VERRÄTER (Extreme 2). Chris Ryan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Chris Ryan
Издательство: Bookwire
Серия: Extreme
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958352704
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Pässe, die von einem Gummiband zusammengehalten wurden. Wie ein Geschenk von einem geheimen Geheimdienst-Weihnachtsmann.

      »Acht britische Pässe, alle Eigentum Ihrer Majestät, mit gefälschten biometrischen Daten, sowie 7.200 Dollar in sauberen Scheinen«, erklärte Antonia. »Das sollte Ihre Ausgaben abdecken. Obwohl es mich wundern würde, wenn Sie es nicht komplett für Southern Comfort auf den Kopf hauen.«

      Da war noch etwas in der Tasche. Bald fischte es heraus.

      »Was ist das denn?«

      Er hielt einen gedrungenen Smith&Wesson-637-Revolver in der Hand. Dieser war keine zwanzig Zentimeter lang und wog kaum mehr als 450 Gramm. So weit, so gut. Aber Bald war angepisst, denn der Griff war pinkfarben. Der Revolver war eine von den Waffen, die man für Frauen entwickelt hatte, und die problemlos in eine Handtasche passten. Dem Gewicht nach zu urteilen war er nicht geladen, aber Bald ließ trotzdem den rostfreien Stahlzylinder herausschnappen, um sicherzugehen. In der Tasche befand sich auch noch eine Schachtel mit .38er Specials.

      »Das ist die einzige Waffe, die ich auf die Schnelle besorgen konnte.«

      »Verdammt, wenn ich damit auf irgendeinen Wichser ziele, ist es wahrscheinlicher, dass er sich totlacht, als an einer Schusswunde zu sterben.«

      Die Straße wand sich durch eine Bergkette und fiel stetig durch das schroffe Gelände Hidalgos ab. Sie schlängelte sich durch einen Talkessel, dessen Berghänge mit einem ausgedehnten Dschungel aus Kiefern und Eichen bewachsen waren.

      »Sie trinken, um etwas loszuwerden, oder?«, fragte Antonia.

      Bald lehnte seinen Kopf gegen die Kopfstütze an seinem Sitz. »Wir haben also noch etwas gemeinsam.«

      »Und das wäre?«

      »Sie sehen nicht einfach nur gut aus.«

      Antonia schwieg für eine ganze Weile. Dann platzte sie mit einer Frage heraus. »Was hat es mit Ihren Kopfschmerzen auf sich?«

      »Die hab ich, seitdem ich in Belgrad zusammengeschossen wurde«, sagte Bald. Auf dem Armaturenbrett stand eine Wasserflasche. Er nahm einen tiefen Schluck daraus. »Eine von den verdammten Kugeln ist in meinem Schädel herumgetanzt. Hat mir die Großhirnrinde durchschlagen und ist an der linken Schulter wieder rausgekommen.«

      Er zog den Kragen seines Poloshirts herunter und deutete auf eine weißliche Stelle auf seiner Haut, oberhalb seines Schulterblattes. »Die Ärzte meinten, meine motorischen Fähigkeiten seien intakt, aber der Schaden am Cortex wäre permanent.«

      »Welche Art von Schaden?«

      »Gedächtnisverlust, Kopfschmerzen, Halluzinationen, Paranoia. Das Übliche.«

      »Haben Sie deswegen auch Ihr Tourette?«

      »Manche Typen aus dem Regiment fluchen noch zehnmal schlimmer als ich.«

      »Weiß Danny von der Migräne?«

      Bald zuckte mit den Schultern. »Würde es ihn einen Dreck kümmern?«

      Bald trank das restliche Mineralwasser aus, kurbelte sein Fenster herunter und warf die leere Flasche auf die Straße. Er scherte sich nicht um Recycling, genauso wenig, wie er sich um Joghurts, Zumba-Fitness oder Apfelwein scherte. Soweit es ihn anging, war die Welt sowieso schon im Arsch, ganz egal, wie groß oder klein sein CO2-Fußabdruck war.

      Sie fuhren auf der Mexico 105 tiefer nach Hidalgo hinein. Wie Pockennarben standen triste armselige Hütten und heruntergekommene alte Pick-ups in der Landschaft. Bald sah keine Menschen, nur müde Hühner, die in der Erde pickten.

      Er sah auf seine Aquaracer. Es war 13:58 Uhr. Achtzehn Stunden, seit er in Lydd abgeflogen war. Noch vierundfünfzig Stunden vor ihm. Wenn er an der Grenze angekommen war und sich von dort durch Texas auf den Weg in den Osten Floridas machte, würden ihm weniger als achtundvierzig Stunden bleiben, um Laxman zu observieren und Cave Bericht zu erstatten. Und ihn dann umzulegen.

      Außerdem dachte er über die fünf Millionen nach. Egal, was er Antonia erzählt hatte – natürlich interessierte ihn das Geld. Geld würde einen nicht glücklich machen, hieß es. Bald war der Ansicht, dass nur bettelarme Idioten so einen Quatsch glauben konnten. Er hatte erlebt, wie Kumpel aus seinem Regiment ihre privaten Militärfirmen für zehn Millionen und mehr an die großen Rüstungskonzerne verscherbelt hatten. Jetzt verprassten sie ihr Geld in Abu Dhabi und Kalifornien, und Bald wollte endlich etwas vom Kuchen abbekommen. Verdammt, wenn diese Mission vorüber war, würde er seine Aquaracer verkaufen und sich eine Porsche Design Indicator P6910 leisten. Die hatte er im Forbes-Magazin gesehen. Hergestellt aus Titanium, und mit Rotgold verziert. Kostenpunkt 225.000 Dollar. Mit Autos hatte er nicht viel am Hut. Er sah keinen Sinn darin, achtzig Riesen für ein Auto auszugeben, nur um dabei zuzusehen, wie die Kiste in dem Moment, wo man sie aus dem Ausstellungsraum fuhr, zwanzigtausend Dollar an Wert verlor. Uhren hingegen stiegen im Wert.

      Er konnte sich vorstellen, dass sie gut an seinem Handgelenk aussehen würde. Damit würde er Weiber wie Antonia überall wie ein Magnet anziehen. Die würden sich anstellen müssen, um ihm einen zu blasen.

      »Scheiße«, sagte Antonia und hieb mit ihren Handflächen gegen das Lenkrad. Bald sah sie an und fragte sich, was los war. Ihre Pupillen waren so groß wie Pokerchips, und sie starrte in den Rückspiegel. Bald folgte ihrem Blick und sah, dass ein weißer Dodge Charger das Bild im Spiegel ausfüllte.

      Der Motor dröhnte. Er raste mit vollem Tempo auf sie zu.

      Kapitel 14

       14:02 Uhr

      Der Dodge war zwanzig Yards weit entfernt und kam schnell näher. Bald sah, wie er im Rückspiegel immer größer wurde. »Keine Nummernschilder. Getönte Scheiben.«

      »In Mexiko bedeutet das Narco-Cops«, sagte Antonia.

      Aber Bald dachte an die Zombies aus Mexiko City zurück. Er fragte sich, ob sie irgendwie mit seiner Vergangenheit zusammenhingen, als er in Brasilien Drogen schmuggelte und Cops erschoss. Vielleicht holte ihn das jetzt wieder ein. Aber er entschied, diese Vermutung nicht mit Antonia zu teilen.

      Sie rasten an einem verbeulten Schild vorbei. Bienvenido a San Hernando. Población 7569. stand darauf zu lesen. Die Stadt war ein kaum sichtbarer, scheinbar wahllos dahin gewürfelter Flecken vor dem Hintergrund rötlicher Berge am Horizont. Wir haben immer noch vier Meilen vor uns, dachte Bald. Und keine weitere verdammte Menschenseele auf der Straße. Die perfekte Gelegenheit, um ein paar Gringos als Geiseln zu nehmen.

      Jetzt trennten den Charger nur noch zehn Yards von ihrer Stoßstange. Sie mussten schneller werden, dachte Bald, und zwar sofort. »Legen Sie einen Zahn zu«, sagte er.

      Antonia nickte hastig und trat das Gaspedal durch. Das Chassis des Nissan begann zu vibrieren. Der Tacho zeigte achtzig Meilen pro Stunde an, und der Motor begann, ein seltsames, ratterndes Geräusch von sich zu geben.

      Da waren sie also, am Arsch der Welt, Mexiko, mit einem Auto der Drogenfahndung, dass sich schnell näherte. Und obwohl Antonia den Nissan bis aufs Äußerste antrieb, blieb der Dodge mit zehn Yards Abstand an ihnen hängen, wie ein übler Geruch.

      »Drücken Sie auf die Tube«, forderte Bald Antonia auf. Sie trat das Gaspedal bis zum Boden durch. Die Tachonadel kletterte auf 140 km/h, und kämpfte dann mit der 150. Schließlich verweilte sie zitternd auf der 155, und das Chassis um sie herum ratterte so laut, dass Bald es in seinem Kopf dröhnen hörte. Der Motor des Sentra gab alles. Aber Bald wusste, dass das nicht reichen würde. Der Charger holte immer noch auf. Jetzt trennten ihn weniger als zehn Yards von ihnen.

      Bald wusste auch, dass der Charger über ein Biest von einem Motor verfügte. Damit brachte man es auf über 160 Meilen pro Stunde. Der Wagen tat genau, was sein Name versprach. Er stürmte heran. Der Nissan Sentra war hingegen eine lahme Ente. In einem Wettrennen würden sie verlieren.

      Der Charger fuhr jetzt beinahe parallel zu ihnen und röhrte zornig. Bald verlagerte seine Position, um näher an Antonia heranzurücken. Ich