Der Chevalier von Maison-Rouge. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Sie haben Recht, Sie haben Recht, meine Schwester, das heißt zu viel leiden.«

      Dann sich gegen ihre Tochter umwendend:

      »Doch Du hast wenigstens die Handschrift gesehen, Marie?«

      »Ja, meine Mutter, einen Augenblick.«

      Die Königin stand auf, schaute nach der Thüre, ob sie nicht beobachtet würde, nahm eine Nadel aus ihren Haaren, näherte sich der Wand, zog aus einer Spalte ein kleines, in Form eines Billets gefaltetes Papier, zeigte dieses Billet der Prinzessin und sagte:

      »Sammle alle Deine Erinnerungen, ehe Du mir antwortest, meine Tochter; war die Handschrift dieselbe wie diese hin?«

      »Ja, ja, meine Mutter,« rief die Prinzessin, ich erkenne sie!«

      »Gott sei gelobt!« sprach die Königin, voll Inbrunst auf die Kniee fallend. »Wenn er seit diesem Morgen schreiben konnte, so ist er gerettet. Dank! mein Gott! Dank! ein so edler Freund verdiente wohl eines Deiner Wunder.«

      »Von wem sprechen Sie denn«, meine Mutter?« fragt die Prinzessin. »Wer ist dieser Freund? Sagen Sie mir seinen Namen, daß ich ihn Gott in meinen Gebet empfehlen kann.«

      »Du hast Recht, meine Tochter; vergiß diesen Namen nie, denn er ist der eines Edelmanns voll Ehre und Muth, dieser ist nicht aus Ehrgeiz ergeben, denn er hat sich nicht in den Tagen des Unglücks enthüllt. Er hat nie die Königin von Frankreich gesehen, oder die Königin von Frankreich hat vielmehr ihn nie gesehen, und er gibt sein Leben hin, um sie zu vertheidigen. Vielleicht wird er belohnt, wie man heut zu Tage jede Tugend belohnt, durch einen furchtbaren Tod. . . Doch wenn er stirbt . . oh! dort oben, dort oben werde ich ihm danken . . . es ist . . .«

      Die Königin schaute unruhig umher, dämpfte ihre Stimme und sprach:

      »Es ist der Chevalier von Maison-Rouge. . . bete für ihn.«

      VII.

      Spielerschwur

      Der Entführungsversuch, so bezweifelbar er auch gewesen war, weil er nicht einmal einen Anfang der Ausführung gehabt hatte, erregte doch auf das Lebhafteste den Zorn und das Interesse der Andern. Was übrigens diesem Ereigniß eine beinahe materielle Wahrscheinlichkeit verlieh, war der Umstand, daß der Sicherheitsausschuß in Erfahrung brachte, seit drei Wochen, oder seit einem Monat sein Emigranten in Menge aus verschiedenen Punkten der Grenze nach Frankreich zurückgekehrt. Es war klar, daß Menschen, welche ihren Kopf wagten, dies nicht ohne eine Absicht thaten, und diese Absicht war ohne allen Zweifel, zur Entführung der königlichen Familie beizutragen.

      Aus den Vorschlag des Conventsmitgliedes Osselin war bereits das furchtbare Decret bekannt gemacht worden, das jeden Emigranten, der wieder einen Fuß nach Frankreich gesetzt zu haben überwiesen, jeden Franzosen, der Auswanderungspläne gehabt zu haben überwiesen, jeden Bürger, der bei seiner Flucht oder bei seiner Rückkehr eines Emigrirten oder einen Emigranten unterstützt zu haben, jeden Bürger endlich, der einem Emigrirten eine Zufluchtsstätte gewährt zu haben überwiesen würde, zum Tode verurtheilte.

      Dieses furchtbare Gesetz war die Einweihung der Schreckensregierung. Es fehlte nichts mehr, als das Gesetz der Verdächtigen.

      Der Chevalier von Maison-Rouge war ein zu thätiger und zu, verwegener Feind, als daß seine Rückkehr nach Paris und seine Erscheinung im Temple nicht die strengsten Maßregeln nach sich gezogen haben sollte. Schärfere Durchsuchungen, als man je vorgenommen, fanden in in einer Menge von verdächtigen Häusern statt. Doch außer der Entdeckung von einigen emigrirten Frauen, welche sich fangen ließen, und ein paar Greisen, die sich nicht die Mühe geben wollten, den Henkern die wenigen Tage, die ihnen blieben, streitig zu machen, hatten die Nachforschungen kein Resultat.

      Die Sectionen waren, wie man sich leicht denken kann, einige Tage lang in Folge dieses Ereignisses sehr beschäftigt, und der Secretaire der Section Lepelletier, einer der einflußreichsten von Paris, hatte wenig Zeit, an seine Unbekannte zu denken.

      Anfangs, als er die Rue Vieille-Saint-Jacques verließ, beschloß er zu vergessen; er versuchte es auch, dies zu thun, doch es ging, wie sein Freund Lorin gesagt hatte:

      »Sobald man denkt, daß man vergessen soll,

      Komm, die Erinnerung.«

      Maurice hatte indessen nichts gesagt, nichts gestanden. Er hatte in seinem Innern die Einzelheiten dieses Abenteuers verschlossen, welche der Nachforschung seines Freund entgehen konnten. Doch dieser kannte Maurice als eine heitere, offenherzige Natur, er sah ihn jetzt unablässig träumerisch, die Einsamkeit suchend, und vermuthete, wie er sagte, der Schelm Cupido sei hier eingedrungen. Es ist zu bemerken, daß Frankreich unter seinen achtzehn Jahrhunderten der Monarchie wenige so mythologische Jahre gehabt hat, als das Jahr der Gnade 1793.

      Der Chevalier war indessen nicht gefangen; Man hörte nicht mehr von ihm sprechen. Ihres Gemahls und ihre Kindes beraubt, begnügte sich die Königin zwischen ihre Tochter und ihrer Schwägerin zu weinen, wenn sie allein war.

      Der junge Dauphin begann unter den Händen des Schusters Simon das Märtyrthum, das ihn in zwei Jahren mit seinem Vater und mit seiner Mutter vereinigen sollte Es trat ein Augenblick der Ruhe ein.

      Der Vulkan der Montagnards ruhte, ehe er die Girondisten verschlang.

      Maurice fühlte das Gewicht dieser Ruhe, wie mag die Schwere der Atmosphäre bei stürmischem Wetter fühlt; er wußte nicht, was er mit einer Muße machen sollte, die ihn ganz und gar der Gluth eines Gefühles preisgab, welches, wenn es auch nicht Liebe war, doch sehr der Liebe glich; er las den Brief wieder, küßte seinen schönen Saphir und beschloß, trotz des Schwures, den er geleistet, einen letzten Versuch zu wagen, der indessen, wie er sich gelobte, der letzte sein sollte.

      Es war dem jungen Mann wohl eingefallen, er sollte sich nach der Section des Jardin des Plantes begeben und dort Erkundigungen bei dem Secretaire, seinem Kollegen, einziehen. Doch der erste Gedanke, und wir könnten wohl sagen, der einzige Gedanke, den er gehabt, seine schöne Unbekannte wäre in irgend ein politisches Komplott verwickelt, hielt ihn zurück: der Gedanke, eine Indiskretion von seiner Seite könnte diese reizende Frau auf den Revolutionsplatz führen und diesen Engelskopf auf dem Blutgerüste fallen machen, bewirkte, daß ein gräßlicher Schauer die Adern von Maurice durchlief. Er beschloß also, das Abenteuer allein und ohne irgend eine Kündigung zu versuchen. Sein Plan war übrigens sehr einfach. Die an jeder Thüre angebrachten Listen sollten ihm die ersten Anzeichen geben; Fragen bei den Concierges müssten sodann das Geheimnis vollends aufklären. In seiner Eigenschaft als Secretaire der Rue Lepelletier war er vollkommen befugt, zu fragen.

      Uebrigens wußte Maurice den Namen seiner Unbekannten nicht; doch er sollte durch Analogien geführt werden. Ein so reizendes Geschöpf mußte notwendig einen mit ihrer Form im Einklang stehenden Namen haben, den Namen einer Sylphide, einer Fee, eines Engels. Denn bei ihrer Ankunft auf Erden hätte man ihre Erscheinung als die eines erhabenen, übernatürlichen Wesens begrüßen müssen.

      Der Name würde ihn also unfehlbar führen.

      Maurice zog eine Carmagnole von grobem, braunem Tuch an, setzte eine rothe Festtagsmütze auf und trat seine Forschungsreise an, ohne Jemand davon in Kenntniß zu setzen.

      Er hielt in der Hand einen von jenen Knüppeln, die man eine Constitution nannte, eine Waffe, welche, von seiner Faust geführt, den Werth einer Herkuleskeule hatte. In seiner Tasche trug er seine Bestallung als Secretaire der Section Lepelletier mit sich. Dadurch warm also zu gleicher Zeit seine körperliche Sicherheit und seine moralische Gewährschaft gegeben. Er fing damit an, daß abermals die Rue Saint-Victor und die Rue Vieille-Saint-Jacques durchlief, und bei dem Scheine des abnehmenden Tages alle die Namen las, welche mit einer mehr oder minder geübten Hand auf die Füllung jeder Thüre geschrieben waren.

      Maurice war bei seinem hundertsten Hause und schlich bei seiner hundertsten Liste, ohne daß ihn etwas hätte glauben machen können, er wäre entfernt auf der Spur seiner Unbekannten, die er nur unter der Bedingung erkennen wollte, daß sich seinen Augen ein Name, in der Art dessen, was er geträumt, bieten würde, als ein braver Schuhmacher, der die Ungeduld aus dem Gesichte des Lesers wahrnahm, seine Thüre öffnete, mit seinem ledernen Riem und seiner