Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.
PSALM 121,1 UND 2 (LUTHER 1984)
Hundert Kilometer südwestlich von Johannesburg. Ich stehe am Vaal, einem Fluss, der sich durch halb Südafrika mäandert. Ein paar Angler lassen sich auf einem Floß treiben. Gegenseitig rufen sie sich Scherze zu. Gelegentlich fliegen Flussenten auf. Alles strömt eine majestätische Gelassenheit aus. Ich lasse meine Blicke über das Naturschauspiel gleiten. Komme zur Ruhe. Dieser Ort vermittelt die magische Souveränität einer Hand, die wild, zärtlich, kreativ ist. Um mich herum erhebt sich eine schroffe, von der untergehenden Sonne rot leuchtende Hügelkette. Die Felsenformationen des Vredefort-Domes.
Sattelitenfotos zeigen, dass ich mich inmitten von einem der größten identifizierten Einschlagkrater der Erde befinde. Verschiedene Gesteinsfunde beweisen, dass hier vor zwei Milliarden Jahren ein Asteroid die Erde getroffen hat. Der 10 Kilometer große Gesteinsbrocken hat damals ein 40 Kilometer tiefes Loch mit einem Durchmesser von 100 Kilometern in die Erde gerissen. Ich stelle mir das Ausmaß vor, und meine Augen wandern nachdenklich an den dunkel werdenden Konturen der Bergzüge entlang. Ich fühle mich klein wie ein Kind.
Ich lasse meinen Kopf in den Nacken fallen und sehe dorthin, wo der Asteroid, der dieses zauberhafte Fleckchen Erde einst verursacht hat, herkam. Über mir spannt sich ein Sternenmeer. Einige Sterne sind wie Staub, andere blinken, und wieder andere fügen sich zu einem bekannten Sternbild zusammen. Das Gefühl des Friedens verstärkt sich.
Ich stehe hier an einem Platz, der von dem Einschlag eines Sternes verursacht wurde. Zufällig? Von den Sternen, die da über mir leuchten, weiß ich, dass sie alle in einer geordneten Bahn fliegen. Was von hier unten chaotisch und zufällig aussieht, ist kein bisschen zufällig geraten.
Obwohl wir Menschen vieles können: Auf die Sterne haben wir keinerlei Einfluss. Wir können auch nicht verhindern, dass ein Asteroid auf unsere Erde donnert. Selbstverständlich mache ich Pläne, setze sie in die Tat um. Aber die Bibel sagt, dass, angefangen bei diesem ungeheuren Kosmos, den ich in dieser südafrikanischen Nacht da draußen erahne, über diese Bergwelt des Vredefort-Kraters bis hin zu den kleinsten Vorgängen meines Körpers Er, mein Schöpfer, alles geplant und durchdacht hat und in seinen ewigen, liebevollen Händen hält.
Christiane Ratz
Gemeinsam
29 | Rudeltier statt Stachelschwein
Hast du schon mal von jemandem gehört, der ein Stachelschwein als Haustier hat? Wahrscheinlich nicht, oder? Stachelschweine sind nicht süß, machen Dreck und grunzen laut. Sie sind kräftig und ihre Stacheln gefährlich. Man kann nicht mit ihnen kuscheln wie mit einer Katze und auch nicht spielen wie mit einem Hund.
Stachelschweine kennen in der Regel nur zwei Reaktionen auf Außenstehende: Angriff oder Rückzug! Selbst Hausschweine sind geselliger. Kurz gesagt: Stachelschweine sind nicht gerade das, was man durchs Haus laufen sehen will (stell dir das mal vor!). Dazu kommt noch, dass diese Tiere sogar Probleme haben, mit ihren Artgenossen in Kontakt zu treten. Ihre Stacheln machen sie zu Einzelgängern.
Doch man glaubt es kaum: Auch Stachelschweine haben das Bedürfnis nach Nähe! „Das ist also das Dilemma des Stachelschweins“, hat John Ortberg mal dazu geschrieben: „Wie kann man einander nahe kommen, ohne verletzt zu werden?“
Wenn es nach dieser Frage geht, sind wir Menschen auch Stachelschweine! Ihr Dilemma ist auch unser Dilemma. Auch wir tun uns schwer damit, tiefe Beziehungen und Freundschaften zu knüpfen. Dabei sehnen wir uns doch so sehr danach! Wer träumt denn nicht von Freunden, die einen verstehen und für einen da sind, wenn man sie braucht?! In der Realität findet man so etwas eher selten.
Denn wenn wir Menschen uns mal näher kommen, stechen wir uns mit den Stacheln unserer Persönlichkeiten. Und dann? Dann ziehen wir uns zurück, weil wir nicht mehr verletzt werden möchten. Oder wir schützen uns, indem wir Eindringlinge vertreiben: Angriff und Rückzug – ein echtes Dilemma!
Gibt es keinen Ausweg? Was hat sich Gott eigentlich dabei gedacht, als er uns Menschen das Bedürfnis nach Beziehungen ins Herz gelegt hat? Hat er nicht gewusst, was für ein unmögliches Unterfangen das ist? Vielleicht … vielleicht will er uns damit aber auch herausfordern, an uns zu arbeiten und selbst zu den Freunden zu werden, die wir uns selbst wünschen. Und vielleicht hat er uns genau dafür ein Beispiel gegeben, als er seinen Jüngern sein Innerstes offenbarte (Johannes 15,15).
Serge Enns
30 | Spezies Mitmensch
Handelt nach dem wahrhaft königlichen Gesetz, wie es in den Heiligen Schriften steht: „Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst!“ Dann tut ihr recht.
JAKOBUS 2,7 (GUTE NACHRICHT)
Sie sind keine Seltenheit. Ich finde sie überall dort, wo Menschen sind. Meine potenziellen Mitmenschen. Die potenziellen Herausforderer meiner Nächstenliebe … Sie können mir nahestehen, aber auch Unbekannte sein. Meinen Weg zur Arbeit kreuzen, mir beim Einkauf begegnen oder jeden Tag mit mir zusammen essen.
Meinen Mitmenschen suche ich mir in den meisten Fällen nicht aus. Das macht es umso schwieriger. Denn mein Nächster kann ganz schön unbequem, kompliziert, launisch, überheblich und nervtötend sein. Er kann mir meinen Parkplatz klauen, mich auf der Straße anrempeln, im Wartezimmer laut telefonieren, mich an der Supermarktkasse ankeifen … Kein Problem – ich liebe ja. Und zwar jeden! Die Nächstenliebe ist mein Schutzpanzer. Pustekuchen!
In Wirklichkeit muss ich mich zusammenreißen. War irgendwie klar, dass das mal wieder so ein Gebot ist, das mein Ego herausfordert. Und obwohl das Gebot keine Bestandsaufnahme ist, sondern eine Aufforderung, ziehe ich Bilanz. Ernüchternd. Eine klaffende Lücke zwischen Möchtegern und Realität.
Das Gebot ist radikal. Es heißt nicht: Reg dich nicht über andere auf, schlucke einfach, geh Tunichtguten aus dem Weg, poche nicht auf dein Recht, bleib trotzdem freundlich und steh drüber. Das wäre schon herausfordernd genug. Auf dem Status quo zu verbleiben. Aber meinen Nächsten zu lieben geht weit darüber hinaus. Typisch Jesus. Es heißt, tatsächlich zu lieben.
Muss ich dafür kämpfen, andere lieben zu können? Kann man Nächstenliebe herbeizwingen? Echte Nächstenliebe kann man jedenfalls nicht einfach aufsetzen, nach dem Motto: Gott verlangt von mir, den Blödmann da zu lieben, also strenge ich mich jetzt mal an! Und sicher heißt es auch nicht, leidgeplagt (aber dabei in voller Überzeugung, demütig zu sein) ständig das Nachsehen haben zu müssen.
Mitmenschen lieben ist nichts für Opfertypen, die ihren eigenen Vorteilen nachtrauern. So was hat nichts mit echter Nächstenliebe zu tun. Ich glaube nämlich, dass echte Nächstenliebe nicht bedeutet, dass man sich eingeschränkt fühlt. Es ist vielmehr eine Befreiung aus dem Ego-Käfig.
Was muss passieren, damit ich wenigstens annähernd nach diesem Gebot leben kann? Etwas auf meiner Verhaltensebene zu ändern bringt da wohl rein gar nichts. Ich schätze, das kommt aus einer veränderten inneren Haltung heraus – und die kann ich nicht von jetzt auf gleich bekommen. Da bin ich auf Gott angewiesen. Er macht, dass mein Herz mitgeht, wenn mein Blick von mir selbst weg auf andere Menschen geht. Und dann macht es hoffentlich „klick“.
Natalie Enns
31 | Der Junge, der alle gehasst hat!
„Ich gebe euch ein neues Gebot: Liebt einander! Ihr sollt einander lieben, wie ich euch geliebt habe. An eurer Liebe zueinander werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid.“
JESUS IN JOHANNES 13,34 UND 35 (NEUE GENFER ÜBERSETZUNG)
Ein kleiner Junge war sauer auf seine Mutter, die gerade ein Verbot ausgesprochen hatte. Er brüllte sie