I. Begriff
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Das Kapitalmarktrecht ist in den angelsächsischen Ländern schon lange ein eigenständiges Rechtsgebiet. Inzwischen hat es sich auch in Deutschland als ein solches etabliert. Das Kapitalmarktrecht hat sich in den letzten Jahren so dynamisch entwickelt wie kaum ein Rechtsgebiet[1].
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Seine ständig wachsende Bedeutung für die Volkswirtschaft resultiert zum einen aus der zunehmend am Kapitalmarkt ausgerichteten Altersvorsorge der Bevölkerung und zum anderen aus der veränderten Finanzierungspraxis der Unternehmen und der öffentlichen Hand. Diese erfolgt zumeist nicht mehr über die Aufnahme eines Bankkredits, sondern über die Börse, indem Wertpapiere am Kapitalmarkt emittiert werden.
→ Definition:
Emission meint die Ausgabe von Wertpapieren an eine Vielzahl von Anlegern[2].
Diese „Wertpapierfinanzierung“ nennt man auch „Securitization“. Möglich ist eine Finanzierung auch über sog. Private Equity-Kapital[3] einer Kapitalbeteiligungsgesellschaft. Für Unternehmen in der Gründungsphase kann eine Finanzierung über Venture Capital-Investoren[4] bzw Crowdinvesting[5] erfolgen. Ein weiteres Mittel der Kapitalaufnahme sind die sog. Initial Coin Offerings (ICOs). Dort werden durch Blockchain-Technologie neue digitale Einheiten, wie etwa virtuelle Währungen bzw Token erzeugt, welche (in einem unregulierten Verfahren) an Anleger verkauft werden[6].
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Der auf dem Kapitalmarktrecht lastende Reformdruck resultiert jedoch nicht allein aus seiner ständig wachsenden Bedeutung und Veränderungen, sondern auch aus dem internationalen Wettbewerb der Kapitalmärkte sowie aus den zahlreichen Harmonisierungsmaßnahmen der EU.
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Der Umfang dessen, was als Kapitalmarktrecht bezeichnet werden kann, weist schon deshalb Überschneidungen mit zahlreichen anderen Rechtsgebieten auf, weil es aus klassischen Rechtsgebieten, hauptsächlich dem Bankrecht[7], dem Gesellschaftsrecht[8] und dem Börsenrecht, entstanden ist. Eine rechtssystematische Verselbständigung eines Rechtsgebiets geschieht immer dann, wenn ein Regelungsbereich von der Praxis als ein in sich geschlossener Lebensbereich angesehen wird. Das ist in Bezug auf das Kapitalmarktrecht der Fall. Dessen eigenständige Regelungsperspektive zeigt sich schon daran, dass die entsprechenden Gesetze regelmäßig marktbezogen sind, dh insbesondere die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts schützen sollen.
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Eine Systematisierung des Kapitalmarktrechts ist schwierig und noch nicht hinreichend gelungen. Eine allseits anerkannte Definition des Begriffs Kapitalmarktrecht wird überwiegend als unmöglich angesehen[9]. So bezeichnen manche das Kapitalmarktrecht als die Regelung der rechtlichen Beziehungen der jeweiligen Marktgegenseiten (Emittent, Anleger, Banken, Anlageberater etc)[10] oder als „die Gesamtheit der Normen, Geschäftsbedingungen und Standards, mit denen die Organisation der Kapitalmärkte und die auf sie bezogenen Tätigkeiten sowie das marktbezogene Verhalten der Marktteilnehmer geregelt werden“[11]. Wie auch immer man das Kapitalmarktrecht umschreibt, geht dessen Fortentwicklung in großen Schritten weiter.
II. Regelungsziele des Kapitalmarktrechts
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Das Kapitalmarktrecht hatte bislang die Regelungsziele des Funktionsschutzes des Kapitalmarkts und des Anlegerschutzes. Beide sind miteinander verflochten, wobei ihr Verhältnis zueinander noch nicht abschließend geklärt ist. Hinzu kommt inzwischen vereinzelt die Sicherung der Finanzsystemstabilität. Ob dies als drittes Regelungsziel oder als Element des Funktionsschutzes zu sehen ist, spielt für die Praxis keine Rolle.
1. Funktionsschutz
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Die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts ist ein dem öffentlichen Interesse an effizienten Märkten dienendes Schutzgut[12]. Dem Funktionsschutz des Kapitalmarkts kommt eine tragende Bedeutung zu, da die Volkswirtschaft auf gut funktionierende Kapitalmärkte angewiesen ist. Um ihren Finanzbedarf zu decken, brauchen nicht nur kapitalmarktfähige Unternehmen Gelder von in- und ausländischen Investoren, sondern auch die öffentlichen Haushalte. Abgesehen davon hat der Kapitalmarkt die Aufgabe einer Altersvorsorge als Ergänzung zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts lässt sich anhand von drei Teilaspekten beurteilen: die institutionelle, die operationale und die allokative Funktionsfähigkeit.
a) Institutionelle Funktionsfähigkeit
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Die institutionelle Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts verlangt das Vorliegen der Grundvoraussetzungen für einen funktionierenden Markt. Es muss also ein ungehinderter Marktzugang der Emittenten und des Anlegerpublikums möglich sein, es müssen standardisierte (verkehrsfähige) Anlageprodukte gegeben und die Aufnahmefähigkeit (Liquidität) des Markts erfüllt sein. Die Liquidität des Markts ist abhängig von der Angebotsvielfalt (Marktbreite) sowie der Zahl der Investoren und dem Volumen des angelegten und anlagesuchenden Kapitals (Markttiefe).
b) Operationale Funktionsfähigkeit
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Zudem soll durch das Kapitalmarktrecht die Funktionsfähigkeit optimiert werden. Das bedeutet, dass die Transaktionskosten, die den Marktteilnehmern entstehen, so gering wie möglich zu halten sind. Je niedriger die Kosten, desto höher die Rendite, was wiederum zu einer zunehmenden Akzeptanz des Marktes führt. Wesentliches Mittel zur Minimierung der Transaktionskosten für die Anleger ist die Schaffung weitreichender Publizitätspflichten, da so Aufwendungen für die private Informationsbeschaffung vermieden werden.
c) Allokative Funktionsfähigkeit
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Allokative Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts meint die Steuerungsfähigkeit des Kapitalmarkts. Anlagefähiges Kapital soll dorthin fließen, wo der jeweils dringendste Bedarf an Investitionsmitteln die höchste Rendite bei hinreichender Sicherheit der Anlage verspricht. Voraussetzung dafür ist die Transparenz der Märkte sowie eine bestmögliche Information der Anleger (Publizität). Hintergrund ist, dass institutionelle und private Investoren ihre Geldmittel nur dann dem Markt zur Verfügung stellen, wenn sie Vertrauen in dessen Fairness, Stabilität und Integrität haben.
2. Anlegerschutz
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Auch wenn die konzeptionellen Grundlagen des Anlegerschutzes bis heute noch ungeklärt sind, ist der Anlegerschutz als Ausgangspunkt für eine Regulierung bzw als „Postulat, Normzweck und dogmatische Kategorie“[13] inzwischen grds akzeptiert.