Umwandlungsgesetz. Oliver Schmidt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oliver Schmidt
Издательство: Bookwire
Серия: Heidelberger Kommentar
Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783811456150
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Die Mitglieder der Vertretungsorgane und, wenn vorhanden, auch der Aufsichtsorgane der beteiligten Rechtsträger können bei schuldhaft begangenen Verletzungshandlungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden (§§ 25, 125, 205). – Bei der Spaltung wurde eine im Grundsatz fünfjährige Nachhaftung aller an der Spaltung beteiligten Rechtsträger für die am Spaltungsstichtag vorhandenen Verbindlichkeiten begründet (§ 133), die nach § 133 Abs 3 S 2 für Versorgungsverpflichtungen nach dem BetrAVG auf 10 Jahre verlängert ist. Eine Haftungserweiterung ist iÜ für die in § 134 bestimmten Fälle zugunsten der Arbeitnehmer vorgesehen. Beim Formwechsel in eine KapGes finden überdies die Bestimmungen über die Gründerhaftung Anwendung.

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      Der als zu verwirklichendes Ziel ebenfalls angestrebte verbesserte Anlegerschutz ist durch eine Vielzahl von Maßnahmen, die für die einzelnen Umwandlungsarten weitgehend identisch sind, verwirklicht worden. Bereits im Vorfeld der von ihnen zu fassenden Beschl haben die Anteilseigner umfassende Informationsrechte. Für die ganz überwiegende Zahl der Umw ist eine gesonderte Prüfung durch Sachverständige (Wirtschaftsprüfer) vorgesehen, die nur mit Zustimmung aller Anteilsinhaber entbehrlich ist. Weiter müssen die Anteilsinhaber einer Umw mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln zustimmen. In bestimmten Fällen bestehen darüber hinaus Zustimmungsrechte einzelner Anteilsinhaber sowie – nach allg Grundsätzen und bei Vorhandensein verschiedener Anteilsgattungen – die Notwendigkeit von Sonderbeschlüssen einzelner Gruppen von Anteilsinhabern. Verschiedentlich ist den Anteilsinhabern darüber hinaus ein Ausscheiden gegen Barabfindung anzubieten. Die Zulässigkeit und Ordnungsmäßigkeit der zu fassenden Gesellschafterbeschlüsse können die Anteilsinhaber über Anfechtungsprozesse überprüfen lassen. Für die Überprüfung des angemessenen Umtauschverhältnisses sowie der Angemessenheit der Barabfindung steht das Spruchverfahren nach Spruchverfahrensgesetz zur Verfügung.

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      Umw können in der Entwicklung von Unternehmen eine erhebliche Rolle spielen. Die Inhaber von Unternehmen sind in der Wahl der Rechtsform für ihr Unternehmen frei und werden diese unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher, organisatorischer und steuerlicher Gesichtspunkte bestimmen. Die maßgebenden Gegebenheiten können sich im Laufe der Zeit ändern; die Rechtsform ist an die geänderten Gegebenheiten anzupassen. Das UmwG eröffnet den Weg hierzu über den Formwechsel. Unternehmerische Entwicklungen können jedoch auch den Zusammenschluss mit anderen Unternehmen, mit Dritten oder konzernverbundenen Unternehmen, oder die Spaltung eines Unternehmens in verschiedene Teile erforderlich machen. Auch für diese Fälle stellt das Gesetz die verschiedenen Formen der Umw, konkret hier die Verschmelzung und die Spaltung, zur Verfügung.

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      Damit können beispielhaft als unternehmerische Gründe für Umw genannt werden:

Verschmelzungen: Zusammenschluss von Unternehmen zu neuen, größeren Einheiten; Bereinigung von Konzernstrukturen durch Zusammenlegung von Gesellschaften; Zusammenführung eines übernommenen Unternehmens mit dem Erwerber nach Übernahme aller Anteile oder jedenfalls einer qualifizierten Mehrheit; vereinfachte Liquidation oder Sanierung eines Unternehmens durch Verschmelzung.
Spaltung: Herstellung einer Holding-Struktur; Aufteilung von Unternehmen mit dem Ziel der Teilveräußerung oder der Trennung von Gesellschafterstämmen; Teilung von Unternehmen aus organisatorischen Gründen, zur Verselbstständigung einzelner Bereiche oder Vermögensgegenstände oder zur Vorbereitung von Fusionen mit separierten Unternehmensteilen; Herbeiführung einer Betriebsaufspaltung.
Formwechsel: Anpassung der Rechtsform an geänderte betriebswirtschaftliche, steuerliche oder organisatorische Gegebenheiten; Formwechsel in die AG zwecks Zugang zum Kapitalmarkt.

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      Da Umw wegen ihres formalisierten Verfahrens mit nicht unerheblichen Kosten belastet sein können, ist vor Durchführung einer Maßnahme nach dem UmwG idR zu prüfen, ob das gewünschte Ziel nicht auch durch eine Umstrukturierungsmaßnahme außerhalb des UmwG vorgenommen werden kann und soll (vgl hierzu unter Rn 65 ff).

III. Entstehung des Umwandlungsgesetzes

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      Erste gesetzliche Regelungen von Umw wurden im ausgehenden 19. Jahrhundert geschaffen. Im ADHGB von 1861 finden sich erstmals Vorschriften zur Verschmelzung von AG. Das ADHGB 1884 enthielt Bestimmungen über den Formwechsel einer KGaA in eine AG. Im GmbHG von 1892 wurde die Umw einer AG in eine GmbH gesetzlich ermöglicht (§§ 80, 81 GmbHG).

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      Das AktG 1937 sah zum einen die Verschmelzung von KapGes vor, zum anderen wurde die Umw von KapGes in KapGes anderer Rechtsform – unter Aufhebung der §§ 80 und 81 GmbHG 1892 – geregelt. Die Umwandlungsregelungen beschränkten sich bis dahin auf KapGes (sieht man von dem Gesetz über die Umw von KapGes von 1934 ab, aufgrund dessen bis zum 31.12.1936 KapGes in PersGes umgewandelt werden konnten).

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      Umwandlungsmöglichkeiten unter Einbeziehung von PersGes finden sich erstmals im UmwG 1956. Dort wurde die (übertragende) Umw einer KapGes in eine PersGes geregelt. Durch das UmwG 1969 wurde sodann die Umw von PersGes in KapGes zum ersten Mal umfassend kodifiziert. Die GmbH-Novelle von 1980 sah in den §§ 56a ff GmbHG die Umw eines Einzelkaufmannes in eine GmbH vor.

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      Wesentliche umwandlungsrechtliche Regelungen wurden iÜ in das AktG aufgenommen, nämlich die §§ 339 ff AktG für die Verschmelzung und die §§ 362 ff AktG für die formwechselnde Umw von KapGes in andere KapGes. Das KapErhG enthielt seit 1980 Bestimmungen für die Verschmelzung zweier GmbH, die in ihrer Systematik den aktienrechtlichen Regelungen entsprachen. Die Verschmelzung von Genossenschaften war in den §§ 93a ff GenG geregelt.

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      Die Spaltung von Unternehmen wurde für Einzelfälle erstmals im Landwirtschaftsanpassungsgesetz (GBl DDR I 1990 Nr 42, 642) und im Gesetz über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen v 5.4.1991 (BGBl I 1991, 854) gesetzlich geregelt.

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      Insgesamt waren die umwandlungsrechtlichen Regelungen somit einzelfallbezogen und lückenbehaftet. Zahlreiche denkbare Umwandlungsfälle waren nicht geregelt und konnten deshalb mangels Analogiefähigkeit der kodifizierten Fälle nicht durchgeführt werden (PersGes konnten zB nicht miteinander verschmolzen werden, Genossenschaften nur untereinander, eine Regelung der Spaltung gab es bis 1990 überhaupt nicht).

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      Neben seiner einzelfallbezogenen und auf verschiedene Gesetze verteilten Kodifizierung war das UmwR ursprünglich von der rechtssystematischen Unterscheidung zwischen PersGes und KapGes geprägt. Da die PersGes als Gesamthandsgemeinschaft und die KapGes als juristische Person rechtsdogmatisch eine andere Struktur aufweisen, wurde für das UmwR bei dem Wechsel der Rechtsform nicht einheitlich von einer Identität des Rechtsträgers ausgegangen. Diese wurde vielmehr nur bei dem Wechsel der Rechtsform von einer KapGes in eine andere KapGes angenommen. Der Wechsel der Rechtsform von der PersGes in die KapGes und umgekehrt wurde als sog übertragende Umw angesehen.

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