I. Objektiver Tatbestand
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Gemäß § 212 Abs. 1 wird bestraft, „wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein“. Der letzte Satzteil dient allein der Abgrenzung zum § 211.
Grundstruktur des Totschlagstatbestands | ||
Objektiver Tatbestand | Subjektiver Tatbestand | |
Tatobjekt (Rn. 5 ff.) | Tathandlung (Rn. 10 f.) | Vorsatz (Rn. 12) |
1. Tatobjekt
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Tatobjekt kann nur ein anderer Mensch sein. Nicht strafbar ist daher nach heute einhelliger Ansicht die – versuchte oder vollendete – Selbsttötung. Bei entsprechender Fallgestaltung ist zu erörtern, ob sich eine Tat überhaupt gegen einen – schon oder noch – lebenden Menschen im strafrechtlichen Sinn richtet. Dabei ist allein der Zeitpunkt der Einwirkung des Täters auf das Opfer bedeutsam, nicht dagegen der des ggf. vorgelagerten Handelns oder eines nachfolgenden Schadens.[5]
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a) Während § 1 BGB für die Rechtsfähigkeit des Menschen auf die Vollendung der Geburt abstellt, bezieht das Strafrecht mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 GG in den Schutzbereich der Tötungsdelikte bereits den risikobehafteten Geburtsvorgang selbst mit ein.[6]
Merke:
Als dessen Beginn wird bei natürlichem Verlauf das Einsetzen der Eröffnungswehen angesehen.[7]
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Bei einer operativen Entbindung (sog. Kaiserschnitt) kommt es auf die Öffnung des Uterus an.[8]
Vertiefungshinweis:
Diese Vorverlagerung gegenüber dem Zivilrecht wurde auch aus dem Wortlaut des § 217 Abs. 1 a.F. („Kind in … der Geburt tötet“) abgeleitet. Der Tatbestand der Kindestötung ist durch das 6. StrRG mit Wirkung zum 1. April 1998 zwar ersatzlos gestrichen worden.[9] Dies führt aber angesichts des Gesamtgefüges des Sechzehnten Abschnitts des StGB und der gerade während des Geburtsvorgangs erhöhten Schutzbedürftigkeit menschlichen Lebens zu keiner anderen Bewertung, zumal der Gesetzgeber an der bisherigen Auslegung ersichtlich nichts ändern wollte.
Merke:
Hat das menschliche Leben nach den genannten Maßstäben begonnen, so genießt es absoluten Schutz, auf den kein Mensch wirksam verzichten kann.
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b) Auf der anderen Seite endet der Schutzbereich der Tötungstatbestände mit dem Tod eines Menschen. Dessen Eintritt wurde früher mit dem irreversiblen Stillstand von Kreislauf und Atmung bestimmt (sog. klinischer Tod).[10] Dieser Zeitpunkt hat jedoch infolge medizinisch-technischer Entwicklungen (z.B. von Beatmungsgeräten) seine Aussagekraft eingebüßt. Die h.M. stellt daher mittlerweile – im Rahmen der auf den Sterbeprozess bezogenen erforderlichen normativen Bewertung der Todeszäsur – auf das endgültige Erlöschen der Gehirntätigkeit ab.[11]
Merke:
Entscheidend für den Eintritt des Todes eines Menschen ist das Absterben seines Gehirns (sog. Hirntod), wobei es nicht auf bloße Gehirnteile, sondern auf das Gesamthirn ankommt (vgl. auch §§ 3 Abs. 2 Nr. 2, 16 Abs. 1 Nr. 1 TPG).[12]
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Für dieses Verständnis spricht, dass der Mensch (erst) durch die vollständige Zerstörung seines Lebenszentrums seine personal-individuelle Existenz unwiederbringlich verliert.[13]
Vertiefungshinweis:
Die namentlich medizinisch, juristisch und ethisch geprägte Diskussion ist freilich noch im Fluss und kann sich durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse ändern. Insbesondere darf nicht übersehen werden, dass auch nach dem genannten Zeitpunkt etliche Lebensfunktionen – zumindest als Folge künstlicher Beatmung – weiterhin intakt sein können[14] und es ethisch inakzeptabel ist, einen Menschen allein deshalb als tot zu betrachten, weil sein Organismus ohne externe Unterstützung nicht lebensfähig wäre.[15] Bei der Bewertung sollte zudem berücksichtigt werden, dass das Abstellen auf den sog. Hirntod, um das Lebensende zu definieren, in starker Abhängigkeit zu den Fortschritten der Transplantationsmedizin und ihren Bemühungen steht, „frische“, also zum Implantieren noch „taugliche“ Organe zu entnehmen.[16] Hierzu wird durch Fortsetzung intensivmedizinischer Maßnahmen in den natürlichen Sterbeprozess eingegriffen.[17]
2. Tathandlung
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Die Tathandlung bezeichnet das Gesetz allgemein als Töten. Es ist daher für die Begehung des § 212 Abs. 1 ohne Belang, auf welche Weise ein Mensch zu Tode gebracht wird, ob er etwa erwürgt, erstochen, erschossen oder vergiftet wird. Entscheidend ist nur, ob das Verhalten des Täters den Tod eines anderen verursacht hat (vgl. § 222). Da es sich bei § 212 um ein Erfolgsdelikt handelt, ist die Tat erst mit dem Eintritt des Todes vollendet.
Vertiefungshinweis:
Die Feststellung dieser Kausalität macht in juristischen Prüfungsaufgaben häufig keine Probleme, während ihr Nachweis in der Praxis gelegentlich schwierige – vor allem medizinische, physikalische und chemische – Fragen aufwirft.[18] So kann beispielsweise die Klärung der Frage problematisch sein, ob der Tod eines Schwerkranken aufgrund einer kurz zuvor verabreichten opiathaltigen Infusion oder krankheitsbedingt eingetreten ist (vgl. § 8 Rn. 4).[19]
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Es genügt bereits, wenn der ohnehin nahe bevorstehende Todeseintritt – sei es auch nur kurzfristig – beschleunigt wird. Denn als Töten ist anerkanntermaßen jede Verkürzung menschlichen Lebens anzusehen.[20] Die Frage weiterer Lebensfähigkeit ist irrelevant; auch „unaufhaltsam verlöschendes Leben“ ist geschützt. Handelt es sich beim Verhalten des Täters um ein Unterlassen (§ 13 Abs. 1),[21] so ist umgekehrt zu prüfen, ob die an sich gebotene Handlung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Leben nicht nur unwesentlich verlängert hätte.[22]
II. Subjektiver Tatbestand
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Hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale muss der Täter zumindest mit bedingtem Vorsatz handeln.[23] Insbesondere bei einer äußerst gefährlichen Gewalthandlung gegen das Opfer – beispielsweise bei einem wuchtigen Messerstich in dessen Oberkörper, Hals oder Kopf,[24] bei einem kräftigen Schlag mit einem Baseballschläger oder einer Metallstange gegen den Kopf,[25] bei massiven Tritten gegen den Kopf eines wehrlos am Boden Liegenden,[26] bei erheblichen Würge- und Strangulierungshandlungen und beim