Fall 1: Kein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Die Beklagte vermietet ihre Diesellokomotive an die Fa. H, die sich vertraglich verpflichtet, die Mietsache während der Mietzeit auf ihre Kosten instandzuhalten. Dementsprechend lässt die Fa. H die defekte Lokomotive vom Kläger reparieren. Der Kläger gibt sie repariert an die Fa. H zurück, die dem Kläger über die Reparaturkosten einen Wechsel gibt, ihn aber nicht einlöst und später insolvent wird. Der Insolvenzverwalter gibt die Lokomotive an die Beklagte zurück. Der Kläger, der im Insolvenzverfahren der Fa. H mit seinem Werklohnanspruch ausgefallen ist, verklagt nun die Beklagte auf Zahlung.
Die Klage hat keinen Erfolg. Zwischen den Parteien besteht kein Vertragsschuldverhältnis. Das gesetzliche Pfandrecht nach § 647 ist, falls es gutgläubig überhaupt erworben werden kann, jedenfalls durch Rückgabe der Lokomotive nach § 1253 I 1 erloschen. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verwendungsersatz aus § 994 I, denn die Fa. H war als Mieterin nicht nur berechtigte Besitzerin, sondern auch zur Übergabe an den Kläger berechtigt. Deshalb bestand zwischen den Parteien kein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. Für eine entsprechende Anwendung des § 994 I fehlt jegliches Bedürfnis, denn der Kläger hat einen vertraglichen Werklohnanspruch gegen die Fa. H und kann das Insolvenzrisiko nicht auf die Beklagte abwälzen (BGH 27, 317).
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Fall 2: Kein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Die Klägerin, eine Bank, finanziert dem A ein Auto und lässt es sich nach §§ 930, 868 zur Sicherheit übereignen. Nach einem Verkehrsunfall lässt A das Auto von der Beklagten reparieren. Da A nicht zahlt, erwirkt die Beklagte einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid, lässt das Auto pfänden und ersteigert es für 7 000,– €. Die Klägerin verlangt von der Beklagten den Versteigerungserlös von 7 000,– € heraus.
Die Klage ist aus §§ 812 I 1, 818 II begründet. Der Versteigerungserlös steht nach materiellem Recht nicht der Beklagten, sondern der Klägerin zu, denn er ist nichts anderes als das Surrogat der versteigerten Sache. Das Auto selbst kann die Klägerin nicht mehr herausverlangen, nachdem die Beklagte es wirksam in der Zwangsversteigerung ersteigert und zu Eigentum erworben hat. Dass das Auto nicht dem Vollstreckungsschuldner, sondern der Klägerin gehörte, konnte die Versteigerung prozessual nicht verhindern (BGH 100, 98). Nach materiellem Recht hingegen war die Versteigerung im Verhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin nach § 812 I 1 ein rechtsgrundloser Eingriff in das Eigentum der Klägerin (BGH 100, 99).
Die Beklagte kann dem Bereicherungsanspruch der Klägerin weder ein Unternehmerpfandrecht nach § 647 noch einen Anspruch auf Verwendungsersatz nach § 994 entgegenhalten. Ein Unternehmerpfandrecht nach § 647 hat die Beklagte nicht erworben. Sie hat den Reparaturvertrag nicht mit der Klägerin sondern mit dem Nichteigentümer A geschlossen, und ein gutgläubiger Erwerb des gesetzlichen Pfandrechts ist nicht möglich (BGH 34, 122; 87, 274; 100, 101). Für die Bestellung eines vertraglichen Pfandrechts nach §§ 1204, 185 fehlt jeder Anhalt.
Die Reparaturkosten haben die Beklagte auch nicht nach § 818 III entreichert, denn die Beklagte hat gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Ersatz ihrer Verwendungen nach § 994 I. Zwischen den Parteien bestand kein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. Der Besteller A war als berechtigter Besitzer auch dazu berechtigt, das Auto reparieren zu lassen, und verschaffte deshalb auch der Beklagten rechtmäßigen Besitz. Dass die Klägerin die Versteigerung ihres Eigentums geschehen ließ, ohne ihr nach § 771 ZPO zu widersprechen, ändert daran nichts: Weder begründet dieses Verhalten eine Vindikationslage noch rechtfertigt es eine entsprechende Anwendung des § 994 I (BGH 100, 104).
Unbegründet wäre die Klage, wenn A den Kredit vollständig an die Klägerin zurückbezahlt hätte, denn dann stünde der Versteigerungserlös nicht der Klägerin zu, sondern dem A, der den Werklohn schuldet (BGH 100, 105).
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Fall 3: Keine Verwendung
Der Beklagte baut an Stelle von 2 Einzelhäusern einen 8-stöckigen Wohnblock über die Grenze auf das Grundstück des Klägers. Dieser klagt auf Herausgabe seines Grundstücks. Der Beklagte verweigert die Herausgabe wegen der Baukosten in Höhe von 772 663,– € und erhebt Widerklage auf Ersatz dieses Betrags.
Die Herausgabeklage ist aus § 985 begründet, die Widerklage unbegründet, denn der Beklagte hat kein Recht zum Besitz. Die §§ 994 ff. regeln den Verwendungsersatz im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis erschöpfend und schließen einen Bereicherungsausgleich nach §§ 812 ff. aus. Die Voraussetzungen der vorrangigen §§ 994, 996 aber sind nicht erfüllt. Verwendungen sind nur Aufwendungen zur Erhaltung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Grundstücks (BGH 10, 171; 41, 157; 87, 104; 131, 220). Der 8-stöckige Wohnblock hingegen gestaltet das Grundstück des Klägers völlig um; das aber ist keine Verwendung mehr. Auf den guten oder bösen Glauben des Beklagten kommt es nicht mehr an (BGH 41, 157).
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Fall 4: Keine notwendige Verwendung
Der Beklagte enttrümmert gegen den Willen des Klägers dessen Grundstück, stellt dort eine Baubude auf und lagert Baustoffe. Der Kläger klagt auf Herausgabe und verlangt eine Nutzungsentschädigung. Der Beklagte hält dem entgegen, die Enttrümmerung habe ihn weit mehr gekostet und den Wert des Grundstücks erhöht.
Die Klage auf Nutzungsersatz ist aus §§ 987 I, 990 I begründet. Der Beklagte kann den Gebrauchsvorteil (§ 100) zwar nicht herausgeben, muss ihn aber mit Geld vergüten (BGH 39, 186; RG 93, 281). Dagegen hat er keinen Anspruch auf Ersatz seiner Verwendungen. Als Anspruchsgrundlage kommt nur § 994 II mit § 677 in betracht, denn der Beklagte ist unberechtigter bösgläubiger Besitzer. Die Enttrümmerung aber war keine notwendige Verwendung zur Erhaltung oder ordentlichen Bewirtschaftung des Grundstücks. Außerdem widersprach sie dem Willen des Klägers. Ob sie den Wert des Grundstücks erhöht hat, ist unerheblich, denn § 996 ist auf den bösgläubigen Besitzer nicht anwendbar, und die §§ 812 ff. sind hier ausgeschlossen. Eine etwaige Bereicherung des Klägers findet ihren Rechtsgrund in § 996 (BGH 39, 186).
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Fall 5: Notwendige Verwendung im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
K erwirbt vom Beklagten unter Eigentumsvorbehalt einen Kleinbus mit der Verpflichtung, ihn instandzuhalten, zahlt aber die Kaufpreisraten nicht. Der Kläger repariert im Auftrag des K den unfallbeschädigten Kleinbus. Daraufhin wird K insolvent. Da der Beklagte sich weigert, die der Höhe nach unstreitigen Reparaturkosten zu bezahlen, klagt der Kläger auf Herausgabe des Kfz.-Briefes, um den Kleinbus zu verwerten. Der Beklagte verlangt widerklagend die Herausgabe des Kleinbusses.
Als Eigentümer hat der Beklagte den § 985 für sich. Die entscheidende Frage lautet: Hat der Kläger ein Recht zum Besitz nach § 986, oder besteht zwischen den Parteien ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis? Von K kann der Kläger ein Besitzrecht nicht mehr herleiten, denn das Besitzrecht des K ist durch dessen Insolvenz erloschen. Ein Pfandrecht an dem Kleinbus hat der Kläger auch nicht erworben, weder ein gesetzliches nach § 647 noch ein vertragliches nach §§ 1204, 185 (BGH 34, 122; 100, 101).
Als unberechtigter Besitzer darf der Kläger vom Beklagten nach § 994 I Ersatz seiner notwendigen Verwendungen auf den Kleinbus verlangen und nach