VI. Das Vormundschaftsrechtsänderungsgesetz 2011
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Das Gesetz zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechtes, das in seinen wesentlichen Teilen mit der Veröffentlichung im Juli 2011 in Kraft trat,[1] erfolgte nach einigen öffentlichkeitswirksamen Skandalen im Bereich des Vormundschaftsrechtes (z.B. Fall „Kevin“ in Bremen). Es sollte sichergestellt werden, dass Vormünder, aber auch andere gesetzliche Vertreter, die ihnen anvertrauten Personen regelmäßig persönlich besuchen und dass Fallzahlen, vor allem bei Amtsvormundschaften nicht einen solchen Kontakt unmöglich machen. Lediglich für das Vormundschaftsrecht selbst wurde bestimmt, dass grundsätzlich ein monatlicher Besuchskontakt stattzufinden hat (§ 1793 BGB) und dass Mitarbeiter der Amtsvormundschaft maximal für 50 Mündel zuständig sein dürfen (§ 55 SGB VIII).[2]
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Auch für das Betreuungsrecht gilt die erweiterte Jahresberichtspflicht (§ 1840 Abs. 1 BGB), die nun auch die persönlichen Kontakte beschreiben soll sowie die (ein Jahr später in Kraft getretene) Überwachungspflicht des Betreuungsgerichtes (§ 1837 Abs. 2 BGB). Mangelnde persönliche Betreuungsführung wird in § 1908b Abs. 1 BGB nun ausdrücklich als Entlassungsgrund aufgeführt.[3]
Anmerkungen
Gesetz v. 29.6.2011, BGBl. I, 1306.
Harm Die erweiterte Aufsicht des Familiengerichts über Vormünder und Pfleger, RPfl.Stud.hefte 2013, 57.
Michel Der persönliche Kontakt zum Betreuten, BtPrax 2012, 150.
A. Die materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften des Betreuungsrechts und der Unterbringung › VII. Das ZPO-Rechtsmittelreformgesetz 2013
VII. Das ZPO-Rechtsmittelreformgesetz 2013
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Das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften[1] trat am 1.1.2013 in Kraft und änderte auch einige Bestimmungen aus dem Betreuungs- und Unterbringungsverfahren. Neben einigen Detailänderungen, wie der Fristanpassung der Sprungrechtsbeschwerde bei verkürzter Beschwerdefrist wurden vor allem die Vor- und Zuführungsvorschriften, die der Betreuungsbehörde die Gewaltanwendung und den Wohnungszutritt ermöglichen, vereinheitlicht und beim Letzteren neu gefasst.
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Die Ergänzungen der Vorschrift sind auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum früheren § 68b Abs. 3 S. 1 FGG a.F. zurückzuführen, die die Vorführung zur Untersuchung regelte. In dieser Entscheidung[2] führt das Bundesverfassungsgericht aus, die Bestimmung, nach der das Gericht unanfechtbar anordnen konnte, dass der Betroffene zur Vorbereitung eines Gutachtens untersucht und durch die zuständige Behörde zu einer Untersuchung vorgeführt wird, stelle keine ausreichende Rechtsgrundlage für das gewaltsame Öffnen und Betreten der Wohnung zum Zwecke der Vorführung zu einer Begutachtung im Betreuungsverfahren dar. Seit 1.1.2013 kann grundsätzlich eine Vorführung mit Wohnungszutritt erst nach erfolgter Anhörung angeordnet werden. Allerdings ist den Betreuungsbehörden eine eigene Entscheidungskompetenz zur Wohnungsöffnung im Falle der Gefahr im Verzug eingeräumt worden (§§ 278 Abs. 7, 283 Abs. 3, 319 Abs. 7, 326 Abs. 3 FamFG).
Anmerkungen
Gesetz v. 5.12.2012, BGBl. I, 2418.
BVerfG Beschl. v. 21.8.2009, 1 BvR 2104/06, FamRZ 2009, 1814.
A. Die materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften des Betreuungsrechts und der Unterbringung › VIII. Das Patientenrechtegesetz und das Gesetz zur betreuungsrechtlichen Zwangsbehandlung 2013
VIII. Das Patientenrechtegesetz und das Gesetz zur betreuungsrechtlichen Zwangsbehandlung 2013
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Am 26.2.2013 traten zwei weitere betreuungsrechtlich relevante Gesetze in Kraft, das Patientenrechtsgesetz[1], mit dem der Behandlungsvertrag (§§ 630a ff. BGB) als eigene Vertragsform in das BGB eingefügt wurde und das Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme[2]. Das erste genannte Gesetz enthält auch die unmittelbare Verbindlichkeit von Patientenverfügungen gegenüber Ärzten (§ 630d BGB), das zweite Gesetz wurde erforderlich, nachdem der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsauffassung zur ärztlichen Zwangsbehandlung geändert und die bisherigen Regeln in § 1906 BGB und §§ 312 ff. FamFG als nicht ausreichend bezeichnet hatte.[3]
Anmerkungen
Gesetz v. 20.2.2013, BGBl. I, 277; dazu Meier Patientenrechtegesetz – Zu den den sozialrechtlichen Änderungen, BtPrax 2013, 132; Olzen/Lilius-Karakaya Patientenrechtegesetz und rechtliche Betreuung, BtPrax 2013, 127.
Gesetz v. 18.2.2013, BGBl. I, 266; dazu Dodegge Ärztliche Zwangsmaßnahmen und Betreuungsrecht, NJW 2013, 1265; Moll-Vogel Gesetzliche Neuregelung der Zwangsbehandlung, FamRB 2013, 157; Thar Die Einwilligung des Betreuers in die Zwangsbehandlung, BtPrax 2013, 91; Zimmermann Praxisprobleme der ärztlichen Zwangsbehandlung bei Betreuten, NJW 2014, 2479.
BGH Beschl. v. 20.6.2012, XII ZB 99/12, BGHZ 193, 337 = BtPrax 2012, 156 und XII ZB 130/12, BtPrax 2012, 218 (Ls).
A. Die materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften des Betreuungsrechts und der Unterbringung › IX. Das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz 2013
IX. Das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz 2013
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Das am 1.8.2013 in Kraft getretene 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz[1] enthielt ebenfalls Änderungen, die im Betreuungsrecht relevant sind. In diesem Gesetz sind für Betreuer wie für Betreute vor allem zwei Regelungen von Interesse: zunächst die pauschalierte Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Betreuer (sowie Vormünder und Pfleger) nach § 1835a BGB. Sie betrug seit dem 1.7.2004 jährlich 323 € und steigt mit Inkrafttreten des Gesetzes auf 399 €. Die Steigerung kommt dadurch zustande, dass die Berechnungsgrundlage für die Pauschale sich an dem Höchstbetrag der Zeugenentschädigung nach § 22 JVEG orientiert; dieser steigt im Rahmen des o.g. Gesetzes von 17,00 auf 21,00 €. Damit ergibt die Multiplikation mit 19 die neue Summe.
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Eine weitere Auswirkung ist die Änderung der Gerichtskosten für vermögende Betreute, bislang