1. Allgemeines
15
Die Formen und die Wortverbindungen, in denen uns das Leasing begegnet, sind außerordentlich vielgestaltig. Die Kennzeichnung eines Vertrags als Leasingvertrag besagt als solche noch recht wenig über die steuerliche Behandlung des Vertrages. Das Gleiche gilt für die Verwendung bestimmter Wortverbindungen, z.B. Konsumgüterleasing, Netleasing oder Dienstleistungsleasing, direktes Leasing, indirektes Leasing, Cross-border-Leasing, Kommunalleasing. Für die steuerliche Würdigung eines Leasingvertrages ist es erforderlich, aber auch ausreichend, die Bedeutung und die Konsequenzen der folgenden Begriffe zu kennen:
– | Vollamortisationsverträge, |
– | Teilamortisationsverträge, |
– | Finanzierungs-Leasing, |
– | Operating-Leasing, |
– | Mobilien-Leasing, |
– | Immobilien-Leasing. |
1 › V › 2. Voll-/Teilamortisationsverträge
2. Voll-/Teilamortisationsverträge
16
Vom Finanzierungs- bzw. Risikoablauf haben sich in der Leasingpraxis zwei Grundtypen von Verträgen entwickelt: Voll- und Teilamortisationsverträge. Abgrenzungskriterium ist, ob in der Grundmietzeit durch die Leasingraten alle Kosten des Leasinggebers abgedeckt werden oder nicht.
– | Bei Vollamortisationsverträgen („full-pay-out-Verträge“) amortisiert der Leasinggeber in der Grundmietzeit über die Leasingraten die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Leasingobjektes sowie alle Nebenkosten (Vertrieb, Verwaltung, Finanzierungskosten sowie Gewinnmarge). Bei Immobilien kommen Vollamortisationsverträge praktisch kaum vor. Immobilien-Leasing auf Full-pay-out-Basis würde zu stark überhöhten Mieten führen, die im Hinblick auf die erheblich über die Grundmietzeit hinausgehende eigentliche Nutzungsdauer des Objekts kein Leasingnehmer zu tragen bereit ist, es sei denn, zu Bedingungen, die ihn von vornherein als wirtschaftlichen Eigentümer qualifizieren. Allenfalls findet man beim Immobilien-Leasing Vertragsformen, die zwar nach der rein äußerlichen Gestaltung die Kriterien des Full-pay-out-Leasings erfüllen, die jedoch in Wirklichkeit Teilamortisationsverträge sind. Gemeint sind die verschiedentlich vorkommenden Fälle, dass die Mieten die Kosten zwar voll abdecken, dass der Leasingnehmer aber am Ende der Grundmietzeit Anspruch auf Rückzahlung (oder auf Verrechnung mit dem Kaufpreis) des Teils der Mietzahlungen hat, der den dann noch nicht verbrauchten steuerlichen Abschreibungen entspricht. Insoweit stellen sich die während der Mietdauer geleisteten Mieten als Mieterdarlehen, Mieterkautionen oder Mietvorauszahlungen dar. |
– | Bei Teilamortisationsverträgen („non-pay-out-Verträge“) wird durch die Leasingraten nur ein Teil der Gesamtinvestitionskosten abgedeckt. Die Leasingraten werden lediglich auf Basis der Differenz zwischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten und einem angemessenen, im Vertrag vereinbarten Rest(buch)wert kalkuliert. Der Restwert soll mindestens dem steuerlichen Restbuchwert (nach Ablauf der Grundmietzeit unter Zugrundelegung der linearen AfA) entsprechen. Je nach der Art der Vereinbarungen, insbesondere über die am Schluss der Grundmietzeit vom Leasingnehmer zu erbringenden Leistungen und über die Zuteilung des Veräußerungserlöses, kann bei diesen Verträgen der Leasinggeber oder der Leasingnehmer wirtschaftlicher Eigentümer sein.[1] |
1 › V › 3. Operating-Leasing/Finanzierungs-Leasing/Abgrenzung zum Mietkauf
3. Operating-Leasing/Finanzierungs-Leasing/Abgrenzung zum Mietkauf
17
Neben der wirtschaftsgutbezogenen Unterscheidung zwischen Immobilien- und Mobilien-Leasing gibt es die klassische Trennung zwischen Operating-Leasing und Finanzierungs-Leasing. Die Begriffe stammen aus dem angelsächsischen Bereich; dort versteht man unter financial leases Verträge, bei denen der Gegenstand beim Leasingnehmer bilanziert wird und operating bzw. operate leases solche Verträge, die eine Bilanzierung beim Leasinggeber zur Folge haben. In Deutschland sind die Unterscheidungsmerkmale andere:
a) Operating-Leasing
18
Für Operating-Leasing typisch ist entweder eine – gemessen an der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Objektes – kurzfristige Überlassung eines Wirtschaftsguts oder ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Vertrag, der vom Leasingnehmer nach Ablauf einer kurzen Grundmietzeit ohne weiteres gekündigt werden kann. Das Leasingobjekt wird nicht speziell für den Leasingnehmer, sondern zur Bedienung der Nachfrage am Markt angeschafft. Es erfolgt in der Regel eine mehrfache Überlassung an verschiedene Leasingnehmer. Der Leasinggeber verfolgt primär ein Sach- und Absatzinteresse, das Finanzierungsinteresse tritt in den Hintergrund.[2] Diese Erscheinungsform des Leasings, bei der der Vermieter die Objektrisiken trägt, entspricht weitestgehend dem Leitbild der Miete i.S.d. §§ 535 ff. BGB.[3] Der Begriff Leasing ist bei derartigen Verträgen eher unangebracht.
b) Finanzierungs-Leasing
19
Finanzierungs-Leasing ist eine vertragliche Vereinbarung, bei der ein Leasinggeber ein Wirtschaftsgut längerfristig, d.h. über einen wesentlichen Teil der Nutzungsdauer, einem Leasingnehmer überlässt. Aufgrund der längerfristigen Bindung und zusätzlichen Verpflichtungen hat die Vereinbarung für den Leasingnehmer eine mit einem Kredit vergleichbare Finanzierungswirkung. Zur Charakterisierung des Finanzierungs-Leasings hat der BFH im Leasingurteil vom 26.1.1970[4] Ausführungen gemacht, die für die steuerliche Praxis von grundlegender Bedeutung sind und die im Wesentlichen auch Eingang in die Leasingerlasse der Finanzverwaltung gefunden haben. Finanzierungs-Leasing ist demnach anzunehmen, wenn
– | ein Leasingvertrag über eine bestimmte Zeit abgeschlossen ist, während er bei vertragsgemäßer Erfüllung von keiner Partei gekündigt werden kann (Grundmietzeit) und |
– | der Leasingnehmer mit den in der Grundmietzeit zu entrichtenden Raten mindestens die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie alle Nebenkosten des Leasinggebers deckt. |
Dies ist vergleichbar mit dem Begriff des Finanzierungs-Leasing, der durch die Schuldrechtsreform 2002 mit § 500 BGB a.F. kurzzeitig ins BGB eingeführt wurde. Nach der Gesetzesbegründung zum § 500 BGB a.F. ist Finanzierungs-Leasing dadurch gekennzeichnet, dass der Leasingnehmer nicht nur für eine bestimmte Dauer Leasingraten als Entgelt für die Gebrauchsüberlassung zahlen muss, sondern darüber hinaus für die Amortisation der vom Leasinggeber vorfinanzierten Anschaffungskosten einzustehen hat, wobei ein Erwerbsrecht des Leasingnehmers nicht erforderlich ist.[5] Im Gegensatz zur steuerlichen Betrachtung