3. Faktischer Geschäftsführer
52
Die Rechtsprechung[86] erfasst unter Berufung auf das Reichsgericht[87] auch Fälle der faktischen Organschaft und rechnet das Krisenmerkmal und die objektive Strafbarkeitsbedingung dem Hintermann zu, der den formell vertretungsberechtigten Gesellschafter oder Inhaber in eine Strohmannrolle versetzt.[88] Eine faktische Geschäftsführung liegt in aller Regel vor, wenn eine Person die Geschicke der Gesellschaft allein bestimmt, eine überragende Stellung in der Geschäftsleitung einnimmt oder die Geschäfte in weitergehendem Umfang als der formell festgelegte Geschäftsführer vornimmt und bestimmenden Einfluss auf alle Geschäftsvorgänge hat.[89] Er muss nach dem Gesamterscheinungsbild die Geschäfte „wie ein Geschäftsführer“ führen.[90] Seine Tätigkeit muss von einer gewissen Dauer gewesen sein, er muss betriebsinternen und/oder extern nach außen[91] verantwortlich aufgetreten sein und auf wichtige Geschäftsvorfälle bestimmenden Einfluss genommen haben.[92] Weiterhin muss ihm das Amt durch die Zuständigen anvertraut worden sein; hierfür reicht das Einverständnis der Gesellschafter oder des zuständigen Gesellschaftsorgans aus. Weiterhin muss der faktische Geschäftsführer tatsächliche Verfügungsmacht haben.[93] Auf den faktischen Liquidator finden die Grundsätze der faktischen Geschäftsführung entsprechend Anwendung.[94]
4. Teilnahme
53
Die Zurechnung der Strafbarkeit auf handelnde Organe und Beauftragte nach § 14 StGB bedeutet nicht, dass andere Personen stets straflos bleiben. Bei ihnen ist nur eine Täterschaft, nicht jedoch eine Verantwortung als Gehilfe oder Anstifter ausgeschlossen.
Anmerkungen
MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 11; Schönke/Schröder-Heine/Schuster Vor §§ 283 ff. Rn. 2.
Vgl. dazu Achenbach/Ransiek/Rönnau-Wegner VII 1 Rn. 3 und die einschlägigen Kommentare zum StGB und zur InsO.
Vgl. dazu MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 19; LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 6.
S. dazu LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 45.
BGHSt 9, 84; 28, 373; BGH NStZ 1987, 23; BGH NJW 2001, 1874; OLG Frankfurt NStZ 1997, 552; Fischer Vor § 283 Rn. 3; NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 19, 29 m.w.N.; Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 3; Lackner/Kühl-Heger § 283 Rn. 1; SK-StGB-Hoyer Vor § 283 Rn. 3 m.w.N.; Joecks Vor § 283 Rn. 1; MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 1 m.w.N. bzw. Rn. 11 m.w.N.; LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 2 bzw. Rn. 45; vgl. auch Krüger wistra 2002, 52; Trüg/Habetha wistra 2007, 365, 366.
Vgl. RGSt 39, 326; 41, 314; BGH NStZ 2001, 485 mit Anm. Krause NStZ 2002, 42; Schönke/Schröder-Heine/Schuster Vor §§ 283 ff. Rn. 2; MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 11; LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 45 (Fn. 32).
Vgl. RGSt 68, 109; BGHSt 28, 371, 373; Schönke/Schröder-Heine/Schuster Vor §§ 283 ff. Rn. 2; MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 11; LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 45.
Vgl. Rn. 980 ff.
Dazu und zu der Frage, ob der Schuldner durch den Missbrauch von Vertrauen dabei ein unerwartet und ungewöhnliches Risiko gesetzt haben muss, NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 20 ff.
So NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 23 ff.
Maurach/Schröder/Maiwald StrafR BT I, § 48 I 3.
LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 47.
LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 46.
So Fischer Vor § 283 Rn. 3; Gallandi wistra 1992, 10; Krause NStZ 1999, 161, 162; a.A. Müller-Gugenberger-Richter § 76 Rn. 48; NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 30; vgl. dazu auch Tiedemann Wirtschaftsstrafrecht Rn. 1107.
NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 30; MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 13; LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 46.
MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 13; a.A. Bittmann-Brand § 12 Rn. 6.
NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 30.
So NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 18, 26; Krause S. 159 ff.
Vgl. MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 15 m.w.N.
So NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 18; ausdrücklich a.A. MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 16 mit dem Hinweis, nicht der Gestaltungsspielraum bzw. die Gestaltungsmacht werde unmittelbar tangiert, sondern das Substrat in Form der Insolvenzmasse.
NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 26.