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Der offenkundige Trend zu einer stärkeren Verrechtlichung der Verfassung ist zum Teil auf den Druck zurückzuführen, der vom EGMR auf das Vereinigte Königreich ausgeübt worden ist, insbesondere basierend auf Art. 6 EMRK. In McGonnell v. UK[141] wurde entschieden, dass die Position des Deputy Bailiff of Guernsey mit Art. 6 EMRK inkompatibel war, da er als Richter und als Präsident des Parlaments tätig war, welches das fragliche Gesetz beschlossen hatte. Im Fall Starrs v. Ruxton[142] entschied der High Court of Justiciary, dass die Position des Temporary Sheriff (Richter in Schottland, der von der Exekutive auf Zeit ernannt wird), nicht dem Kriterium der Unabhängigkeit im Sinne von Art. 6 der Konvention entsprach. Bemerkenswert ist ferner, dass der britische Verfassungswandel von einem zunehmenden Interesse an anderen europäischen Rechtsordnungen begleitet ist.[143] Das Consultation Paper von 2003 verdeutlichte jedoch, dass das neue höchste Gericht nicht mit dem US Supreme Court oder dem deutschen Bundesverfassungsgericht vergleichbar sein soll.[144] Der logische Schritt zum Aufbau eines Verfassungsgerichts wäre sicher die Akzeptanz einer geschriebenen Verfassung und deren Anerkennung als höherrangiges Recht. Anders als in der deutschen Verfassungsgeschichte ist jedoch das Wachstum der englischen Verfassung immer organisch gewesen.[145] Das Vereinigte Königreich wird deshalb auch insoweit seinen eigenen Weg gehen. Trotz einiger Unzufriedenheit mit dem Gesetz bezüglich der kaum veränderten Kompetenzen des neuen Gerichts ist die Einwirkung einer solchen Reform auf den altehrwürdigen Teil der Verfassung des Vereinigten Königreiches nicht zu unterschätzen.
3. Bedeutung der EMRK für das nationale Verfassungsrecht
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In ihrem White Paper „Rights Brought Home: The Human Rights Bill“[146] hat die Regierung dargelegt, warum das „Modell“ von Abschnitt 2 Abs. 1 des European Communities Act 1972 nicht auf den Human Rights Act 1998 übertragen wurde.[147] Sie betonte die Schwierigkeiten mit der Europäischen Konvention für Menschenrechte. Es gab erhebliche Verzögerungen bis zum Inkrafttreten des Gesetzes, da die Behörden und die Richterschaft sich auf die Implikationen des Human Rights Act vorzubereiten hatten. Die Regierung sah jedoch die Inkorporierung auch als einen vorteilhaften Schritt an, weil der Human Rights Act britischen Richtern dazu verhelfen würde, „einen britischen Beitrag zur Entwicklung der Menschenrechte in Europa zu leisten.“[148] Die Regierung akzeptierte darüber hinaus, dass die Art und Weise, in der der Gesetzgeber die EMRK in der Vergangenheit behandelt hatte, nicht zur Weiterentwicklung der Menschenrechtsjurisprudenz beigetragen hatte. Mit dem Human Rights Act wurde dagegen die Möglichkeit eröffnet, dass die britische Menschenrechtsrechtsprechung in Zukunft auch ausländischen Gerichten als Inspiration dienen könnte. Britische Richter haben jedenfalls die Jurisprudenz des EGMR beeinflusst und bereichert. Hinweise auf einen derartigen Dialog zwischen englischen Gerichten und dem EGMR gibt es schon in Entscheidungen, die kurz vor Inkrafttreten des Human Rights Act 1998 gefällt wurden.[149] In Barrett v. Enfield[150], einem wichtigen Staatshaftungsfall, der im Lichte der Osman v. UK[151]-Entscheidung vom House of Lords entschieden wurde, setzte sich das englische oberste Gericht kritisch mit der diesbezüglichen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK auseinander. Im Fall Z v. UK[152] gestand der EGMR sodann ein, dass die Interpretation von Art. 6 im Fall Osman auf einem Verständnis des englischen Staatshaftungsrechts basierte, welches nach den Erläuterungen durch das House of Lords überdacht werden müsse.[153]
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Die Beziehung zwischen der britischen Jurisprudenz und der des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte steckt zwar noch in „Kinderschuhen“[154], aber die Fälle Diane Pretty[155] und Alconbury[156] zeigen, dass britische Argumente im EGMR breite Unterstützung finden, wenn nicht sogar dazu beitragen, die Interpretation durch den Gerichtshof weiterzuentwickeln. Wie bereits ausgeführt, war das House of Lords im Fall Alconbury mit der Frage befasst, ob das englische Bauplanungsverfahren mit Art. 6 EMRK vereinbar war. Im Einklang mit der Rechtsprechung des EGMR gelangte es zu der Überzeugung, dass das Judicial Review-Verfahren dem Erfordernis eines umfangreichen Rechtsschutzes genüge. Hierbei machte das House of Lords detaillierte Ausführungen zur Kontrolldichte im Verwaltungsgerichtsverfahren, welche die Analyse des EGMR in vorangegangenen Fällen überstiegen.[157] Obwohl die Unvereinbarkeitserklärung aufgehoben wurde, hat dieses Urteil wichtige Aspekte des englischen Verwaltungsrechtsschutzes dargelegt. Auch in dem tragischen Fall Diane Pretty, in dem die Klägerin vor dem EGMR kurz vor ihrem Tod mit dem Begehren scheiterte, dass ihr Ehemann sie ungestraft töten dürfe – sie hatte seit Jahren an der unheilbaren Nervenkrankheit Amytrophe Lateralsklerose (ALS) gelitten – liefen die Wertungen parallel. Das House of Lords hatte entschieden, dass Art. 2 EMRK keine Garantie für die Beendigung des Lebens enthalte. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kam zu derselben Schlussfolgerung und stützte sein Urteil auf Lord Binghams Ausführungen.[158]
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Es ist evident, dass der Human Rights Act 1998 die Menschenrechtsdebatte im Vereinigten Königreich belebt hat. Dies trifft insbesondere auf den Rechtsstreit zu, in dem das House of Lords entschied, dass von Polizei und Sicherheitspersonal unter Folter erzwungene Aussagen vor Gericht nicht verwertbar sind, da dies gegen das englische Common Law und internationales Recht verstoße.[159] In britischen Gerichten ist es nun anerkannt, dass der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bei der Anwendung des Human Rights Act Rechnung getragen werden sollte. Im Fall R (on the application of Ullah) v. Special Adjudicator führte Lord Bingham aus: „[...] the meaning of the Convention should be uniform throughout the states party to it. The duty of national courts is to keep pace with the Strasbourg jurisprudence as it evolves over time: no more, but certainly no less.“[160] Ebenso führte Lord Steyn im Fall R v. Chief Constable of the South Yorkshire Police aus, dass Art. 8 Abs. 1 in Bezug auf die Einbehaltung von Fingerabdrücken und Gewebeproben „im Geltungsbereich der Konvention einheitlich zu interpretieren“ sei.[161]
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Der Human Rights Act 1998 ist jedoch nicht ohne Kritik geblieben. Einer Meinung nach hat er die Richter dazu animiert, in rein politische Bereiche vorzustoßen und politische Urteile zu fällen, als ob sie demokratisch gewählt wären. Vor allem Lord Hoffmann äußerte im Fall R (Alconbury Development Ltd and Others) v. Secretary of State for the Environment, Transport and the Regions[162], dass der Human Rights Act nicht beabsichtige, die „rule of lawyers“, sondern die „rule of law“ zu stärken. Die europafeindlichen Medien stellten den Human Rights Act als Schutz für die Minderwertigen, Egozentriker und Streitsüchtigen dar. Die konservative Opposition hatte eine Überprüfung des Human Rights Act angekündigt, falls sie 2005 die Wahl gewinnen würde; es wurde sogar seine Abschaffung diskutiert. Andere sind der Ansicht, der Human Rights Act habe wenig zu einer Verbesserung des Menschenrechtsschutzes beigetragen. Kurz vor der Belmarsh-Entscheidung des House of Lords wurde auch die sich der Exekutive unterordnende konservative Haltung der Richter kritisiert.[163] Weitere Kritikpunkte betrafen die unterschiedlichen Ansätze verschiedener Richter in Menschenrechtsfragen, von denen einige kreativer seien als andere.[164]
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Es besteht jedoch kein Zweifel, dass die Rechtsprechung zum Human Rights Act bereits Teil des Common Law geworden ist.[165] Ein kompletter