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Ähnliche Fragen können auftreten, wenn die Ziel-GmbH seit ihrer Gründung zu einem Konzern oder Unternehmensverbund gehört und an einem Cash-Pooling teilnimmt.[28] Ausgangspunkt ist dabei zumeist folgende Konstruktion mit dem Zweck des Liquiditätsmanagements:[29] Der Gesellschafter – in der Regel die Konzernmutter – zahlt seine Einlagemittel auf ein in einem Cash-Pool eingebundenes Konto der Gesellschaft ein; von dort werden diese an ein Zentralkonto weitergeleitet. Über dieses Zentralkonto ist der Gesellschafter mittelbar oder unmittelbar verfügungsberechtigt. Liegt ein Hin- und Herzahlen vor, so ist der Gesellschafter im Zweifel nicht von seiner Einlageverpflichtung befreit worden, da die Erfüllungswirkung an den strengen Voraussetzungen des § 19 Abs. 5 GmbHG, mithin der Offenlegung der Einlage gem. § 8 GmbHG scheitern wird.[30] Qualifiziert man dieses Szenario als verdeckte Sacheinlage, ist deren Wert anzurechnen (§ 19 Abs. 4 S. 3 GmbHG). Auf die fortbestehende Einlageverpflichtung wäre der Wert der Forderung des Cash-Pool-Führers gegen die Gesellschaft gutzuschreiben.[31] Entscheidend dafür ist der Saldo des Zentralkontos im Zeitpunkt der Weiterleitung des Einlagebetrags. Ist der Saldo zulasten der Gesellschaft negativ, liegt eine verdeckte Sacheinlage vor. Bei einem ausgeglichenen oder zugunsten der Gesellschaft positiven Saldo ist ein Hin- und Herzahlen gegeben. Dadurch, dass der Gesellschafter verfügungsberechtigt ist und der Einlagebetrag an diesen zurückfließt, gewährt die Gesellschaft diesem ein Darlehen.[32] Ist der Saldo der GmbH vor der Einlageleistung negativ und wird durch die Einlageleistung positiv, liegt eine verdeckte „Mischeinlage“ vor.[33] In diesem Fall besteht bis zum ausgeglichenen Saldo eine verdeckte Sacheinlage in der jeweiligen Höhe; für den übrigen Betrag, der einen positiven Saldo herbeiführt, liegt ein Hin- und Herzahlen vor.[34] Erhält der Gesellschafter zu einem späteren Zeitpunkt Leistungen aus dem Cash-Pool, wird dadurch seine Einlageschuld nicht erfüllt.[35]
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Die Rückzahlung einer Bareinlage im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags mit dem Gesellschafter stellt nach Auffassung der Rechtsprechung weder einen Fall der verdeckten Sacheinlage noch des Hin- und Herzahlens dar.[36] Etwas anderes gilt nur dann, wenn der vereinbarte Lohn in keinem Verhältnis zur erbrachten Dienstleistung steht und so eine Umgehung der Kapitalaufbringungsregeln anzunehmen ist.
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Bei einer Unterbilanz oder einer Überschuldung der Ziel-GmbH gilt es zu prüfen, ob die Kapitalerhaltungsgrundsätze der §§ 30 und 31 GmbHG eingehalten wurden. Zwar gilt auch hier die bilanzielle Betrachtungsweise; gleichwohl kann von Bedeutung sei, ob die Überschuldung durch verdeckte Ausschüttungen mit verursacht wurde. Das streng ausgelegte Kapitalerhaltungsgebot ergänzt das Kapitalaufbringungsgebot und erfasst lediglich das Stammkapital der GmbH.[37] Darlehensgewährungen an Gesellschafter oder ihnen nahestehende Personen stellen nur dann einen Verstoß gegen das Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 GmbHG dar, wenn der Rückzahlungsanspruch nicht durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt ist (§ 30 Abs. 1 S. 2, 2. HS GmbHG). Geschäfte mit außenstehenden Dritten sind dagegen nicht geschützt.[38] Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen erfolgt die Finanzierung des Unternehmens vielfach durch Gesellschafterdarlehen oder von diesen gestellten Sicherheiten. Im Rahmen der Due Diligence sind diese Finanzierungen aufzuzeigen, da mit dem Verkauf der GmbH der Verkäufer die Darlehen und Sicherheiten in der Regel nicht weiter gewähren möchte.
3. Konzern[39]
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Handelt es sich bei dem Kaufobjekt um ein herrschendes Unternehmen, kommen eine Konzernhaftung für Verbindlichkeiten abhängiger Unternehmen sowie Verlustausgleichsverpflichtungen gegenüber abhängigen Unternehmen in Betracht. Daher sind die Beteiligungsgesellschaften des Zielunternehmens – auch die ausländischen – in die Prüfung einzubeziehen. Auch mit Einführung des MoMiG wurde kein GmbH-Konzernrecht gesetzlich implementiert. Aufgrund dessen wird für das Vertragskonzernrecht auf die analoge Anwendung des AktG und für den faktischen GmbH-Konzern auf rechtsformspezifische bzw. konzernunabhängige Normen zurückgegriffen.[40]
Anmerkungen
Elfring JuS-Beilage 2007, 3, 6.
Schaub GmbHR 2017, 727; vgl. zum gutgläubigen Erwerb von Gesellschaftsanteilen aufgrund der Gesellschafterliste, Rn. 19 f.
Beck‘sches Handbuch der GmbH/Schwaiger § 2 Rn. 1.
Beck‘sches Handbuch der GmbH/Schwaiger § 2 Rn. 1.
Vgl. Gran NJW 2008, 1412; Krüger/Kalbfleisch DStR 1999, 174, 176; Rotthege Rn. D 73 ff.
Hier dient lediglich das dem GmbHG als Anlage beigefügte Musterprotokoll als Vertragsgrundlage. Es finden ausschließlich die gesetzlichen Regelungen Anwendung. Vertragliche Abreden, etwa hinsichtlich Erbfolge und Übertragungsbeschränkungen, sind unzulässig; vgl. ausführlich 1. Kap. Rn. 22.
BGH GmbHR 2003, 227, 228 sowie ausführlich 1. Kap. Rn. 23 f.
Beck‘sches Mandatshandbuch Due Diligence/Andreas § 13 Rn. 21.
Vgl. die Ausführungen zu den gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen zur Vorbereitung des Unternehmenskaufs im 1. Kap. Rn. 163 f. sowie Berens/Brauner/Strauch/Knauer/Fleischer/Körber S. 295 ff.
Krüger/Kalbfleisch DStR 1999, 174, 176.
Vgl. zum Ganzen K. Schmidt Gesellschaftsrecht, § 29 II 1 c und § 37 II 4 sowie ausführlich zur Kapitalaufbringung 6. Kap. Rn. 64 ff.
BGH BB 2008, 1085; NJW 2006, 1736, 1737; Lutter/Hommelhoff/Bayer § 19 Rn. 54 ff.; HK-GmbH-Recht/ H. Bartl § 19 Rn. 26.
Beck‘sches