Vgl. dazu Böse S. 30 ff.; Ulsamer-Dannecker S. 302 ff.; Dieblich S. 26 ff.; Satzger S. 187 ff.; Schröder S. 56 ff.; Tiedemann NJW 1993, 23 ff.
Rengeling/Middeke/Gellermann-Dannecker/Müller § 39 Rn. 42 sowie Wabnitz/Janovsky-Dannecker/Bülte 2. Kap. Rn. 380.
Wabnitz/Janovsky-Dannecker/Bülte 2. Kap. Rn. 377 ff.
Wabnitz/Janovsky-Dannecker/Bülte 2. Kap. Rn. 341 ff.
Verordnung [EG] Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren, AblEG 2000 Nr. 160/1, in Kraft getreten am 31.5.2002; vgl. auch das Gesetz zum Internationalen Insolvenzrecht, BT-Drucks. 15/16, 15/323 und den Hinweis in: Schönke/Schröder-Heine/Schuster Vor §§ 283 ff. Rn. 1b.
Im Einzelnen hierzu Braun-Tashiero § 335 Rn. 26 ff.
Schönke/Schröder-Heine/Schuster Vor §§ 283 ff. Rn. 1b; Ehricke/Ries JuS 2003, 313.
S. hierzu Rn. 881 ff.
Müller-Gugenberger-Richter § 76 Rn. 55.
BGBl. I, S. 866.
Teil 1 Grundfragen des Insolvenz- und Insolvenzstrafrechts › C. Geschützte Rechtsgüter und Systematik des Insolvenzstrafrechts
C. Geschützte Rechtsgüter und Systematik des Insolvenzstrafrechts
Teil 1 Grundfragen des Insolvenz- und Insolvenzstrafrechts › C. Geschützte Rechtsgüter und Systematik des Insolvenzstrafrechts › I. Geschützte Rechtsgüter der Insolvenzdelikte
I. Geschützte Rechtsgüter der Insolvenzdelikte
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Der Rechtsgüterschutz innerhalb der Insolvenzstraftaten ist komplexer Natur und unterschiedlich akzentuiert.[1] Es kann zwischen individuellen und überindividuellen Rechtsgütern differenziert werden.[2] Die Frage nach dem Rechtsgut hat zum einen Relevanz für die verfassungsrechtliche Legitimation bzw. für die Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit des gesamten Insolvenzstrafrechts, zum anderen sind die geschützten Rechtsgüter insbesondere bei der Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale zu berücksichtigen.[3]
Außerdem hängt von den geschützten Rechtsgütern ab, ob es sich bei den Strafgesetzen um Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB handelt (Rn. 726, 1026, 1344). Soweit Individualrechtsgüter geschützt werden, handelt es sich um Schutzgesetze, deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch zur Folge hat.
1. Schutz individueller Rechtsgüter
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Zunächst schützen die §§ 283 ff. StGB die Vermögensinteressen der Gläubiger als eine faktische (nicht rechtliche[4]) Interessengemeinschaft an einer größtmöglichen, ihrem jeweiligen insolvenzrechtlichen Rang entsprechenden Befriedigung aus dem Vermögen des Gemeinschuldners.[5] Ob dies nur zum Nachteil der Gesamtgläubigerschaft oder möglicherweise auch nur zum Nachteil eines einzigen Gläubigers möglich ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten:[6] Existieren mehrere Gläubiger, so kommt es auf die Gesamtheit der Gläubiger und ihre Befriedigung an.[7] Dies belegt der Straftatbestand der Gläubigerbegünstigung nach § 283c StGB.[8]
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Teilweise wird die Auffassung vertreten, die Bewahrung der Gläubiger vor Vermögenseinbußen, die aus dem Eingehen unerlaubter Risiken des Schuldners resultieren, sei der umfassende Schutzzweck der Insolvenzdelikte.[9] Zur Präzisierung bedürfe es dann einer genaueren Zweckbestimmung zwischen den bestandsbezogenen und den informationsbezogenen Normen.[10]
Anderenorts wird proklamiert, Schutzgut bei der Verletzung der Buchführungspflicht des § 283b StGB sei der Schutz von Treu und Glauben im Wirtschaftsverkehr.[11] Diese Zweckbestimmung wird zu Recht als zu wenig spezifisch abgelehnt, da diese Einstufung nicht der Bedeutung der Buchführung im heutigen Wirtschaftsleben gerecht wird.[12]
Andere Autoren betonen schließlich, das Rechtsgut der §§ 283 ff. StGB sei der Schutz der etwaigen (potenziellen[13]) Insolvenzmasse vor unwirtschaftlicher Verringerung, Verheimlichung und ungerechter Verteilung.[14] Diese Ansicht überzeugt nicht, weil ein solches Rechtsgut zum Zeitpunkt der Tathandlung noch gar nicht existieren musste, sondern erst durch die jeweilige Tathandlung hervorgebracht werden kann. Ansonsten müsste der Gläubiger – insbesondere bei einem Handeln vor der Krise nach § 283 Abs. 2 StGB – als Träger eines Rechtsguts eingestuft werden, das nicht nur im Eigentum des Täters steht, sondern bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch dessen alleiniger Verfügungsberechtigung unterliegt.[15] Somit handelt es sich bei der Insolvenzmasse weniger um das geschützte Rechtsgut als um das Tatobjekt, an dem sich die Tat verwirklicht.[16] Ein weiterer Einwand gegen die soeben genannte Ansicht ist, dass danach der Rechtsgutsbezug der informationsbezogenen Insolvenzdelikte unklar bleibt.[17] Im Ergebnis ist es daher abzulehnen, die Insolvenzmasse als eigenständiges Rechtsgut einzustufen.
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Im Jahre 1999 wurde bei der Reform der Insolvenzordnung die Gestaltungsfreiheit der Gläubiger ausgedehnt. Nunmehr können diese auch darüber entscheiden, inwieweit das in die Insolvenz geratene Unternehmen des Schuldners liquidiert oder aber fortgeführt werden soll. Ob diese erweiterte Gestaltungsfreiheit ebenfalls ein selbstständiges Rechtsgut der §§ 283 ff. StGB darstellt, ist umstritten. Eine Ansicht[18] bejaht dies, teilweise kumulativ zum Schutzgut des Gläubigervermögens,[19] mit der Begründung, dass der Schuldner, der durch wirtschaftswidrige Dispositionen sein Vermögen verringere, nicht nur die Verteilungsquote der Gläubiger im Fall der Zerschlagung, sondern auch den wirtschaftlichen Gestaltungsspielraum der Gläubiger im Insolvenzverfahren reduziere.[20] Dem Gläubiger solle durch diesen Gestaltungsspielraum jedoch die Möglichkeit gegeben werden, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Schuldners durch eigene sachgemäße Maßnahmen wieder herzustellen. Dadurch solle eine – gegenüber der Zerschlagung – weitergehende Erfüllung der schuldnerischen Verbindlichkeiten