An der abschüssigen verschneiten Wiese angelangt wieder die Skier angeschnallt und ab ging die Fahrt. Aber nur 20 Meter. Unterwegs hatte sich ein Hügel Schnee gebildet und als ich ihn überfuhr verlor ich mein Gleichgewicht. Anstatt die Skistöcke sofort wegzuschmeißen, versuchte ich mich mit den Dingern zu halten, was mir aber nicht gelang. Ich rutsche immer noch und hatte schon die Skibretter vorne über Kreuz. Ich verhakelte mich mit den Stöcken im Schnee, aber da war es schon zu spät. Ich flog nach hinten – RUMS – auf den Rücken. Die Skier zu beiden Seiten verdrehten mir die Beine. Einen Stock ließ ich endlich los und der rutschte den Abhang ein Stück runter. Den anderen hatte ich noch fest in der Hand.
Ich konnte keine Luft holen. Ich rang nach Luft, japste nur noch. Ich konnte weder nach Hilfe rufen, noch Aufstehen, aber gerade das verlangten jetzt meine Eltern von mir und riefen: „Komm steh auf und gleich nochmal probieren“.
Aber der arme Junge konnte nicht aufstehen. Irgendwann so nach gefühlten 3 Stunden kamen meine Eltern zu mir und erst da bemerkten sie, dass ich gar nicht aufstehen konnte. Meine Mutter war außer sich vor Sorge. Mein Vater stellte mich wieder auf die Bretter. Ich wäre gleich wieder gerutscht, hätte er mich nicht festgehalten. Ich beugte mich etwas nach vorne und dann konnte ich wieder Luft holen. Ganz tief Luft holen. Dann war auch meinen Eltern klar, dass ich fast erstickt wäre.
Ich hatte sofort die Schnauze voll von den blöden Skiern und wollte an diesem Tag auf gar keinen Fall mehr Skilaufen. Und auch am nächsten Tag nicht und gar keinen Tag mehr. Das eine Mal reichte mir völlig. Was für ein bekloppter Sport auf Brettern und mit 2 Stöcken... Ne, das war gar nix für mich.
Ich bekam ein Jahr später Gleitschuhe geschenkt. Das war mein Ding. Kleine Rutschfläche unterm Schuh, fest angezogen. Damit konnte ich umgehen. Damit konnte ich laufen und Gas geben. Ob flachabfallende oder steile Abhänge. Da machte mir kaum einer was vor. Da ragte nix Meterlang nach vorne und hinten. Mit Gleitschuhen war ich wendig und schnell.
Wieso gibt es die Dinger heute nur bis Größe 30, maximal bis 41? Und nur für Kinder? Die würde ich wiederkaufen, wenn es sie in größere Größen geben würde. So ein Mist aber auch.
Kapitel 13: Schlittschuhlaufen mit Rums
Gleitschuhe haben eine breite Lauffläche. Optimal für Schnee. Bei Eis sollte man schon besser Schlittschuhe haben. Meine Schwester Vera hatte welche und ich, 2 Jahre jüngerer Bruder, konnte ihre Schlittschuhe anziehen und hatte noch Luft für dicke Socken.
Mein Vater kam im Winter 1975 auf die glorreiche Idee auf einem kleinen Teich, dem sogenannten Kolk, mitten in seinem Jagdrevier Schlittschuh zu fahren. Der Teich wäre zugefroren und eine dicke Eisschicht würde uns tragen können. Na bestens, dann mal los.
Mit von der Partie waren meine Mutter mit den Schlittschuhen meiner ältesten Schwester Gunilla, mein Vater, der nur in Winterschuhen steckte und auf seinen Sohlen rutschen wollte und ich.
Wir fuhren nach Werdohl-Elverlingsen und latschten durch den Wald bis zum Kolkteich. Schlittschuhe angeschnallt und ab geht die Fahrt bis...
RUMS – wieder lag ich mal auf dem Rücken und japste nach Luft. So ein Mist. Schon wieder. Wieder musste mein Vater dafür sorgen, dass ich zu Luft kam. Ich ruhte mich ein wenig aus und dann wieder aufs Eis und... RUMS – da lag dann auch meine Mutter auf dem Eis. Nicht auf dem Rücken, sondern auf der Seite. Die Hüfte tat ihr weh. Sie biss die Zähne zusammen und versuchte nochmals auf den Kufen zu kurven, aber wieder kam sie ins Schwanken und wäre fast wieder hingeknallte. Tippel-Schritte und sonst kein laufen, fahren oder gleiten.
Ich bekam wieder Luft und glitt wieder aufs Eis. Der Teich war wirklich dick zugefroren, also brauchte man keine Angst zu haben einzubrechen. Es hatte aber den Tag über geschneit und eine lose Pulverschneedecke bedeckte Mal mehr, mal weniger die Eisfläche. Und wieder stolperte ich und nochmals und schon wieder... konnte mich aber immer wieder fangen. Was war denn unter dem Schnee?
Ich rieb ein Stück Eis frei. Na klar, altes Treibholz, Stöcke, Äste, ganze Baumstämme ragten manchmal nur Millimeter, manches Mal zwei – drei Zentimeter aus dem Eis. Umschlossen von Eis. Das war keine Eisfläche, sondern ein Hindernislauf. Nie konnte man sicher sein, dass auch wirklich Eis unter den Kufen beim nächsten Schritt sein würde.
Meine Mutter und ich fluchten und hatten die Schnauze gestrichen voll. Mein Vater lachte die Probleme weg und fand die ganze Sache noch ziemlich spannend, trottete dann aber hinter uns her, als meine Mutter und ich den Rückweg antraten. Am Ufer erst die Schlittschuhe ausgezogen und dann wieder durch den Wald zurück.
Nach dem RUMS auf den Skiern wollte ich nie wieder Skilaufen. Aber nach dem RUMS mit Schlittschuhen auf dem Eis stellte ich mich immer mal wieder mit Schlittschuhen aufs Eis, aber dann auf Eisflächen einer Eishalle.
Noch heute fahre ich immer mal wieder gerne auf dem Eis. Ich kann keine Pirouetten und Rückwärtslaufen, den doppelten Axel-Brecher oder den dreifachen Rittberger-Kracher springen, aber ich kann mich gut oben halten. Das ist doch auch schon mal was.
Und im Sommer fahr ich gerne auf Skatern durch die Gegend. Anstrengend aber gut!
Kapitel 14: Handgelenksverstauchung
1975, im 9ten Schuljahr wurde aus der Tanz-AG eine Volleyball-AG. Nur Mädchen und ich. Ich war der Hahn im Korb. Wenn es galt eine Mannschaft auszuwählen, wurden zwei Mädchen ausgesucht, die dann mit „Piss-Pott-Schritten“ aufeinander zugingen. Wer als erster den Fuß des anderen belatschte hatte gewonnen und durfte als erster auswählen. Ich wurde immer als Erster ausgewählt. Weil ich mich voll reinkniete in das Spiel. Voller Körpereinsatz war mein Motto. Meine Aufschläge waren berüchtigt und hatte die andere Mannschaft... äh... besser Frauschaft, also die andere Frauschaft in die Verzweiflung getrieben.
Ich schlug auf und knallte den Ball „volle Kanne“ über das Netz. Die Damen auf der anderen Seite wollten ihn erreichen, aber der Ball war unhaltbar und es gab einen Punkt für unsere Frauschaft und mich.
Allerdings hing mein Handgelenk nach diesem Aufschlag völlig taub herunter und ich musste aufhören zu spielen. Es schmerzte höllisch. Ich musste zum Arzt.
Na klasse. Sport ist doch Mord! Mein Handgelenk war verstaucht und sollte in Ruhestellung verbleiben. Das hieß 4 Wochen einen Gipsverband tragen.
Toi – toi – toi – 3-mal auf Holz gekloppt – ich habe mir nie einen Knochenbruch zugezogen. Noch nie. Das sollte auch so bleiben. Aber diese Verstauchung war langwierig und nicht immer angenehm.
Nur noch mit den äußersten Fingergliedern konnte ich einen Kuli halten und schreiben. Natürlich musste es ja das Aufschlagsgelenk des rechten Armes sein. Ich bin nun mal Rechtshänder. Mit links kann ich nicht schreiben. Also bemühte ich mich irgendwie im nachfolgenden Unterricht meine Hand zu schonen mit dem Gips, aber gleichzeitig meine Fingerfertigkeit mit den Fingerspitzen auszuführen.
Was hat es unter dem Gips gejuckt. Wie Teufel! Mit einem Lineal fuhrwerkte ich unter dem Gips rum, um die juckenden Stellen zu erreichen.
Nach 4 Wochen kam der Gips runter. Danach bekam ich ein Lederstützband mit Schlaufe für den Daumen und trug dieses Ding fast durchgängig bis zu meinem 25ten Lebensjahr. Im Büro sowieso, für Schreibmaschinen- und Computer-Tippsereien. Zuhause und überall sonst. Ich fand den Lederriemen sogar kleidsam. Der machte was her.
Irgendwann mit 25 legte ich das Ding ab. Ich benutzte es nur noch, wenn ich wieder mal das Handgelenk überangestrengt hatte.
Kapitel 15: „Ich gehe meilenweit...“
1976, im zarten Alter von 13 Jahren hatte ich zum ersten Mal geraucht. Ein älterer Schüler ließ mich zweimal von seiner Zigarette ziehen.
„Du scheißt Dir doch sofort ins Höschen“.
Nö, ich schiss mir nicht ins Höschen, aber beim zweiten Raucheinziehen musste