6. Nötige Änderungen
Wenn der Staat eine wirksame Kartellaufsicht will, müssen die Kartellbehörden von Bund und Ländern anders aufgestellt und es muss auch für eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen der Kommission und dem jeweiligen Mitgliedstaat gesorgt werden. Die Forderungen zur Veränderung liegen auf der Hand:
– Ausgliederung des Bundeskartellamts aus dem Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums,
– Aufgabe der Praxis, Präsidenten grundsätzlich aus den Bediensteten des Wirtschaftsministeriums zu stellen,
– massive Aufstockung der personellen Ausstattung des Amtes, insbesondere auch für die Energiewirtschaft,
– bessere Ausstattung der Prozessabteilung,
– Verbesserung der Besoldung: Der Präsident wird nach der Besoldungsstufe B8 bezahlt und ist damit – etwa – dem Präsidenten des Statistischen Bundesamtes, aber auch dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz gleichgestellt. Aber er ist damit eine Besoldungsgruppe schlechter eingeordnet als etwa ein Botschafter oder ein Ministerialdirektor. Die Vorsitzenden der Beschlussabteilung erhalten B3 und liegen damit weit unter den Bundesrichtern, die – auf der Basis einer eigenen Besoldung – etwa B6 verdienen. Diese Besoldung ist angesichts der geforderten Qualifikation, zu der auch eine durch Qualifikation erworbene Unabhängigkeit gehört, und vor allem angesichts der sehr weitreichenden Konsequenzen kartellbehördlicher Entscheidungen, nicht angemessen. Wer sich eine Kartellamtspraxis wünscht, die den gesetzlichen Aufgaben gerecht wird, muss auch für ein angemessenes Besoldungsgefüge sorgen.
In der Frage des Amtsstatus könnte sich bald Bewegung ergeben. Nach dem dritten Richtlinienpaket der EU müssen Regulierungsbehörden völlig unabhängig werden. Damit verträgt sich die Einordnung in den Geschäftsbereich eines Ministeriums nicht. Wenn aber die Bundesnetzagentur (und die Landesregulierungsbehörden?) aus dem Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums ausgegliedert werden, was ist dann mit dem Bundeskartellamt? Der Aufgabenbereich verlangt Gleichstellung.
Eine weitere Möglichkeit, die Strukturen der marktbeherrschenden Unternehmen in der Energiewirtschaft zu verändern, liegt in der Einführung einer Entflechtungsbefugnis des Bundeskartellamts, die mit der 8. GWB-Novelle vom 5.6.2013 gekommen ist. Eine solche Entflechtungsbefugnis ist notwendig, weil Amt und Monopolkommission darüber einig sind, dass strukturellen Eingriffen der Vorrang gegenüber Maßnahmen etwa der kartellrechtlichen Preishöhenkontrolle gebührt. Aber auch hier ist die Einführung des Instrumentes durch den Gesetzgeber das eine, dessen Anwendung durch das Bundeskartellamt das andere, zumal der Bundeswirtschaftsminister diesen Fällen immer höchste Aufmerksamkeit widmen wird. Offen blieb, ob einer verbreiteten Kritik an der Ministererlaubnis folgend,44 die Ministererlaubnis für Fusionen abgeschafft wird.
12 Ziff. 12 Abschnitt III b. 13 Dazu Wernhard Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, 1983, 22. 14 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, 1983, hier: 32ff. 15 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, 1983, 18. 16 Ausschuss zur Untersuchung der Erzeugungs- und Absatzbedingungen der deutschen Wirtschaft, Kartellpolitik, 1930, Teil I, Generalbericht. 17 RGBl. I, 488. 18 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, 1983, 20. 19 US-MRG Nr. 17 v. 18.1.1947, im Wortlaut fast übereinstimmend Brit.MR-VO Nr. 78 v. 12.2.1947; sehr viel allgemeiner dagegen die französische MR-VO Nr. 96 v. 9.6.1947. 20 BGBl. II, 1954, 157. 21 BGBl. I, 1081. 22 K.W. Nörr, in: Achham/Nörr/Schefold (Hrsg.), Erkenntnisgewinne, Erkenntnisverluste, 356, 357. 23 Günther, WuW 1951, 17, 33. 24 BT-Drs. I/3462 (1952). 25 Wiethölter, Rechtswissenschaft, 1968, 529. 26 Das Bundeskartellamt. Eine politische Ökonomie deutscher Wettbewerbspolitik, 1998. 27 Emmerich, Kartellrecht, 6. Aufl., München 1991, 489. 28 Ortwein, Bundeskartellamt, 87. 29 Ortwein, Bundeskartellamt, 77, Fußnote 4. 30 Ortwein, Bundeskartellamt, 5. 31 Vgl. Volks-Wirtschaft, Sozialdemokratischer Pressedienst v. 7.1.1958, 2f. 32 Ortwein, Bundeskartellamt, 109 und Kap. 8, 249ff. 33 WuW/E KRT 49, 50 = BReg., Bericht, a.a.O., Tz. 120f. (33f.). 34 BGHZ 59, S. 42, 47ff.; bestätigt durch BGHZ 68, 23, 33, 36 „Valium“. 35 BReg., Bericht über die Ausnahmebereiche (oben Fußnote 33), Tz. 122ff., 34ff. 36 1. Hauptgutachten 1973/75, 1976, Tz. 734ff., 753ff., 769ff. 37 Vgl. die Stellungnahme der BReg. zum 1. Hauptgutachten der Monopolkommission nach § 24b GWB, BT-Drs. 8 (1977)/702, Tz. 13ff. 38 Stellungnahmen gemäß Bericht des Bundesrats über die Ausnahmebereiche des GWB, BT-Drs. 7/3206, 38ff. 39 Emmerich, Ist der kartellrechtliche Ausnahmebereich für die leitungsgebundene Versorgungswirtschaft wettbewerbspolitisch gerechtfertigt?, Gutachten im Auftrag des Niedersächsischen Wirtschaftsministers, 1978, 61. 40 Insbesondere Gröner, ORDO Band XV/XVI (1965), 333ff.; ders., Die Ordnung der deutschen Elektrizitätswirtschaft, 409ff.; ders., ZFE 1978, 91ff.; W. Hamm, Schriften der Vereinigungf. Soz. u. Pol. n.F. Band 65, 1972, 13ff. u.a. 41 Insb. J. Baur, Widerspruchstatbestand für Demarkationsverträge, 1965, 16ff. (Baur war langjähriger Direktor des Instituts für Energierecht an der Universität zu Köln); ders., in: Ordnungspolitische Überlegungen, RTW Band 15, 1967, 75, 83ff.; B. Börner, Reform des Energierechts und Konzentration, 1971, 25ff.; ders., Grenzen der Wettbewerbswirtschaft, FIW H. 60, 1972, 1ff., u.a. 42 Tz. 729ff., 736; vgl. auch Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, 349ff., 356ff. 43 Urt. v. 22.4.1994, RdE 1994, 230. 44 Heimann, Die Ministererlaubnis in der deutschen Fusionskontrolle, 2010; Bergmann, Die Ministererlaubnis in der Zusammenschlusskontrolle, 2006, Friederike Mattes: Die Ministererlaubnis in der Fusionskontrolle: Entstehungsgeschichte und kritische Auseinandersetzung, 2004.
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