Die Anthroposophin Maria Thun hat jahrzehntelang mit Aussaaten nach den verschiedenen Mondphasen experimentiert. Sie beobachtete dabei den Lauf des Mondes durch die Tierkreiszeichen. Sie stellte in zahlreichen Versuchsreihen fest, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Wachsen der Pflanzen und den zum Zeitpunkt der Aussaat wirksamen Planetenstellungen gibt.
Der Aussaatkalender, der jedes Jahr neu erstellt wird, unterscheidet zwischen Blattgewächsen, Fruchtpflanzen, Wurzelgewächsen und Blütengewächsen. Wenn der Mond im Sternbild der Fische, des Krebses und des Skorpions steht, sind die sogenannten Blatttage. An diesen Tagen sollten also Blattgewächse gesät oder gepflanzt werden. Sie gedeihen dann besonders gut, stehen sie doch im wahrsten Sinn des Wortes unter einem guten Stern. Da der Mond nur ein bis zwei Tage in einem Tierkreiszeichen verweilt, wechseln sich die Saattermine der vier Pflanzengruppen ständig ab.
Fruchtgewächse wie Bohnen, Erbsen, Tomaten, Gurken und Kürbisse sind an den Fruchttagen zu säen oder zu pflanzen, wenn der Mond im Sternbild des Widders, des Löwen und des Schützen steht. Die Wurzelfrüchte wie Möhren, Sellerie, Radieschen, Rettich, Schwarzwurzeln aber auch Kartoffeln und Zwiebeln sind an den Wurzeltagen zu säen, wenn der Mond im Sternbild von Stier, Jungfrau und Steinbock steht. Die Blütengewächse stehen im Zeichen von Zwilling, Waage und Wassermann. Blumenkohl, Broccoli und alle Blumen werden an „ihren“ Blütentagen gesät. Übrigens: Wenn man Blumen für die Vase an Blütentagen schneidet, ist der Duft am intensivsten; sie bleiben lange frisch.
Auch für die Bodenbearbeitung, die Hackarbeit, das Unkrautjäten, die Hege und Pflege mit biologischen Spritzmitteln, für Ernte und Lagerung sind besondere „Mondtage“ vorzuziehen. Auch das Sammeln von bestimmten Blütenpflanzen zur Herstellung von Spritz- oder Kompostpräparaten geschieht am besten an bestimmten Tagen.
Soll der Rasen schnell wachsen, mäht man ihn an Blatttagen; dann wird er auch schön dicht. Möchte man nicht so oft mähen, bieten sich die Blütentage an.
DER FRÜHLING HÄLT SICH NICHT AN DEN KALENDER
Der Frühlingseinzug hält sich selten an die jahreszeitlich vorgegebenen Daten im Kalender, zumindest nicht bei uns in Mittel- und Westeuropa. Ein stabiles Hoch, eine verlässliche Wetterlage gibt es eigentlich nur im Herbst. Dauerhochs wie in den Sommern 1959, 1976, 1983 oder auch 1991 sind eine ungewöhnliche Ausnahme.
Zwar rechnen uns die Astronomen den Tag des Frühlings-, Sommer-, Herbst-und Winterbeginns auf die Sekunde genau aus, doch hält sich unser Wetter höchst selten daran. Wie oft setzt zum Beispiel das Frühlingswetter erst im Mai ein, wie oft beginnt der richtige Sommer erst Mitte Juli oder der Winter erst Mitte Januar. Der „Kalender der Natur“ geht eben andere Wege. Präziser sind da die Naturbeobachtungen, die wir mit mehr oder weniger wachem Auge machen. Uns allen sagen die ersten blühenden Schneeglöckchen, das Stäuben des Haselstrauches oder der Blühbeginn der Forsythie mehr als die Überquerung des Äquators durch die Sonne am 21. März.
Wer Garten, Feld und Wald beobachtet, weiß: Pflanzen zeigen die natürliche Jahreszeit an. Die Wissenschaft hat daraus eine sehr ernstzunehmende Disziplin entwickelt, bei der sich Pflanzen- und Wetterkunde überschneiden. Es ist die Phänologie, die sich Pflanzen als „natürliche Messstationen“ zunutze macht. Da die Vegetation äußerst fein auf alle Wettereinflüsse reagiert, ist sie stets ein genaues Spiegelbild des sie umgebenden Klimas. Bestimmt Wild- und Kulturpflanzen werden europaweit beobachtet. Diese „Zeiger- oder Signalpflanzen“ verhalten sich alle sehr eindeutig. So läuten die Schneeglöckchen den Vorfrühling ein, die Salweidenblüte zeigt den Beginn des Erstfrühlings an, die Apfelblüte kündet den Vollfrühling an und die Blüten des Holunders und der Heckenrose den Frühsommer. Beginn und Dauer der natürlichen Jahreszeiten schwanken aber von Jahr zu Jahr, im Frühjahr weitaus mehr als im Sommer.
Extreme Vegetationssprünge gibt es selten. Es waren beispielsweise die Frühjahre 1921, 1953, 1959, 1975, 1976, 1988, 1989 und 1990. Jahre mit vom Frühling bis zum Herbst verfrühter Entwicklung sind oft auch gute Wein- und Obstjahre.
Der „Kalender der Natur“ beginnt mit dem Vorfrühling. Dieser erste Frühlingsabschnitt ist eigentlich eine Übergangsphase vom Winter zum Frühling. Zwar setzt teilweise das Pflanzenwachstum ein, aber immer wieder ist mit Rückfällen zu rechnen. Die Temperatur steigt während des Vorfrühlings von ca. 2 Grad Celsius auf 5 Grad Celsius im Mittel an. Kennzeichen für den Beginn des Vorfrühlings ist die einsetzende Blüte des Schneeglöckchens. Ihr langjähriger Mittelwert für den Blühbeginn ist in Hamburg am 21. Februar, in Geisenheim am Rhein am 25. Februar, in Freising bei München erst am 3. März. An der Küste beginnt der Vorfrühling zuerst. Dort dauert er auch am längsten. Besonders kurz ist der Vorfrühling im süddeutschen Hochland. Die Huflattichblüte zeigt die Mitte des Vorfrühlings an. Er blüht in Geisenheim bereits am 8. März, in Würzburg am 11. März, in Bremen aber erst am 25. März; denn Mitte März hat der Süden und Südwesten Deutschlands den Norden im Blühbeginn bereits überholt. Kennzeichen für das Ende des Vorfrühlings ist die Salweidenblüte. Die männlichen Kätzchen sehen nicht mehr silbern, sondern bereits gelb aus und stäuben. In Hamburg blüht die Salweide erst am 4. April, in Geisenheim schon am 21. März, in München am 24. März.
Den Anfang des Erstfrühlings kennzeichnen eine ganze Reihe von Pflanzen. Im Garten ist die Blattentfaltung der Stachelbeeren ein wichtiges Kennzeichen, ferner der Blühbeginn der Forsythien und der Buschwindröschen. Der Erstfrühling nimmt im Südwesten seinen Anfang. Typisch sind die Städte Überlingen am Bodensee und Geisenheim bei Wiesbaden, wo am 27. März die Stachelbeer-Blattentfaltung beginnt, während sie in Bremen erst am 5. April losgeht. Von Südwesten aus „wandert“ der Erstfrühling in Richtung Nordosten und erreicht zuletzt Schleswig-Holstein. Der Blühbeginn von Schlehe, Stachelbeere, Löwenzahn, Süß- und Vogelkirsche und die Blattentfaltung der Rosskastanie und der Birke kennzeichnen die Mitte des Erstfrühlings. In Geisenheim blüht die Schlehe am 10. April („Je früher im April der Schlehdorn blüht, desto früher der Schnitter zur Ernte zieht.“), in Bremen erst am 18. April. Die Süßkirsche beginnt in Geisenheim am 15. April zu blühen, in München am 24. April und in Bremen erst am 26. April. Mit der Blattentfaltung der Johannisbeere, der Eschen, der Sauerkirschen und der Birnen naht das Ende des Erstfrühlings.
Mit dem Beginn der Apfelblüte setzt der Vollfrühling ein. Die Knospen brechen zuerst im Südwesten Deutschlands auf. Langjährigen Mittelwerten zufolge, werden sie etwa 16 Tage später im äußersten Nordosten blühen. Flusstäler schmücken sich zuerst mit den weißen Blüten, die Höhenlagen folgen später. Der mittlere Beginn ist in Geisenheim am 25. April, in Überlingen am 28. April, in Münster am 7. Mai, in Schleswig-Holstein erst am 15. Mai. Im mittleren Beginn der Apfelblüte kommt der Einfluss der geographischen Breite, der Seehöhe und der Gegensatz von Land- und Seeklima zum Ausdruck. So benötigt die Blüte in Mitteleuropa etwa drei bis vier Tage, um einen Breitengrad (111 km) und 100 Meter im Gebirge aufwärts zu wandern. Gleichzeitig verspätet sich die Blüte um etwa einen Tag pro km in Richtung West-Ost. Der Frühling wandert also eigentlich nicht von Süd nach Nord, sondern von Südsüdwest nach Nordnordost. In Teilen Spaniens setzt die Apfelblüte schon im März ein, erfasst die französische Riviera Anfang April und ist Anfang Mai in Hannover, aber erst Ende Mai in Stockholm. Der Einfluss des Meeres zeigt sich darin, dass die Apfelblüte in London schon Ende April auf dem gleichen Breitengrad, in Weißrussland aber erst nach dem 10. Mai einsetzt.
Tonangebend im Vollfrühling sind zwei Gartenziersträucher: der Flieder mit seinen köstlich duftenden Blüten und etwa eine Woche später der Goldregen. Der Vollfrühling geht zur Neige, wenn die ersten Gräser zu blühen beginnen. Schließlich künden die ersten Blüten des schwarzen Holunders und der Heckenrosen den Frühsommer an, in Geisenheim bereits am 21. Mai, in Überlingen am 30. Mai und in Bremen erst am 11. Juni. Die letzten gefährlichen Kälteeinbrüche fallen nach langjährigen Mittelwerten auf die Zeit um den 20. Mai (die Tage nach den Eisheiligen) und um den 5. Juni (Beginn der Schafskälte).
WAS DIE STUNDE GESCHLAGEN HAT
Im Reich der