Ignor/Mosbacher § 1 Rn. 26.
Vgl. beispielhaft LG Nürnberg-Fürth NZV 2006, 433.
Vgl. hierzu 3. Kap. Rn. 88 ff. und Rn. 233 ff.
1. Kapitel Grundlagen › C. Grundbegriffe des Arbeitsstrafrechts
C. Grundbegriffe des Arbeitsstrafrechts
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Eine sach- und fachgerechte Bearbeitung von Mandaten aus dem Bereich des Arbeitsstrafrechts erfordert grundsätzlich (auch) arbeitsrechtliche Expertise. Einblicke in und Erfahrungen aus der arbeitsrechtlichen Praxis, die für das den Einzelfall möglicherweise entscheidende Fingerspitzengefühl sorgen können, lassen sich in einem Buch nur äußerst eingeschränkt transportieren. In Anbetracht dessen ist aus unserer Sicht in diesem Rahmen das arbeitsrechtliche Grundgerüst vorzustellen, in welchem es sich zu bewegen gilt. Hierzu zählt vor allem die Aufbereitung der zentralen Grundbegriffe, vornehmlich eine definierende Darstellung der wesentlichen Normadressaten des Arbeitsstrafrechts.
1. Kapitel Grundlagen › C. Grundbegriffe des Arbeitsstrafrechts › I. Arbeitgeber i.S.d. Arbeitsstrafrechts
I. Arbeitgeber i.S.d. Arbeitsstrafrechts
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Adressat der dem materiellen Arbeitsstrafrecht zuzuordnenden Strafnormen – wie auch der entsprechenden Regelungen – ist regelmäßig der Arbeitgeber. Eine Definition dazu, wer als „Arbeitgeber“ gilt – und damit als potentieller Täter in Betracht kommt – ist allerdings in keiner der anzuwendenden arbeitsstrafrechtlichen Regelungen zur Verfügung gestellt. Das ist für strafrechtliche Maßstäbe eher ungewöhnlich, zumal eine Sanktion auf der Grundlage der vorbeschriebenen Normen ausscheidet, wenn im konkreten Fall die Arbeitgebereigenschaft nicht dargelegt werden kann. Den Arbeitsrechtler wiederum überrascht es wenig, dass für den Bereich des Arbeitgeberstrafrechts der Arbeitgeberbegriff nicht legal definiert wurde. Denn seit jeher stellt der Gesetzgeber dem Rechtsanwender für den Bereich des Individual- und Kollektivarbeitsrechts weder eine Legaldefinition des Arbeitgeber- noch des Arbeitnehmerbegriffs zur Verfügung.[1] Hieran hat sich auch durch die Einfügung von § 611a in das BGB im Jahr 2017 im Ergebnis nichts geändert. Die Neuregelung beschreibt lediglich die Hauptpflichten im Arbeitsvertrag, ohne aber dessen Parteien legal zu definieren. Auch unter Geltung des § 611a BGB kann daher im Ausgangspunkt auf den eigenständig von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Arbeitgeberbegriff auch für das Arbeitgeberstrafrecht zurückgegriffen werden.
aa) Arbeitsrechtliche Definition des Arbeitgeberbegriffs
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In seiner ständigen Rechtsprechung knüpft das BAG für die Bestimmung des Arbeitgeberbegriffs an den Arbeitsvertrag an. Es sieht in der Folge denjenigen als Arbeitgeber an, der mit einem Arbeitnehmer[2] einen Arbeitsvertrag geschlossen hat, aus dem er die Arbeitsleistung verlangen kann und zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet[3] ist.[4] Dieser Definition hat sich die Lehre weitestgehend angeschlossen, zugleich aber eine vereinfachte Version der Definition entwickelt, wonach Arbeitgeber ist, wer mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt.[5] Dabei kann Arbeitgeber nach diesen Maßgaben sowohl eine natürliche, eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts sowie eine rechtsfähige Personengesellschaft sein.[6]
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Trotz dieser für das Arbeitsrecht allgemein anerkannten Definition des Arbeitgeberbegriffs erhält er sich für die einzelnen Normen eine gewisse Relativität. Beleg hierfür bildet § 6 Abs. 2 AGG, der für die Regelungen des 2. Abschnitts des Gesetzes den Arbeitgeberbegriff abweichend von der anerkannten Definition festschreibt. Nach dieser Vorschrift ist Arbeitgeber nicht nur, wer Arbeitnehmer, sondern auch, wer Auszubildende, arbeitnehmerähnliche Personen oder Heimarbeiter beschäftigt.
bb) Arbeitgeber kraft gesetzlicher Anordnung
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Soweit sich eine Arbeitgeberstellung auf Grundlage der vorstehenden Definition an sich nicht feststellen lässt, kann sich diese gleichwohl aufgrund gesetzlicher Anordnung oder als gesetzliche Fiktion ergeben. So ordnet beispielsweise § 10 Abs. 1 i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG an, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher als zustande gekommen gilt, wenn der Verleiher über eine Genehmigung der Arbeitgeberüberlassung nicht verfügt. Das so kraft Gesetzes fingierte Arbeitsverhältnis bringt es mit sich, dass der Entleiher rechtlich als Arbeitgeber gilt. Ebenso rückt der Insolvenzverwalter, auf den mit der Eröffnung des Verfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergeht, in die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers ein.[7] Regelmäßig wird dies in den Eröffnungsbeschlüssen ausdrücklich festgelegt. Nicht selten ordnet das Insolvenzgericht zudem an, dass bereits mit der Bestellung zum („schwachen“) vorläufigen Insolvenzverwalter die Arbeitgeberstellung auf den vorläufigen Insolvenzverwalter mit allen Rechten, vor allem aber Pflichten übergeht.
b) Arbeitgeber im sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Sinne
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Der arbeitsrechtliche Arbeitgeberbegriff deckt sich indes nicht durchgängig mit denen – für das Arbeitsverhältnis ebenfalls relevanten Bereichen – des Sozialversicherungs- und des Steuerrechts. Dies ist für den Teil des Arbeitgeberstrafrechts von Bedeutung, der inhaltlich zumindest auch dem Sozialversicherungs- und Steuerrecht zugeordnet werden kann. Letzteres ist für die Straf- und Bußgeldtatbestände des SGB III oder des SchwarzArbG weitgehend unstreitig, weshalb für die Bestimmung des Normadressaten in diesem Rahmen auf den sozialversicherungsrechtlichen Arbeitgeberbegriff abzustellen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH gilt für die Norm des § 266a StGB der Arbeitgeberbegriff des Sozialrechts, der wiederum auf das Arbeitsrecht verweist.[8] Dabei ist allerdings im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG problematisch, dass im einschlägigen SGB IV der Arbeitgeberbegriff gesetzlich nicht definiert wird.[9] Um das Bestimmtheitsgebot zu wahren, muss in Grenzfällen der Arbeitgeberbegriff zugunsten des Arbeitgebers ausgelegt werden.[10] Letzten Endes muss für die jeweilige Norm geprüft werden, welcher der anerkannten Arbeitgeberbegriffe heranzuziehen ist.
aa) Sozialversicherungsrechtlicher Arbeitgeberbegriff
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Wie im Arbeitsrecht, wird die Bestimmung des Arbeitgeberbegriffs auch im Sozialversicherungsrecht grundsätzlich anhand des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses vorgenommen. Sozialversicherungsrechtlich maßgeblich ist insoweit, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Parteien besteht. Beschäftigungsverhältnis einerseits und Arbeitsverhältnis andererseits sind inhaltlich nicht deckungsgleich,[11] wie sich bereits unmittelbar aus der Definition des Beschäftigtenverhältnisses in § 7 Abs. 1 SGB IV („… insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“) ergibt.
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