte über eine Reihe von Gebirgsketten und dann wieder eine Zeitlang an den Flüssen aufwärts: aus alledem schloß Rubruck mit Recht, daß Asien nach Osten, oder genauer nach Südosten, sich zu einem mächtigen Hochlande erhebe. Es ist dies im Mittelalter die erste Andeutung der Erkenntniß des innerasiatischen Plateaus. Im Gegensatz zu den furchtbaren Schneestürmen in der niedrigen turanischen Steppe, verlief auf dem Hochlande von Karakorum der Winter ohne Stürme, aber der Frost, mit wenig Schnee, dauerte bis in den Mai.
Durch sorgfältige Erkundigungen war Rubruck ferner in den Stand gesetzt, die Länder- und Völkergruppirungen in einem großen Theile Asiens in allgemeinen Zügen anzugeben. Nordwärts drang sein forschender Blick im europäischen Tieflande bis zu den Wohnsitzen der Russen, Wolgabulgaren und Baschkiren und weiter östlich in Sibirien bis zu den Kirghisen, die damals zwischen der oberen Tunguska und dem Jenisseï saßen. Er weiß von den polaren Völkern, daß sie mit Hundeschlitten und Schneeschuhen fahren, daß wegen der Kälte die mächtigen Schneemassen nicht mehr schmelzen; aber das Ende des Polarlandes im Norden, die Begrenzung Nordasiens durch ein Eismeer kennt er nicht. Dagegen gibt er mit Bestimmtheit an, daß Cathai gegen Osten an das Weltmeer reicht. Die Wohnsitze der Caule (Kaoli, Korea) und Manse (Mantschu) hält er aber noch für Inseln. Er spricht die Vermuthung aus, daß die Serer des Alterthums identisch seien mit den Cathaiern und charakterisirt ihre mit einem Pinsel gemalte Schrift unter allen Reisenden jener Zeit am treffendsten, wenn er sagt, ein einziges Schriftzeichen begreife mehrere Buchstaben in sich und drücke ein ganzes Wort aus, bei der Aussprache habe das Chinesische einen näselnden Ton. Auch die Schreibweise der Tibetaner, Tanguten, Uiguren faßt er in ihrem Unterschiede von der abendländischen Schrift richtig auf. Ueber den Glauben, die Sitten und Gebräuche dieser Völker fließen seine Beobachtungen mit ein, wie er auch der Zucht der Yakochsen ausführlich gedenkt; unverkennbar tritt das Bestreben hervor, die Fülle neuer Eindrücke ruhig zu prüfen und mit den Nachrichten der alten Schriftsteller zu vergleichen, beziehentlich dieselben zu verbessern.
4. Die Handelsreisen der Poli.
Einen noch größeren Erfolg als die Glaubensboten erzielten die Kaufleute in der Aufschließung des fernsten Orients. Daß hierbei vorherrschend Italiener thätig waren, erklärt sich aus der Entwickelung des Handels am Mittelmeer. Als nach dem Falle des weströmischen Reiches der Seeverkehr eine Zeit lang ganz darniedergelegen, traten die ersten Regungen in Beziehungen mit Byzanz unter dem Gothen Theodorich wieder hervor, der in der Hauptstadt des oströmischen Reiches erzogen war und die byzantinische Pracht und Kunst liebte. So entstanden von seiner Hauptstadt Ravenna aus die ersten Handelsverbindungen mit dem Osten, die aber in den Gothenkriegen unter den Nachfolgern Theodorichs wieder erstarben. Neue Keime bildeten sich bei dem völligen Zerfall einer einheitlichen Macht in Italien erst seit dem neunten Jahrhundert in einigen freien Städten und zwar zunächst in Amalfi am Golf von Salerno. Die Amalfitaner verfügten über eine ziemlich beträchtliche Flotte, besuchten Aegypten und Palästina, ja sie besaßen sogar ihre eignen Quartiere in Konstantinopel. Ihre Seegesetze (Tabula Amalphitana) erwarben sich allgemeine Geltung bei allen Schiffahrt treibenden Städten am Mittelmeer. Aber die Blüte Amalfis währte nur kurze Zeit; unfähig, auf den steilen Felsstufen sich auszudehnen und zu erstarken in Volkszahl, erlag die Stadt der mächtigen Rivalin Pisa. Pisa, Genua, Venedig rangen um die Wette, gewannen durch die Kreuzzüge einen ungeahnten Aufschwung und konnten sich so zuerst in den Ländern der Levante festsetzen. Im 12. Jahrhundert legten die Venetianer in den Häfen Syriens Factoreien an. Aber die Verbindung mit Indien, die bisher ihren natürlichen Weg übers rothe Meer und Aegypten gefunden hatte, erlitt seit der Eroberung des Nillandes durch Saladin um 1171 einen plötzlichen Abbruch. Die abendländischen Kaufleute suchten in Folge dessen einen andern Weg ins Morgenland, sie steuerten über das schwarze Meer zum Don, wo der Hafenplatz Tana aufblühte und reisten von hier zu Land nach Astrachan und durch die Steppen nach Inner-Asien. Auch der Hafenplatz Sudak in der Krim (Soldaja, Saldachia, Sugdaia, Sodaja) blühte auf mit seiner fast ausschließlich christlichen Bevölkerung. Ibn Baluta bezeichnete diesen Hafen als einen der schönsten der Welt. Griechische und italienische Handelsfamilien waren hier ansässig.
Ein anderer Weg nach dem Orient nahm seinen Anfang an der nordsyrischen Küste, in der Nachbarschaft des christlichen Königreiches von Kleinarmenien, welches den Abendländern sich stets gastfreundlich erwies. Vom Mittelmeer her landeten die Reisenden in Lajazzo (Layas), einem vortrefflichen Hafen, der neben den Trümmern des alten Aegae sich erhob und auf der Seeseite durch zwei Citadellen gedeckt war.
Als durch den lateinischen Kreuzzug 1204 Byzanz in die Gewalt der Venetianer fiel, wußten diese den Handelsweg über das schwarze Meer zu monopolisiren und schlossen die Nebenbuhlerin Genua vom Markte aus. Aber diese Handelspolitik rächte sich, als 1261 die Genuesen dem Paläologen Michael III. wieder den Thron in Byzanz verschafften und zum Dank dafür die Vorstädte Pera und Galata erhielten, welche sich zu genuesischen Städten umgestalteten. Nun besaßen sie den Schlüssel zum schwarzen Meere und verdrängten die Venetianer, welche wieder auf den südlichen Weg über Lajazzo angewiesen waren.
Dieser Herrschaftswechsel spricht sich auch in den verschiedenen Handelswegen aus, welche die venetianischen Kaufleute, die Gebrüder Poli einschlugen, um nach dem Innern Asiens zu gelangen. Die Poli gehörten zu den Patriziern, denn in Venedig nahm auch die Aristokratie an den Handelsunternehmungen Theil.
Stammbaum der Familie:
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GRÖSSERE BILDANSICHT
Marco der ältere scheint eine Zeit lang in Konstantinopel etablirt gewesen zu sein und ein Haus in Soldaia besessen zu haben. Seine Brüder Nicolo und Maffeo unternahmen ihre erste Reise nach Konstantinopel im Jahre 1260, kauften hier byzantinisches Geschmeide ein, welches unter den Mongolen sehr geschätzt war und tauschten außerdem ihre venetianischen Waaren gegen Edelsteine um. Ihre Absicht war, zunächst den Fürsten von Kiptschack zu besuchen.
Damals regierte von 1257–1265 Barka (Berke, Berekeh),