VERRÄTER (Extreme 2). Chris Ryan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Chris Ryan
Издательство: Bookwire
Серия: Extreme
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958352704
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möglich von Cave und der Firma wegkommen wollte. Nein, er würde nicht alles sausen lassen, was er besaß. Nicht mal für fünf Millionen Pfund.

      »Sie können nicht abhauen!«, rief Cave ihm nach.

      Und ob ich das kann, Kumpel, dachte Bald.

      Er lief noch ein paar Schritte weiter, doch dann ließ ihn ein kalter Kreis in seinem Genick erstarren.

      Eine ihm unbekannte Stimme sagte: »Noch ein Schritt, und ich lege Sie um.«

      Während Bald noch darüber nachdachte, wer ihm zum Teufel eine Waffe gegen den Hals hielt, schälten sich ein halbes Dutzend Schemen aus dem Dunkel und betraten das grelle Licht der Rollbahn. Sie alle trugen die gleichen grauen Anzüge mit weißen Hemden und schwarzen Krawatten. Und sie waren auch gleich bewaffnet. Jeder von ihnen trug eine Sig Sauer P229 Halbautomatik bei sich.

      Die Laufburschen der Firma, wurde Bald klar. Er hörte das Klackern von Schuhen auf dem Asphalt. Auf sechs Uhr blieben sie stehen.

      »Dachten Sie wirklich, dass es so leicht wäre?« Cave klang belustigt. »John, es bleibt dabei, dass Sie diesen Job machen werden. Und jetzt steigen Sie in das verdammte Flugzeug. Wir sind schon hinter dem Zeitplan.«

      Bald wusste, dass es zwecklos war, davonzurennen. Die Laufburschen würden ihn niedermähen, noch bevor er in Sicherheit war. Er drehte sich um und folgte Cave widerwillig zu der Gulfstream. Als er das obere Ende der Treppe erreichte, war Bald außer Puste. Er trat durch die Eintrittsluke und fand sich in der Hauptkabine wieder. Der Geruch von frischem Leder, walnussartig und texturiert, traf ihn. Und er roch noch etwas anderes, etwas Widerliches. Er konnte es nicht einordnen. Er sah sich in der Kabine um. Zu seiner Linken, an Steuerbord, befand sich die Bordkombüse nebst Lagerraum, vollgestopft mit Bestecken und Tellern, ein Wasserfilterungssystem und einer Kaffeemaschine.

      Dann sah Bald nach rechts, in den Hauptraum der Kabine, und sog die Luft ein.

      Kapitel 9

       01:00 Uhr

      In der Kabine gab es zwölf Sitze. Oder zumindest war die Kabine ursprünglich auf zwölf Sitze ausgelegt gewesen. Jetzt waren davon nur noch vier übrig. Das waren die vier, die sich in der Nähe einer zweiten Küche an Achtern und den Toiletten befanden. Lampen in der Decke der Kabine beleuchteten den Bereich dunkleren Teppichs und die Schraubenlöcher im Boden, wo man die anderen acht Sitze entfernt hatte.

      An deren Stelle befanden sich ein paar Dinge, die man nicht in einer Werbebroschüre für die Gulfstream finden würde. Am Boden waren Sicherungshalterungen befestigt worden. Neben den Ketten lag ein Haufen schwarzer Kapuzen, und in der hinteren Kombüse stapelten sich Polizeischlagstöcke und Krokodilklammern. Bald bemerkte außerdem auch ein Stromkabel, dass sich aus dem hinteren Teil hervor schlängelte.

      »Entschuldigen Sie die Unordnung«, sagte Cave. »Wir mussten uns den Vogel von der Agency borgen. Kürzungen und so.«

      »Was soll der ganze Scheißdreck hier?«

      Cave räusperte sich und antwortete: »Die Agency benutzt sie für unverhoffte Zwischenlandungen. Normalerweise landen sie in Taschkent oder in Warschau, aber die Dringlichkeit der Mission zwang uns, die erstbeste Maschine zu nehmen, die verfügbar war. Sie hatten noch nicht hinter sich sauber gemacht.«

      »Außergewöhnliche Inneneinrichtung«, sagte Bald.

      »Ja«, knurrte Cave. »Sie nennen dieses kleine Baby den Guantánamo Express.«

      Bald hatte genug Verhöre geführt und auch den einen oder anderen Bastard gefoltert. Aber in dieser Kabine lief es ihm trotzdem kalt den Rücken herunter.

      Cave griff in seine Tasche und übergab Bald ein klobiges schwarzes Mobiltelefon mit einfachem Tastenfeld, das so schwer wie ein Ziegel anmutete.

      »Ein Wegwerf-Telefon. Wir nennen die Teile ›Burner‹. Prepaid. Die Nummer ist auf niemanden registriert, also lässt sie sich unmöglich auf Sie oder jemand anderen zurückverfolgen.« Dann holte er noch eine ungebrauchte kleine Dose hervor. »Darin befinden sich fünfzig SIM-Karten. Achten Sie darauf, dass Sie nach jedem Anruf die SIM-Karte wechseln und die alte vernichten. Auf die Art kann man weder Ihren Anruf verfolgen, noch Ihre Position mittels Triangulation ausfindig machen.«

      Bald tippte auf den Tasten herum. Das Burner-Telefon war prähistorisch, aber andererseits brauchte Bald auch kein Telefon, auf dem man Angry Birds spielen konnte.

      »Ich nehme Ihr Telefon, Ihre Brieftasche und Ihre Schlüssel an mich«, sagte Cave. Als er Balds Zögern bemerkte, fügte er noch rasch hinzu: »Keine Sorge. Die kriegen Sie zurück, sobald die Mission ausgeführt wurde.«

      Bald leerte seine Taschen, und Cave zauberte eine Ziplock-Tüte hervor, in der er das iPhone, die Brieftasche und den Schlüsselring versiegelte. Es erinnerte Bald daran, in einer Polizeizelle eingebuchtet zu werden.

      »Zwei Dinge noch«, sagte Cave. Bald fiel es schwer, sich zu konzentrieren. Der Alkohol und die Medikamente hatten ihn müde gemacht. Er konnte nur mit Mühe seine beschissenen Augenlider offenhalten. »Nummer Eins – wir unterhalten uns nur über Code. Ich schätze, Sie kennen diese Prozedur noch aus Ihrer Zeit beim Regiment.«

      Bald nickte zornig. »Birthday Cake - Geburtstagstorte ist ein Beispiel, das sie uns in Herford beigebracht haben. Der CIA benutzt es als Codewort für eine Bombe. Wann immer jemand in Amerika telefoniert und Geburtstagstorte sagt, gehen bei der National Security Agency die roten Warnlichter an.«

      »Korrekt«, sagte Cave. »Wir wissen, dass die NSA jede Konversation überwacht und jede E-Mail und Textnachricht liest, von jedem, der in den Vereinigten Staaten in irgendeiner Form kommuniziert. Aber es gibt eine Möglichkeit, das zu umgehen.«

      »Wie?«

      »Wir kommunizieren über Hotmail.«

      »Aber sagten Sie nicht, dass die NSA die E-Mails überwacht?«

      »Nur, was Sie durch den Äther schicken. Aber wir schicken uns keine E-Mails. Wir korrespondieren über Entwürfe. Ich schreibe Ihnen eine E-Mail und speichere sie als Entwurf. Sie öffnen den Entwurf, lesen ihn, löschen ihn, und dann schreiben Sie wiederum Ihre Antwort und speichern sie als Entwurf. Wir beide checken täglich unseren Account. Wenn ich einen Entwurf gespeichert hatte und sehe, dass er gelöscht wurde, weiß ich, dass Sie ihn gelesen haben.«

      »Und die NSA kann nicht sehen, was wir schreiben?«

      »Nein. Das ist hundertprozentig sicher.«

      Cave sah erneut auf die Uhr und gab zu verstehen, dass die Unterhaltung beendet war.

      »Sie werden in Mexiko City kurz nach sieben Uhr morgens landen. Jemand wird Sie dort in Empfang nehmen. Suchen Sie nicht nach ihr – sie wird Sie finden. Sie wird Sie mit einem Pass, Bargeld und einer Route über die Grenze versorgen. Sobald wir den Schläfer identifizieren konnten, werden Sie ihn ausschalten. Lassen Sie es wie einen Unfall aussehen. Je unauffälliger die Umstände sind, umso geringer die Chance, dass man Sie schnappt.«

      Cave kehrte Bald den Rücken zu und bewegte sich zum Ausgang des Flugzeugs. Aus einer unscheinbaren Nische an der Steuerbordseite erschien eine Stewardess. Ihre Titten beulten die enge Bluse aus, die sie trug, und die oberen beiden Knöpfe waren offen. Bald stellte sich vor, wie er eine Hand hineinsteckte und eine ihrer Titten umfasste. Er musste an Lena denken und seine Eier waren nun schon so geschwollen wie zwei blaue Bowlingkugeln.

      »So wie's aussieht, haben Sie zumindest eine Sache hingekriegt«, rief Bald Cave hinterher. »Die Bordunterhaltung.«

      Die Stewardess lächelte dünn und strich sich ein paar glänzende Haarsträhnen hinters Ohr. Bald hielt sie für eine Thai, und das machte ihn nur noch geiler. In der letzten Zeit hatte er ein Faible für asiatische Frauen entwickelt.

      »Was zu trinken?«, fragte sie.

      »Rum mit Cola«, sagte Bald und sah sie an.

      Sie nickte und verschwand in der Küche.

      Cave