1. Kapitel Unternehmensumstrukturierungen und ihre Erscheinungsformen › A. Motive für sowie Ziele von Unternehmensumstrukturierungen und -übertragungen
A. Motive für sowie Ziele von Unternehmensumstrukturierungen und -übertragungen
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Unternehmensumstrukturierungen und -übertragungen erfolgen in der Praxis aus den unterschiedlichsten Motiven heraus und mit den unterschiedlichsten Zielen.[1] Neben strategischen Motiven und Zielen wie
– | der Erleichterung einer Veräußerung (Bsp.: Konzentration auf das Kerngeschäft) bzw. Stilllegung (Ziel: Personalabbau, Motiv: Kostensenkung) bestimmter Unternehmen oder Unternehmensteile, |
– | der Vermeidung kartellrechtlicher Verstöße[2] oder |
– | nachteiliger regulatorischer Vorgaben[3] bzw. |
– | steuerlicher Effekte[4] |
werden in der Praxis durchaus häufig auch spezifisch arbeitsrechtlich motivierte Ziele verfolgt. Diese reichen von
– | einer Effizienzsteigerung durch Veränderung der organisatorischen Abläufe zur Erzielung von Synergieeffekten (Motiv: Wettbewerbsfähigkeit steigern oder erhalten), |
– | über die Gestaltung der Betriebs- und Gesellschaftsstruktur zur Gestaltung des Mitbestimmungsumfangs (Motiv: Verschlankung von Abläufen und Reduktion von Verwaltungs- und Abstimmungsaufwand) bzw. des Sozialschutzes (inklusive Kündigungsschutz) auf Betriebs- und Unternehmensebene[5], |
– | bis hin zur Vereinheitlichung oder Veränderung von Arbeitsbedingungen (Leistungsverdichtung, Kostenreduktion). |
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So vielgestaltig die Motive und Ziele von Unternehmensumstrukturierungen bzw. -übertragungen sind, so zahlreich sind auch die Gestaltungsmöglichkeiten, die zur Erreichung entsprechender Ziele zur Verfügung stehen.
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Angesichts der komplexen Motivations- und Interessenlage, die hier lediglich nur schemenhaft skizziert werden können, erschließt sich schnell, dass eine Einheitslösung ebenso wenig existiert wie eine in aller Regel vorteilhafte Lösung. Maßgeblich für die Wahl des richtigen Gestaltungsmodells sind vielmehr der rechtliche und tatsächliche Rahmen sowie die Interessenlage im konkreten Fall.
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Der Interessenlage im konkreten Fall kann ggf. auf ganz unterschiedlicher Ebene Rechnung getragen werden. Denn denkbar sind ausgehend davon, welche Ziele vorrangig verfolgt werden sollen, entweder rein gesellschaftsrechtliche oder rein arbeitsrechtliche (z.B. rein tatsächlich-organisatorische) bzw. eine Kombination aus gesellschafts- und arbeitsrechtlichen Maßnahmen.[6]
Anmerkungen
Vgl. zur wirtschaftlichen Entwicklung und ihrer Auswirkung auf Umstrukturierungstrends (allerdings bisweilen etwas polemisch) Beseler/Düwell/Göttling/Düwell S. 329 ff.; vgl. zu Motiven für Umstrukturierungen ferner Sieg/Maschmann Rn. A 4 ff.
Auf kartellrechtliche Vorgaben weist zu Recht WHSS/Willemsen Rn. B 138 f. hin.
Vgl. zu gesellschafts- und arbeitsrechtlichen Umstrukturierungen zur Compliance mit Unbundlingvorgaben in der Energiewirtschaft Mückl Arbeitsrecht der Energiewirtschaft, Kap. 2 Rn. 56 ff., 245 ff.
Goldenbaum/Strunk DStR 1995, 1773; Arens/Düwell/Wichert/Arens/Düwell § 4 Rn. 3; WHSS/Willemsen Rn. B. 134 ff.
Vgl. zu einer beispielhaften Aufzählung von Schwellenwerten, die zu vermeiden Motivation einer Umstrukturierung sein kann z.B. Arens/Düwell/Wichert/Arens/Düwell § 4 Rn. 3 sowie Pulte BB 2005, 549.
Vgl. zu einem Überblick über Aspekte, die bei der Planung einer Umstrukturierung beachtet werden müssen, z.B. Bauer/Haußmann/Krieger Teil 1 B. Rn. 1 ff.
1. Kapitel Unternehmensumstrukturierungen und ihre Erscheinungsformen › B. Rein gesellschaftsrechtliche Maßnahmen
B. Rein gesellschaftsrechtliche Maßnahmen
1. Kapitel Unternehmensumstrukturierungen und ihre Erscheinungsformen › B. Rein gesellschaftsrechtliche Maßnahmen › I. Zielsetzung: Minimierung arbeitsrechtlicher Einflussnahme auf die Umstrukturierung
I. Zielsetzung: Minimierung arbeitsrechtlicher Einflussnahme auf die Umstrukturierung
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Soweit die Bedingungen, unter denen die Umstrukturierung erfolgen soll, bzw. deren Zielsetzung eine möglichst geringe Einflussnahme arbeitsrechtlicher Vorgaben bzw. der Mitarbeiter und ihrer Vertretungen als wünschenswert erscheinen lassen, sollte (vorbehaltlich gegenläufiger steuerlicher und sonstiger Implikationen) im Zweifel eine rein gesellschaftsrechtliche Gestaltungsform gewählt werden.[1]
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Bei rein gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen bestehen in der Regel die geringsten Beteiligungs- und Einwirkungsrechte der Arbeitnehmerseite.
a) Anteilserwerb bzw. -veräußerung an nicht börsennotierten Unternehmen durch Kaufvertrag
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So ist z.B. im Fall eines reinen Kaufs bzw. Verkaufs von Gesellschaftsanteilen (Share Deal) an nicht börsennotierte Unternehmen lediglich nach § 106 BetrVG der Wirtschaftsausschuss[2] bzw. – im Fall eines Kontrollerwerbs in Unternehmen, in denen kein Wirtschaftsausschuss besteht