Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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von Gorgoli, der ihn mit seiner gewöhnlichen Leutseligkeit empfängt, und welcher, da er zögert, ihm den Beweggrund seines Besuches zu erklären, ihn fragt, was er wünsche.

      Diese Frage macht den Kaufmann bange, welcher außerdem, den General näher betrachtend, einigen Unterschied zwischen ihm und der Person zu entdecken glaubt, die am Tage zuvor sich unter seinem Namen bei ihm vorgestellt hat; plötzlich ruft er aus: Excellenz, ich bin bestohlen, – und erzählt sogleich die unglaubliche List, deren Opfer er gewesen ist. Herr von Gorgoli hört ihm, ohne ihn zu unterbrechen, zu; als er geendigt, läßt sich der General seinen grauen Mantel bringen, und befiehlt, daß man den Rothfuchs an seine Droschke spanne; dann, als er sich ein zweites Mal die Sache in allen Einzelheiten hat erzählen lassen, ersucht er den Kaufmann, ihn zu Hause zu erwarten, während dem daß er die Spur seines Diebes verfolgen wolle.

      Herr von Gorgoli läßt sich nach der großen Millionen-Straße fahren, fährt von dem Laden des Kaufmannes ab, verfolgt denselben Weg, den der Dieb eingeschlagen hat, und sich an den Boutchnick4 wendend, sagte er zu ihm:

      – Ich bin gestern Nachmittag um drei Uhr an Dir vorüber gekommen, hast Du mich gesehen?

      – Ja, Excellenz.

      – Wohin ging ich?

      – Nach der Seite der Brücke von Troitskoi.

      – Es ist gut.

      Und der General schlägt den Weg nach der Brücke ein. Am Eingange der Brücke findet er eine andere Schildwache.

      – Ich bin gestern Nachmittag um drei Uhr zehn Minuten an Dir vorbei gekommen, hast Du mich gesehen?

      – Ja, Excellenz.

      – Welchen Weg hab ich genommen?

      – Eure Excellenz ist über die Brücke gefahren.

      – Gut. Der General fährt über die Brücke, und hält vor der Hütte Peters I. an; der Boutchnick, welcher sich im Schilderhause befand, stürzt heraus.

      – Ich bin gestern um halb vier an Dir vorbei gekommen, sagt der General zu ihm.

      – Ja, Excellenz.

      – Wo hast Du mich hinfahren sehen?

      – Nach dem Quartier von Wiborg.

      – Gut.

      Herr von Gorgoli setzt seinen Weg fort, entschlossen, ihn bis an das Ende zu verfolgen. An der Ecke des Hospitals der Landtruppen findet er einen anderen Boutchnick, und befragt ihn nochmals. Dieses Mal hat er seinen Weg nach der Seite des Brandtewein-Magazins gerichtet; der General begibt sich dorthin. Von dem Brandtewein-Magazine ist er über die Brücke Woskresenskoi gefahren, von der Brücke Woskresenskoi hat er sich in gerader Linie nach dem Ende der großen Aussicht begeben; von dem Ende der großen Aussicht nach dem äußersten Ende der Kramläden an der Seite der Bank und der Assignationen. Herr von Gorgoli befragt ein letztes Mal den Schilderhaussteher.

      – Ich bin gestern um halb fünf an Dir vorüber gekommen? sagt er zu ihm.

      – Ja, Excellenz.

      – Wohin ging ich?

      – In No. 19, an der Ecke des Katharinen-Kanales.

      – Bin ich daselbst eingetreten?

      – Ja.

      – Hast Du mich wieder heraus kommen sehen?

      – Nein.

      – Sehr gut. Laß Dich durch einen Deiner Kameraden ablösen, und hole mir zwei Soldaten aus der nächsten Kaserne.

      – Gleich, Excellenz.

      Der Schilderhaussteher eilt fort, und kommt nach Verlauf von zehn Minuten mit den beiden verlangten Soldaten zurück.

      Der General geht mit ihnen nach No. 19, läßt die Thüren des Hauses verschließen, befragt den Pförtner, erfährt, daß sein Mann im zweiten Stocke wohnt, geht hinauf, stößt die Thüre mit einem Fußtritte ein, und befindet sich seinem Ebenbilde gegenüber, welcher, über diesen Besuch erschreckt, dessen Gegenstand er erräth, alles eingesteht, und die dreißig Tausend Rubel zurückerstattet.

      Die Civilisation von St. Petersburg ist, wie man sieht, nicht hinter der von Paris zurück geblieben. Dieses Abenteuer, dessen Entwickelung ich beiwohnte, hatte mich ein und zwanzig Minuten verlieren, oder vielmehr gewinnen lassen; das war, nach noch anderen zwanzig Minuten, die Stunde, zu welcher mir Louise erlaubt hatte, zu ihr zu kommen. Ich begab mich hin. In dem Maße, als ich mich näherte, schlug mir das Herz stärker, und als ich frug, ob sie zu sprechen sey, zitterte meine Stimme so, daß ich, um verstanden zu werden, meine Frage zwei Male wiederholen mußte.

      Louise erwartete mich in dem Boudoir.

      V

      Als sie mich eintreten sah, grüßte sie mich mit dem Kopfe mit jener anmuthigen Vertraulichkeit, die nur unseren Französinnen angehört; dann, mir die Hand reichend, ließ sie mich, wie am Tage vorher, neben sich setzen.

      – Nun! sagte sie zu mir, ich habe mich mit Ihrer Angelegenheit beschäftigt.

      – O antwortete ich ihr mit einem Ausdrucke, der sie lächeln machte, sprechen wir nicht von mir, reden wir von Ihnen.

      – Wie so, von mir? handelt es sich denn bei alle dem von mir? bin ich es, die sich um eine Fechtmeister-Stelle in einem der Regimenter Seiner Majestät bewirbt? Von mir? und was haben Sie mir denn von mir zu sagen?

      – Ich habe Ihnen zu sagen, daß Sie mich seit gestern zum glücklichsten der Menschen gemacht haben, daß ich seit gestern nur an Sie denke, und nichts als Sie sehe; daß ich keinen Augenblick geschlafen habe, und daß ich geglaubt, die Stunde, in welcher ich Sie wiedersehen durfte, wolle niemals herbeikommen.

      – Mein Gott, das ist ja eine Erklärung in aller Form, die Sie mir da machen.

      – Bei meiner Treue, nehmen Sie dieselbe, wie Sie wollen; ich habe nicht allein das gesagt, was ich denke, sondern auch noch das, was ich fühle.

      – Das ist Scherz.

      – Nein, auf Ehre.

      – Sie reden im Ernst?

      – In vollem Ernst.

      – Nun denn, da nach allem es möglich ist, sagte Louise, daß das obgleich etwas frühzeitige Geständniß darum nichts desto weniger aufrichtig ist; so ist es meine Pflicht, Sie nicht weiter gehen zu lassen.

      – Wie das?

      – Mein lieber Landsmann, es kann unter uns durchaus nichts anderes statt finden, als gute, offenherzige und reine Freundschaft.

      – Aber warum denn?

      – Weil ich einen Geliebten habe, und Sie bereits durch meine Schwester wissen, daß die Treue ein Fehler in unserer Familie ist.

      – Ich bin unglücklich!

      – Nein, Sie sind es nicht. Wenn ich das Gefühl, das Sie für mich zu empfinden behaupten, hätte tiefere Wurzeln schlagen lassen, anstatt es Ihrem Kopfe zu entreißen, bevor es Zeit gehabt zu ihrem Herzen zu gelangen, ja, dann hätten Sie es werden können; aber Gott sei Dank, fügte Louise lächelnd hinzu, es ist keine Zeit verloren gewesen, und ich hoffe, daß das Uebel angegriffen ist, bevor es große Fortschritte gemacht hat.

      – Es ist gut, sprechen wir nicht mehr davon.

      – Im Gegentheile, reden wir davon, denn da Sie hier der Person begegnen werden, die ich liebe, so ist es nothwendig, daß Sie wissen, auf welche Weise ich sie lieb gewonnen habe.

      – Ich danke Ihnen für so viel Vertrauen.

      – Sie sind empfindlich, und Sie haben unrecht. Ei was, geben Sie mir die Hand wie einer guten Freundin.

      Ich nahm die Hand, welche e mir darreichte, und da ich nach allem kein Recht hatte, Groll gegen sie zu bewahren, so sagte ich zu ihr:

      – Sie sind rechtschaffen.

      – So lasse ich mir’s gefallen.

      – Und ohne


<p>4</p>

Die Boutchnicks sind eine Art Schildwachen, welche an den Ecken jeder Hauptstraße in Hütten, Boutka genannt, aufgestellt sind, und die, weder dem Civil- noch dem Militärstande angehörend, ohngefähr das, obgleich in einem niederern Grade, was unsere Stadt-Sergeanten, sind. Einer von ihnen steht immer mit einer Hellebarde in der Hand an der Thüre seiner Hütte, daher kommt ihr Name Boutchnicks, oder Schilderhaussteher.