»Das war bisher vielleicht der Fall, aber wenn wir erst mal verheiratet sein werden, Kinder haben, wird er keine Lust mehr haben, durch die Welt zu reisen.«
»Bettina, Jan wird sich nicht verändern, er ist ein unruhiger, neugieriger Geist, für den, das, was er tut, mehr ist als nur ein Job.«
»Aber Jan liebt mich.«
»Ja, das tut er, sagte ich doch schon, aber weißt du, Bettina, die Schriftstellerin Daphne du Maurier hat mal etwas gesagt – Frauen wollen in der Liebe Romane erleben, Männer Kurzgeschichten.«
»Was willst du damit sagen, Isabella?«
»Dass es unterschiedliche Betrachtungsweisen gibt, unterschiedliche Erwartungshaltungen … Frauen empfinden in der Regel tiefer, möchten den geliebten Mann ständig um sich haben, das wollen Männer aber nicht.«
»Und wie war es mit dir und Boris?«
»Auch so, für ihn zählte zuerst sein Job, danach kam ich.«
»Na ja, das kannst du nicht miteinander vergleichen. Boris Adrimanow war ein weltberühmter Geiger.«
»Jan ist ein berühmter Journalist. Bettina, schau mal, wir müssen das doch jetzt nicht zerreden. Jan liebt dich so sehr, dass er seinen Prinzipien untreu werden will und dich heiratet. Das ist wunderbar. Du musst dich nur von der Illusion frei machen, dass Jan deswegen sein Leben, trotz aller guten Vorsätze, verändern wird. Finde dich damit ab, und erspare dir eine Enttäuschung … Vielleicht ist es doch auch sogar gut, wenn Paare nicht ewig aufeinanderglucken, das erhält die Spannung, weil das Wiedersehen umso schöner ist.«
Isbella konnte jetzt reden und reden, vielleicht mochte eine solche Lebensform für sie infrage kommen, sie hatte selbst einen Beruf, bei dem sie ständig unterwegs war, weltweit. Aber sie, Bettina, wohnte im beschaulichen Fahrenbach auf dem noch beschaulicheren Fahrenbach-Hof und wünschte sich einen Partner, der mit ihr lebte, auch den Alltag lebte.
Nein!
Sie wollte nicht auf Isabella hören, die konnte auch nicht alles wissen, schließlich hätte auch sie niemals damit gerechnet, dass Jan ihr einen Heiratsantrag machen würde. Doch er hatte es getan, wenn auch auf ungewöhnliche Weise, praktisch schriftlich per Expressboten. Aber so war Jan nun mal. Auf jeden Fall hatte er vor seiner jetzigen Mission klare Verhältnisse schaffen wollen.
Isabella dauerte Bettinas Schweigen zu lange.
»Bist du jetzt sauer auf mich?«, erkundigte sie sich leise. »Das musst du nicht, und ich wollte auch nicht den Teufel an die Wand malen, sondern dir nur eine Enttäuschung ersparen. Jan mag es dir ja versprochen haben, kürzer treten zu wollen, doch dieses Versprechen wird er niemals einhalten. Ich kenne ihn doch … Aber komm, lass uns über etwas anderes reden, ehe wir noch aneinandergeraten. Wie geht es Leni? Ich habe versucht, sie anzurufen, aber da hat sich niemand gemeldet.«
»Nein, sie ist mit Arno nach Bad Helmbach gefahren, um sich eine Komödie anzusehen, du glaubst nicht, welche Mühe sie hatte, Arno vom Hof wegzulotsen.«
Isabella lachte ihr betörendes Lachen, das Millionen ihrer Fans dahinschmelzen ließ.
»Das kann ich mir vorstellen. Und Toni, wie geht’s dem?«
»Der wird in Kürze seine Babette heiraten und danach die kleine Marie adoptieren … Ach, Isabella, es macht mich so froh, dass er eine neue Liebe gefunden hat … Er und Babette sind übrigens froh darum, ganz eng miteinander sein zu dürfen, Leni und Arno sind es auch, Markus und seine Yvonne, und wenn Martin nicht tödlich verunglückt wäre, die wären noch enger als eng.«
Wieder dieses unvergleichliche Lachen.
»Bettina, du kannst all diese wunderbaren Menschen nicht mit Jan auf eine Stufe stellen. Er würde sich sofort eingeengt fühlen. Du weißt doch, wie schwer es ihm fällt, sich in das Gefüge bei euch auf dem Hof einzufügen, während ihr Anderen nicht genug voneinander bekommen könnt. Jan ist wie er ist, und du hast doch offenbar kein Problem damit, und das ist gut so. Lass ihn kommen und gehen, und du wirst den glücklichsten Menschen an deiner Seite haben.«
Ihn kommen und gehen lassen? Das war nicht ihr Lebenstraum. War dann Jan nicht der Richtige für sie? Vor ihr geistiges Auge schob sich Thomas’ Bild … Was sollte das denn, jetzt an ihn zu denken. Der war doch auch gekommen und gegangen wie er wollte, und sie war die in der Warteschleife gewesen. Vielleicht war es ja ihre Vorbestimmung, immer auf den Mann ihrer Liebe zu warten. Oder aber, sie musste ihr Bild vom Zusammenleben revidieren. Konnte es sein, dass sie sich etwas vormachte, dass sie von etwas träumte, was es überhaupt nicht gab?
Nein, das war Unsinn. Sie hatte ringsum doch den Beweis dafür, dass herkömmliche Partnerschaften funktionierten, sehr gut funktionierten.
Sie wollte sich da nicht hineinsteigern, also wechselte sie abrupt das Thema.
»Jetzt haben wir die ganze Zeit über mich geredet und über Jan, dabei bist du zu kurz gekommen. Wie war es denn so in Hollywood inmitten all der Filmgrößen. Und ist Los Angeles eine schöne Stadt?«
Wieder dieses Lachen.
»Liebste Bettina, stell dir das Drehen dort bloß nicht zu romantisch vor. Ich habe die meiste Zeit in einer zugigen Halle verbracht, in der die Kulissen hin und her geschoben wurden, und außer meinen Filmpartnern habe ich niemanden gesehen, weil ich nach dem Dreh nur noch meine Ruhe haben wollte. Und Los Angeles? Da sind nur die Außenbezirke schön, in denen die Stars ihre beeindruckenden Villen haben, ansonsten ist die Stadt eine Ansammlung unendlich langer Straßen, auf denen sich Autokarawanen bewegen … Ich habe, obschon ich bereits mehrere Filme dort gemacht habe, keinen Eindruck von der Stadt, die mir ein wenig seelenlos vorkommt. Es ist kein Vergleich zu New York.«
Bettina musste bei der Nennung von New York wieder an Thomas denken, der dort lebte und sie niemals bei sich haben wollte.
Isabella erzählte von ihren Filmarbeiten, doch Bettina hörte nur mit halbem Ohr zu.
Sie wusste selbst nicht, was mit ihr los war, und das Gespräch mit Isabella hatte auf jeden Fall nicht die Wirkung auf sie, die sie sich erhofft hatte. Im Gegenteil – sie hatte ihr bezüglich des künftigen Zusammenlebens mit Jan so einige Illusionen geraubt.
So gern sie Isabella mochte, und so gern sie sich auch mit ihr unterhielt. Heute war sie froh, als das Telefonat endlich vorbei war.
Jan …
Thomas …
Nein, Thomas nicht, sie wollte nicht an ihn denken, sie gehörte zu Jan, und er würde sesshaft werden, dessen war sie sich sicher.
Sie griff zum Telefon und rief bei Toni und Babette an. Toni meldete sich.
»Kann ich euch ein wenig auf die Nerven gehen?«, erkundigte Bettina sich, »oder habt ihr etwas Besonderes vor?«
»Nö, haben wir nicht. Komm vorbei, wir freuen uns.«
Das ließ Bettina sich nicht zweimal sagen, sie legte das Telefon weg und stand auf.
Bewaffnet mit einer Flasche Chateau-Wein machte sie sich wenige Minuten später auf den Weg. Sie freute sich auf das Beisammensein mit Toni und Babette, sie mochte beide gern, und ein Gespräch mit ihnen würde sie von Thomas, aber auch von Jan ablenken und dem, was Isabella ihr da erzählt hatte.
Als sie über den Hof ging, sah sie in fast allen Fenstern des ehemaligen Gesindehauses Licht brennen. Ja, Babette leistete wirklich gute Arbeit. Sie waren ziemlich ausgelastet und hatten bereits Vorausbuchungen von Gästen, die bereits auf dem Hof gewesen waren und denen es so gut gefallen hatte, dass sie wiederkommen wollten.
Auch Dorothea Steinbrecher hatte sich angemeldet, sie würde in den nächsten Tagen kommen. Was Bettina allerdings verwunderte, sie wollte allein kommen und hatte von Dr. Umleitner nichts gesagt, den sie auf dem Hof kennengelernt und in den sie sich verliebt hatte, so sehr, dass sie sogar geplant hatte, ihn in der Fahrenbacher Kapelle zu heiraten. Wollte sie kommen, um
alles festzumachen? Nun, Bettina freute sich auf jeden Fall auf den Besuch