Spreemann Co. Alice Berend. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alice Berend
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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zum Heiraten aufreizte.

      »Großartig,« gluckste er. »Allereinfachste Bürgerpflicht. Großartig.«

      Aber Spreemann war nun auch heftig geworden und erklärte mit lauter Stimme, er würde sich in jeder Lebenslage zu benehmen wissen. Er würde genau wie jetzt in seinem Haushalt für alles eine Reservekasse anlegen. Auch für die fünf Kinder. Man erfahre doch immer eine geraume Zeit vorher, daß man Nachwuchs zu erwarten habe.

      »Daß ich nicht lache,« sagte der Lehrer, kehrte ihm den Rücken zu und nahm eine Zeitung.

      »Er hat's zu gut,« sagte der Kreisrat, der am Stammtisch durchaus nicht parteifest war. »Er hat's zu gut, der Herr Spreemann.«

      Jetzt hatte sich aber der alte Herr Jung wieder zusammengerafft.

      »Natürlich, man hat's zu gut,« piepste er. »Wenn einem zwanzig Tauben ersaufen, hat man's zu gut. Wenn dem soliden Herrn Spreemann, der gar keine Kinder hat, für jene große, neue Zeit, von der da trompetet wird, sein Ladenschild eingeschlagen wird, hat er's zu gut. Ich gratuliere Ihnen zu dieser Anschauung, meine Herren.«

      Seine Stimme war in solche Höhe geraten, daß sie nicht weiter konnte. Herr Jung verstummte, nahm seine Weißbierschale und schmatzte Schluck für Schluck über seine dünnen Lippen, als schlürfe er heiße Medizin.

      Nur eine Tabakswolke verriet, daß der Lehrer noch hinter der Zeitung saß.

      Spreemanns Onkel aber sagte:

      »Was ich hör, sie haben dir dein Ladenschild eingeschmissen, Kläuschen, das wußte ich ja noch gar nicht.«

      »Eingeschmissen ist zu viel gesagt,« dämpfte der Herr Kreisrat sofort diese verwandtschaftliche Anteilnahme. »Ein wenig lädiert. Leicht wieder geleimt.«

      »Ach so,« sagte Onkel Ziehlke.

      Spreemann aber schwieg. Er war beleidigt. Den krausen Kopf zwischen die breiten Schultern gezogen, trommelte er mit den Fingern auf den Tisch. Er ärgerte sich, daß er diesem Lehrer, diesem Federfuchser, nicht schon morgen beweisen könne, daß er auch mit fünf Kindern, mit sechs, mit neun, ja mit zwölf und dreizehn ordentlich auskommen würde.

      »Er hat's zu gut, unser Spreemann,« wiederholte inzwischen Kreisrat Giesecke.

      Er war immer neidisch auf seinen Nachbarn. Heute reizte ihn insbesondere die große Weiße mit Himbeer. Seine Rätin hatte nur den Groschen für eine kleine ohne bewilligt. Alles wurde für die Mitgift der Mädchen auf die hohe Kante gelegt. Recht hatte der Lehrer. Was wußte solch Junggeselle vom Leben?

      »Wenn Ihre Mamsell Schmidt Sie verläßt, werden Sie doch noch Hals über Kopf in die Ehe springen,« sagte er aus diesem Gedanken heraus. »Solche Wirtschafterin finden Sie nicht zum zweitenmal.«

      »Na, na,« sagte Onkel Ziehlke, dem endlich die Verfänglichkeit dieses Themas aufzufallen begann.

      Spreemann hörte auf zu trommeln. »Warum soll Mamsell Schmidt mich verlassen?« fragte er.

      Kreisrat Giesecke zuckte die Achseln und sagte, daß es allerdings nur eine bescheidene Hypothese von ihm sei, aber er wäre nun mal überzeugt davon, daß Mamsell Schmidt, sobald sie genug erspart habe, einen jungen Mann oder auch einen älteren Witwer heimführen werde. Das sei das Ziel jeder Haushälterin.

      Der Lehrer steckte den Kopf hervor und bemerkte, daß dabei durchaus nichts Lächerliches sei. Jeder wolle sein Tröpfchen Liebe vom Leben.

      Onkel Ziehlke schüttelte den Kopf und erklärte, daß er weder in Mamsell Schmidts Aussehen noch in ihrem Benehmen je etwas bemerkt hätte, was auf solche Vermutungen schließen ließe.

      Spreemann atmete durch die Nase vor Erregung. Er sagte, daß es einfach eine Gemeinheit sei, einer hochanständigen Person solche lüsternen Frivolitäten anzudichten.

      Herr Kreisrat blieb ruhig und erwiderte ganz langsam, daß er sich, bei aller Freundschaft für Herrn Spreemann, gegen das Wort Gemeinheit verwahren müsse, und daß er es leider bedeutend unpassender fände, wenn jemand die Ehe als lüsterne Frivolität hinzustellen versuche.

      »Nee, mein Junge, da hast du einen ganz falschen Begriff von der Sache,« sagte Onkel Ziehlke einlenkend.

      Spreemann trommelte.

      Kreisrat Giesecke, der keinen Hausschlüssel hatte, sagte, daß es nicht seine Absicht war, den geschätzten Herrn Spreemann zu kränken.

      Eine Höflichkeit erzeugt die andere. Spreemann hob sein Glas und stieß mit seinem Nachbar an.

      »Nichts für ungut,« sagte Herr Kreisrat noch einmal, als seine kleine Schale an das große Weißbierbassin des anderen pochte.

      Die anderen Herren kamen nach.

      »Auch Prost ist'n Trost,« knurrte der Lehrer versöhnlich, als er mit Herrn Jung anstieß.

      »Man muß die Meinungsverschiedenheiten nicht übertreiben,« antwortete dieser und gähnte.

      Gähnen steckt an. Man wurde ruhiger.

      Als man sich erhob, einigte alle die gleiche Zufriedenheit. Man war müde und wußte sich nicht weit von seinem guten Bette.

      »Es war doch wieder mal recht gemütlich,« sagte Gerbermeister Ziehlke, als er aufstand, seinen schweren Körper streckte und zum Pelz griff.

      Spreemann und der Herr Kreisrat tappten vorsichtig über den schlammigen, dunklen Platz. Der Regen hatte aufgehört, aber die Pfützen waren größer geworden.

      Als Spreemann die Haustür aufschloß, fragte Giesecke, schon halb im Schlaf:

      »Wieviel Tauben sind dem Herrn Jung eigentlich ertrunken? – Sie verstehen – meine Frau – ich muß da genau berichten können.«

      »Fünfundzwanzig, so viel ich weiß,« sagte Spreemann. Er war ganz mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. So machte er auch bei dieser Summe den gewohnten, kleinen Aufschlag, ohne sich bewußt zu werden, daß es hier nicht nötig gewesen wäre. Aber Gewohnheit ist eine Macht.

      Womit nicht gesagt sein soll, daß es ein Unrecht ist, mehr zu tun, als die Notwendigkeit verlangt.

      Fünftes Kapitel

      Wenige Tage können viel verändern.

      Preußen ging einer neuen Verfassung entgegen. Herr Spreemann aber war ganz außer Fassung geraten.

      Sein Heim war anders geworden. Mamsell Schmidt hatte sich verändert. Er selbst war nicht mehr der Gleiche. Die ganze Welt lief in einem andern Schritt.

      Zwischen großen und kleinen Aufregungen war man schwindelnd schnell in den April geschoben worden. Wo die ersten Stare kommen und ihre Nester bauen. Der Mai stand schon bereit.

      Die Sommersäson war aus dem Lagerraum in den Laden gerückt.

      Während Spreemann die ersten leichten Stoffe anpries, abmaß und von den vollen Stoffen schnitt, hämmerte und polterte es vor seiner Ladentür, daß sie zitterte. Die neue Zeit klopfte draußen. Man pflasterte den Dönhoffsplatz.

      Mamsell Schmidt war wenig erbaut über den Staub, der in die saubern Stuben flog. War es durchaus nötig, Herrn Spreemann den Weg zur Bierstube zu ebnen? Aber sie äußerte sich nicht darüber. Seit jenem furchtbaren Märztage mußte man auf alles gefaßt sein.

      Auch Herrn Spreemann waren diese Tage nicht gut bekommen. Er war vollkommen verändert. Mamsell Schmidt verstand ihn nicht mehr.

      Wenn sie die Speisen auftrug, starrte er sie unverwandt an. Die ersten Tage war sie jedesmal, kaum daß sie wieder draußen war, vor den Spiegel gestürzt. Vielleicht hatte sie Kohlenruß im Gesicht. Herr Spreemann war sehr eigen. Aber auf ihren Wangen lag nichts als eine sanfte Röte.

      Sie begann nun sich aufs Sorgfältigste zu kleiden, ehe sie vor Herrn Spreemann erschien. Zu ihrer Freude bemerkte sie, daß sich aus dem vielen hellbraunen Haar, das sie in einen kleinen Knoten zusammengezwirbelt am Nacken trug, sehr leicht die hübsche Puffenfrisur herstellen ließ. An Hals und Ärmelausschnitt heftete sie sich weiße Spitzenrüschchen. Außerdem nähte sie sich eine zierliche Tändelschürze mit einer hellblauen Seidenschleife. Damit Herr Spreemann bei seinem häufigen Hinsehen