Olympia von Clèves. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Schatten verborgen aus ihre Beute.

       XVI.

      Eine Seele, die sich rettet, für eine Seele, die sich ins Verderben stürzt

      Aber es stand da oben im Buche der kleinen Ursachen und der großen Wirkungen geschrieben, daß an diesem Tage eben so viel burleske oder tragische Ereignisse geboren, werden sollten, als er Stunden zählte.

      Während des letzten Aktes der Vorstellung, gerade in dem Augenblick, wo der Vorhang gefallen war, und wo man sich um den Debütanten drängte, um ihm Glück zu wünschen, kam ein finsterer, bleicher Mann, in nachlässiger Kleidung, in den noch öden Gang, stieg langsam die holperigen Stufen der Treppe hinauf und gelangte, ohne rechts oder links, ohne vor sich oder hinter sich zu schauen, geleitet durch den maschinenmäßigen Instinkt, welcher macht, daß die Natur beinahe ohne die Teilnahme der Seele die Sache vollbringt, die sie zu vollbringen gewohnt ist, er gelangte, sagen wir, in den Korridor, aus den sich die Logen der Schauspieler öffneten.

      Dieser Mann war Champmeslé, müde, gelähmt, vernichtet durch ein wahnsinniges Umherlaufen in den schwärzesten und einsamsten Straßen von Avignon; Champmeslé, der am Abend vielleicht mehr als zweitausend Stufen auf und abgestiegen war, Champmeslé, der, nachdem er Träume, Schrecknisse und Gebete, besonders aber seine Kräfte erschöpft, sich entschlossen hatte, zurückzukehren, einmal, um zu erfahren, was vorgegangen, sodann, um seine Kameraden wegen des Schadens, den er ihnen dadurch zugefügt, daß er ihnen den Verlust ihrer Einnahme zugezogen, um Verzeihung zu bitten, und endlich, um, wenn er diese Verzeihung erhalten hätte, zu schlafen und beim Erwachen mit der Frische der Ideen eine Gott entflossene Eingebung zu finden.

      Wohl hörte Champmeslé in der Ferne, in der Richtung der Bühne, Geräusche und Bravos; aber diese Geräusche hatten keinen entschiedenen Charakter und konnten in dieser Entfernung eben so wohl für Gemurre und Wehklagen, als für Applaus gelten.

      Champmeslé ging also weiter nach seiner Loge.

      Mit den Gefühlen, die wir geschildert, trat er In diese Loge, das Tabernakel seiner Missetaten, mehr als je geneigt, Buße zu tun, ein.

      Doch kaum war er hier eingetreten, da war das Erste, was er auf einem Stuhle sauber zusammengelegt erblickte, das Kleid des Jesuiten, eine Pyramide bildend, und auf dieser Pyramide der dreieckige Hut eben desselben Jesuiten, den die Theaterdiener frommer Weise ausgebürstet hatten.

      Bei diesem Anblick gab Champmeslé einen Schrei des Erstaunens von sich: er konnte seinen Augen nicht trauen, schaute näher, befühlte, und als er sich überzeugt hatte, daß es keine Malerei war, sondern, daß er praktikable Kleider, wie man mit dem Theaterausdrucke sagt, vor sich hatte, hob er seine beiden Hände zum Himmel empor und fiel aus die Knie.

      Die Kleider, welche die Stelle von denen von Herodes einnahmen und auf Champmeslé in seiner Loge warteten, das war ganz einfach für ihn eine Hindeutung des Himmels auf den Weg, dem er zu folgen hatte.

      Er erinnerte sich nicht mehr, Banniére als Jesuiten gesehen zu hoben: er erriet entfernt nicht, mit Gewalt ins Foyer geführt, sei Banniére unwillkürlich durch die schönen Augen von Olympia dazu gebracht worden, daß er die Rolle des Herodes gespielt habe. Dieses Kleid war das Zeichen seiner Vorherbestimmung, es war das Unterpfand des göttlichen Willens; ein Jesuitenrock vom Himmel in die Loge eines Schauspielers herabgekommen, das war eine ganz andere Offenbarung, als ein Traum; die Vorsehung war in einem Fortschritte bei den Visionen der Champmeslé begriffen. Kein Zweifel! keine Schwankungen mehr! das Ordenskleid! ins Kloster!

      Von diesem Augenblick an verschwand die Müdigkeit, hörte die Unentschlossenheit aus. In einem Nu hatte Champmeslé seine Kleider abgeworfen; er nahm die Soutane und die kurze Hose von Banniére, setzte seinen Hut aus und ging mit einer begeisterten Miene hinaus, während sich alle seine Kameraden in das Foyer begaben, um dem Mahle von Herrn von Mailly Ehre anzutun.

      Kaum hatte Champmeslé in dem finsteren Gange, die fünf Pater und die fünf Ave sprechend, die ihm de la Sante als Buße auferlegt, zehn Schritte gemacht, als die dienenden Brüder des Pater Mordon, welche einen Jesuiten aus sich zukommen sahen und nicht begriffen, daß auswärts um Mitternacht andere Jesuiten seien, als sie oder Banniére, über ihn herfielen, wobei ihm der Eine seinen Hut aus die Augen niederdrückte, der Andere«in Taschentuch um den Mund knüpfte, Beide ihm aber eine gute Anzahl Rippenstöße gaben, und ihn dann fortschleppten, wie es zwei Sperber mit einem Sperlinge tun, den sie in Gesellschaft gejagt haben.

      Zehn Minuten nachher waren sie im Noviciat, ohne die Aufmerksamkeit, der, um diese vorgerückte Stunde der Nacht allerdings nur seltener, Vorübergehenden er»regt zu haben.

      Da sie erwartet wurden, so hatten sie kaum angeklopft, als man die Thür öffnete und wieder hinter ihnen schloss.

      In demselben Augenblick verkündigte das Triumphgeschrei, das die zwei dienenden Brüder und der Bruder Pförtner ertönen ließen, daß Banniére wieder Gefangen und in das Noviciat eingebracht war.

      «Wer ist es?« fragte der Pater Mordon von der Thürschwelle aus, wo er wartete.

      »Es ist der Flüchtling! es ist Banniére!« riefen acht bis zehn Stimmen.

      »Gut!« sprach der Ehrwürdige, »bringt Ihn in die Meditationsstube hinaus.«

      Der Befehl des Pater Mordon wurde buchstäblich vollzogen; man führte den unglücklichen Champmeslé, den man immer für Banniére hielt, in die Meditationsstube und legte ihn auf den Boden nieder, nach welcher Operation aus einen Wink die dienenden Brüder, ein Lächeln und ein Optime ihres Superior mit sich nehmend, weggingen.

      Geknebelt, gebunden, bis über die Augen mit dem Hute bedeckt, war indessen der arme Sünder kaum von seinen Henkern losgelassen, als er röchelte, sich wälzte und sich von dem Taschentuche, das ihn erstickte, zu befreien suchte. De la Sante, der ein mildes Herz hatte, half ihm hierbei, so gut er konnte, und es wurde zuerst das Sacktuch und dann der Hut weggenommen.

      »Es ist nicht Banniére!« rief der Superior.

      »Es ist Champmeslé!« rief de la Sante.

      Und Beide betrachteten ganz verblüfft den Schauspieler, der, auf dem Boden sitzend, die Hände hängend, die Knie in der Höhe der Nase, abwechselnd den Pater Mordon und den Pater de la Sante anstarrte, ohne den Einen oder den Andern zu erkennen, ohne zu wissen, wohin man ihn geführt, ohne zu begreifen, was mit ihm vorging, und vergebens sich fragend, wer die zwei Personen seien, die ihm als guter und böser Schächer dienten.

      Endlich erkannte er das Kleid, und durch das Kleid die Menschen, und durch die Menschen das Haus. Gott offenbarte sich ihm fortwährend, da er ihn mit Gewalt dahin geführt, wohin zu gehen er sich so glücklich gefühlt hätte, wäre er sicher gewesen, ausgenommen zu werden. Er sprang in die Höhe, fiel wieder auf die Knie mit der Geschicklichkeit eines Equilibristen, nahm eine Hand von jedem der Väter und rief:

      »Ah! gelobt sei Gott, der mich in Ihre Arme wirft.«

      Bei diesem Ausruf kreuzten Mordon und de la Sante die ihrigen und befragten sich mit einem stummen Blicke.

      Und wie die dunkelsten Dinge am Ende sich, selbst in den spanischen Imbroglios, aufklären, so wickelten die zwei Jesuiten den so verworrenen Faden dieser Intrige aus einander. Man ließ Champmeslé in der Meditationsstube, bei weit geöffneten Thüren, ohne Furcht, ihn entweichen zu sehen, und während de la Sante mit bestimmten Befehlen für den Fall eines Ereignisses zurückblieb, lief der Pater Mordon zum Gouverneur, um feinere und offiziellere Spürhunde, als die des Noviciats, Banniére nachsetzen zu lassen.

      Der Beamte, der sich im Theater sehr belustigt hatte, belustigte sich noch vielmehr, als er erfuhr, was für ein Mensch sein Schauspieler war, und unter einem schallenden Gelächter befahl er, Banniére überall, wo man ihn treffen würde, in Verhaft zu nehmen.

      Ob der Gouverneur Banniére lachend oder ohne zu lachen verhaften ließ, das war dem Pater Mordon gleichgültig, wenn Banniére nur verhaktet wurde. Er dankte also dem Gouverneur für seine Gefälligkeit, und dieser begleitete beständig lachend den Jesuiten bis zur Thür zurück.

      Zur Stunde war es also Jedem nach seinen Wünschen geglückt. Banniére befand sich bei Fräulein Olympia; Champmeslé ging mit großen Schritten