IV. Zwischenergebnis
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Die Bank ist in der Krise des Bankkunden regelmäßig zur Kreditkündigung berechtigt. Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse seitens des Bankkunden beschränken grundsätzlich weder das ordentliche noch das außerordentliche Kündigungsrecht der Banken. Die Krisensituation beinhaltet vielmehr einen Kündigungsgrund, der zu einer außerordentlichen Kreditkündigung berechtigt. Dementsprechend ist die Kreditkündigung auch rechtstatsächlich häufige Folge des Kriseneintritts.
Anmerkungen
Etwa Batereau WM 1992, 1517; Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.98: „Konfliktsituation“; Ganz in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 27 Rn. 1: „völlig gegensätzliche Positionen“; Neuhof NJW 1998, 3225: „Konfliktlage“.
Eine Erörterung der ergänzenden Vorschriften zum Kündigungsrecht des Darlehensnehmers (§ 489 BGB) kann deshalb unterbleiben.
In diesem Fall tritt „Fälligkeit“ mit Ende der Laufzeit ein (§ 488 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 BGB), Palandt-Weidenkaff § 488 Rn. 14. Eine ausdrückliche oder konkludente Zeitbestimmung schließt das Recht auf ordentliche Kündigung aus, vgl. MK-BGB-K.P. Berger § 488 Rn. 224. Sofern für die Rückzahlung eines Darlehens eine Zeit nicht bestimmt wurde (Festdarlehen), hängt die Fälligkeit des Rückerstattungsanspruchs davon ab, dass der Darlehensgeber oder Darlehensnehmer den Darlehensvertrag wirksam kündigt (Kündigungsdarlehen, vgl. § 488 Abs. 3 S. 1 BGB). Die Auslegungsregel des § 271 Abs. 2 BGB wird durch § 488 Abs. 3 S. 1 BGB verdrängt, BGHZ 42, 302 (305); 64, 278 (284). Zugleich ist die Kündigung Ansatzpunkt für die Beendigung des Vertragsverhältnisses insgesamt, MK-BGB-K.P. Berger § 488 Rn. 221. Mit wirksamer Kündigung endet ebenfalls der Anspruch des Darlehensgebers auf Zahlung des vertraglich vereinbarten Zinssatzes. Zu den danach möglichen Verzugszinsen vgl. § 288 BGB. Einer Mahnung (oder gar Kündigung) des Kredits bedarf es in diesen Fällen nicht, Kiethe KTS 2005, 179; Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.52. Der Bankkunde hat die Möglichkeit, wirtschaftliche Dispositionen a priori an den vertraglich ausbedungenen Fälligkeitsterminen auszurichten, die dieser selbst (allerdings in wirtschaftlich „gesunder“ Zeit) vereinbart hat, vgl. Canaris ZHR 143 (1979), 113 (115).
MK-BGB-K.P. Berger § 488 Rn. 229, 239. Dies entspricht dem allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz, dass bei Dauerschuldverhältnissen stets ein Recht auf einseitige Vertragsaufhebung besteht, Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.55.
MK-BGB-K.P. Berger § 488 Rn. 239.
Obermüller ZInsO 2002, 97 (98); Palandt-Weidenkaff § 488 Rn. 31, 33; Bruchner/Krepold in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 79 Rn. 116; MK-BGB-K.P. Berger § 488 Rn. 240. Beschränkungen sowie sonstige vertragliche Modifizierungen des Rechts zu ordentlicher Kündigung sind ebenfalls zulässig; ebenso eine Vereinbarung über die Zulässigkeit einer ordentlichen Kündigung erst ab einer bestimmten Laufzeit, Palandt-Weidenkaff § 488 Rn. 31.
Die gesetzliche Kündigungsfrist kann verlängert oder verkürzt werden, Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.58.
Hervorhebung nicht im Original; vgl. auch Nr. 26 Abs. 2 S. 1 AGB-Sparkassen.
Wenn die AGB-Banken wirksam einbezogen sind. Diese Regelung verfolgt in erster Linie den Zweck, zu vermeiden, dass bereits Kreditzusagen der öffentlich-rechtlichen Kapitalunterlegungspflicht (vgl. § 10 KWG) unterfallen. Diese entfällt, sofern eine Kreditzusage jederzeit kündbar ist. Zu eben diesem telos etwa Obermüller ZInsO 2002, 97 (98); Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 24 Rn. 4 m.w.N.
Ebenso Nr. 26 Abs. 1 S. 2 AGB-Sparkassen.
(Hervorhebung nicht im Original). Nr. 19 Abs. 5 AGB-Banken; ergänzend bestimmt Nr. 19 Abs. 2 S. 2 AGB-Banken, dass die Bank bei Ausübung des ordentlichen Kündigungsrechts auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht zu nehmen hat. Vgl. auch Nr. 26 Abs. 1 S. 2 AGB-Sparkassen; es handelt sich hierbei rechtlich allerdings nicht um eine Kündigungs-, sondern um eine Abwicklungsfrist, Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 24 Rn. 53; MK-BGB-K.P. Berger § 488 Rn. 241.
Rümker KTS 1981, 493; OLG Düsseldorf WM 1989, 1838; dieser Gedanke liegt auch Nr. 19 Abs. 1 der AGB-Banken (Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen) zugrunde; die Vorschriften sehen das Recht der Bank vor, sofern eine besondere vertragliche Regelung der Kündigungsfrist nicht erfolgt ist, die Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftsbeziehungen „jederzeit unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist“ zu kündigen.
So im Ergebnis ebenfalls Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.52.
Anders im Einzelfall nach den Grundsätzen des venire contra factum proprium, sofern die Bank die Laufzeit eines – zunächst befristeten – Darlehens mehrfach verlängert hat; hier soll im Einzelfall, mit Rücksicht auf § 242 BGB, eine besondere Hinweispflicht bestehen, dass die Übung nun aufgegeben werde; etwa OLG Hamm WM 1991, 402.
Canaris ZHR 143 (1979), 113 (114); Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.52.
Canaris ZHR 143 (1979), 113 (117).
BGH WM 1985, 1136; OLG Hamm ZIP 1985, 1387; Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.51 m.w.N.
So im Ausgangspunkt auch Canaris ZHR 143 (1979), 113 (122): „Die Freiheit zur ordentlichen Kündigung ist […] integrierender Bestandteil einer funktionell verstandenen Privatautonomie“. Mit einer Übersicht Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.56.