Mann und Weib. Уилки Коллинз. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Уилки Коллинз
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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in demselben träumerisch abwesenden Tone, in welchem er dem Besitzer der Villa gedankt hatte und ging in sein Ankleidezimmer. Die Person, die er zu sich beschieden hatte, kam, und der Secretair schickte den Kammerdiener hinauf, bei dem Herrn anzuklopfen. Es erfolgte keine Antwort. Als man mit einem Schlüssel zu öffnen versuchte, fand sich, daß das Zimmer von innen verschlossen sei. Man erbrach endlich die Thür und fand Vanborough auf dem Sopha liegen. Man trat näher heran und fand, daß er sich selbst das Leben genommen hatte.

      VIII

      Seinem Ende rasch entgegengehend hat das Vorspiel noch zu zeigen, wie die beiden Mädchen, Anne und Blanche, die verflossenen Jahre verlebt hatten. Lady Lundie löste das feierliche Wort, das sie ihrer Freundin gegeben hatte, voll ein. Sorgfältig vor jeder Versuchung bewahrt, die das Verlangen, dieselbe Laufbahn wie ihre Mutter zu betreten, in ihr hätte erwecken können, mit allen für Geld erreichbaren Mitteln für das Leben einer Erzieherin vorbereitet, durfte Anne ihre ersten und einzigen Versuche auf dem Felde der Erziehung unter Lady Lundie’s eigenem Dach, an Lady Lundies eigenem Kinde machen. Die Verschiedenheit des Alters der beiden Mädchen, sieben Jahre, und ihre gegenseitige Liebe, die mit jedem Tage zuzunehmen schien, Begünstigten diesen ersten Versuch. In der zwiefachen Eigenschaft einer Lehrerin und Freundin der kleinen Blanche flossen die Mädchenjahre Anne Silvester’s sicher, glücklich und ereignißlos, in dem stillen Heiligthum einer bescheidenen Häuslichkeit dahin. Ein schärferer Contrast zwischen ihrem und ihrer Mutter Jugendleben war nicht denkbar. Niemand, der das Leben dieses Mädchens beobachtete, hätte in der schrecklichen Frage, welche die Mutter in ihren letzten Augenblicken gemartert hatte: »Wird sie auch enden wie ich? etwas Anderes als das Wahngebilde einer Sterbenden erblicken können.

      Indessen wurde doch das friedliche Familienleben im Lauf der Jahre, die wir jetzt an uns vorüberziehen lassen, durch zwei wichtige Ereignisse unterbrochen. Im Jahre 1858 brachte die Ankunft Sir Thomas Lundie’s neues Leben in das Haus, und im Jahre 1865 wurde der Haushalt in Folge der Rückkehr Sir Thomas Lundie’s nach Indien in Begleitung seiner Frau ganz aufgehoben.

      Lady Lundie’s Gesundheit war seit einiger Zeit schwankend geworden. Die zu Rathe gezogenen Aerzte erklärten, zufällig gerade zu der Zeit, wo Sir Thomas wieder nach Indien zurückkehren mußte, daß eine Seereise gerade das geeignete Mittel sei, die Kräfte ihrer Patientin wiederherzustellen. Um seiner Frau willen fand sich Sir Thomas bereit, seine Rückkehr zu verschieben, um die Seereise mit ihr machen zu können.

      Die einzige Schwierigkeit, die bei dieser Reise zu überwinden war, bestand darin, daß man Blanche und Anne während der Zeit in England zurücklassen mußte.

      Die Aerzte hatten nämlich erklärt, daß sie es nicht für gerathen halten könnten, Blanche in dem kritischen Zeitpunkt ihrer Entwickelung mit ihrer Mutter nach Indien zurückkehren zu lassen. Gleichzeitig erboten sich nahe und liebe Verwandte, freundschaftlichst bereit, Blanche und ihre Erzieherin bei sich aufzunehmen, während sich Sir Thomas seinerseits verpflichtete seine Frau in anderthalb, höchstens zwei Jahren nach England zurückzubringen. Von allen Seiten bestürmt, mußte Lady Lundie endlich ihre Abneigung, die Mädchen zu verlassen, überwinden Sie entschloß sich zu der Reise mit schwerem Herzen und sorgenvollen Gedanken an die Zukunft.

      Im letzten Augenblick nahm sie Anne Silvester mit sich in einen Winkel des Zimmers, wo Niemand von den Anwesenden sie hören konnte. Anne war jetzt zweiundzwanzig, Blanche fünfzehn Jahr alt.

      »Mein liebes Kind«, sagte sie ruhig, »ich muß Dir etwas anvertrauen, was ich meinem Mann nicht sagen kann, und was ich mich Blanche zusagen scheue. Ich verlasse Euch mit schlimmen Ahnungen. Ich fühle, daß ich nicht wieder nach England zurückkehren werde, und ich glaube, mein Mann wird sich nach meinem Tode wieder verheirathen. Vor Jahren war Deine Mutter auf ihrem Totenbett besorgt für Deine Zukunft, jetzt bin ich für Blanches Zukunft besorgt. Damals versprach ich meiner theuren verstorbenen Freundin, daß ich für Dich wie für mein eigenes Kind sorgen wolle, und das beruhigte sie. Beruhige Du jetzt mich, Anne, vor meiner Abreise. Was auch im Lauf der Zeit geschehen möge, versprich mir, immer für Blanche zu sein, was Du ihr jetzt bist, eine Schwester.« Zum legten Male reichte sie ihr die Hand. Mit ganzer Innigkeit küßte Arme Silvester diese Hand und versprach es.

      IX

      Zwei Monate später war eine der bösen Ahnungen, die auf Lady Lundie’s Gemüth gelastet hatten, in Erfüllung gegangen. Sie starb während der Reise und fand ihr Grab in der kalten See.

      Ein Jahr später hatte sich auch ihre zweite Befürchtung bestätigt. Sir Thomas Lundie verheirathete sich zum zweiten Mal. Gegen Ende des Jahres 1866 kam er mit seiner zweiten Frau nach England zurück.

      Das Leben schien in dem neuen Haushalt ebenso ruhig wie in dem alten verlaufen zu sollen. Sir Thomas ehrte das Vertrauen, das seine erste Frau auf Anne gesetzt hatte. Die neue Lady Lundie richtete ihr Benehmen in dieser Angelegenheit kluger Weise nach dem ihres Mannes und ließ die Dinge, wie sie dieselben in dem neuen Hause fand. Im Beginn des Jahres 1867 war das Verhältniß zwischen Anne und Blanche das zweier mit inniger Zuneigung aneinanderhängender Schwestern. Die Aussichten in die Zukunft waren die freundlichsten.

      Von den mit dem Trauerspiel, das vor zwölf Jahren in der Villa in Hampstead gespielt hatte, verknüpften Personen waren um diese Zeit drei bereits gestorben, und eine in freiwilliger Verbannung im Auslande. In England lebten nur noch Anne und Blanche, die damals Kinder gewesen waren, und der Advocat, der die Ungültigkeit der irischen Heirath entdeckt hatte. – damals Mr. Delamayn, jetzt Lord Holchester.

      Ende des Vorspiels.

      Die Erzählung

      Der Garten-Pavillon

       Erstes Kapitel.

      Die Eulen

      Im Frühling des Jahres 1868 lebten in einer schottischen Grafschaft zwei ehrwürdige weiße Eulen.

      Sie bewohnten einen verfallenen und verlassenen Garten-Pavillon. Dieser stand in einem Garten, der zu einem unter dem Namen Windygates bekannten Landsitz in Perthshire gehörte.

      Windygates lag nach der wohlüberlegten Wahl des Erbauers in jenem Theil der Grafschaft, wo die fruchtbare Ebene in hügeliches Land überzugehen anfängt. Das Herrenhaus war mit Umsicht erbaut und prächtig eingerichtet. Die Ställe waren ein Muster von lustiger Geräumigkeit, und Garten und Park waren eines fürstlichen Besitzers würdig.

      Trotz dieser ausgezeichneten Vorzüge gerieth Windygates nicht lange nach seiner Erbauung in Verfall. Der Fluch eines Prozesses lag auf dem Hause und den dazu gehörigen Ländereien. Länger als zehn Jahre umfing ein endloser Rechtsstreit den Landsitz enger und enger mit seinen unbarmherzigen Armen und machte denselben nicht nur unbewohnbar, sondern auch völlig unnahbar. Das Haus war geschlossen. Der Garten wurde zu einer von üppigem Unkraut überwucherten Wildniß. Der Garten-Pavillon ward von Schlingpflanzen fast erdrückt und den Schlingpflanzen folgten die Nachtvögel.

      Jahrelang lebten die Eulen ungestört auf dem Grund und Boden, den sie kraft des ältesten aller bestehenden Rechte, der Besitzergreifung, erworben hatten. Den Tag über saßen sie in feierlichem Schweigen mit geschlossenen Augen in dem kühlen Dunkel, mit welchem der Epheu sie umgab. Mit Anbruch der Dämmerung gingen sie auf ihr eigentliches Geschäft. In weiser Verbrüderung flogen sie geräuschlos über die friedlichen Gartenwege hin, sich den Stoff für ihre Mahlzeit zu suchen. Einmal jagten sie wie ein Hühnerhund über ein Feld hin und stürzten sich auf eine nichts Böses ahnende Maus; ein andermal flogen sie zur Abwechselung gespensterhaft über die schwarze Oberfläche eines Teiches hin und erbeuteten einen Barsch. In ihrer Nahrung nicht wählerisch, nahmen sie auch mit Ratten und Insecten fürlieb; es gab aber Momente, stolze Momente in ihrem Leben, wo sie einen schlafenden Vogel zu fangen wußten. In solchen Fällen erfüllte sie das Gefühl der Ueberlegenheit über die kleinen Vögel, welches die großen überall empfinden, mit einem Behagen, dem sie durch heiseres Gekreisch in der Stille der Nacht Ausdruck gaben.

      So verlebten die Eulen Jahre lang die Tage in glücklichem Schlaf, die Nächte in Erbeutung ihrer Nahrungsmittel. Sie hatten sich gleichzeitig mit den Schlingpflanzen in den Besitz des Garten-Pavillons gesetzt, folglich bildeten die Schlingpflanzen einen wesentlichen Bestandtheil der Verfassung des Garten-Pavillons,