Von Blut & Magie. Melanie Lane. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Melanie Lane
Издательство: Автор
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Год издания: 0
isbn: 9783954528325
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Was den Mann mir gegenüber zu meinem Halbbruder machen würde.

      »Bruder«, unterbrach er meine Gedanken. »Das Halb kannst du weglassen. Das unsterbliche Gen ist immer das dominante.«

      »Das unsterbliche Gen«, flüsterte ich fassungslos.

      »Ich weiß, es ist eine Menge zu verarbeiten, Lilly. Aber dafür bin ich hier. Um deine Fragen zu beantworten.«

      »Kannst du Gedanken lesen?«

      Nick lachte und seine Reaktion sorgte dafür, dass meine verspannten Schultern sich ein wenig lockerten.

      »Nein, aber deine Gedanken stehen dir regelrecht ins Gesicht geschrieben. Als dein Bruder kann ich gewisse … Schwingungen auffangen«, gab er zu und langsam hob ich den Blick. Grasgrüne Augen bohrten sich in meine. Augen, die die gleiche eher ungewöhnliche Form wie meine hatten. Wieso war mir das vorher nicht aufgefallen? Immerhin hatte ich ihn fast zwei Wochen lang jeden Tag gesehen.

      »Die Menschen sehen nur das, was sie sehen wollen«, beantwortete er meine stumme Frage.

      »Ich kann gewisse Schwingungen auffangen, da wir ab sofort durch unser Blut und unsere Magie verbunden sind. Je länger wir uns kennen und je mehr Zeit wir miteinander verbringen, desto eindeutiger werden wir unsere Gefühle deuten können.« Er grinste mich jungenhaft an. »So ist das bei Engeln.«

      Engel. Engel.

      Ungläubig ließ ich meinen Kopf in beide Hände fallen und gönnte mir ein paar tiefe Atemzüge. Dann sah ich erneut auf.

      »Engel«, wiederholte Nick, als hätte ich ihn beim ersten Mal nicht richtig verstanden.

      »Du willst mir weismachen, dass wir Engel sind?«

      »Ich will es dir nicht weismachen, Lilly, es ist eine Tatsache. Du hast es mit eigenen Augen gesehen. Das Erwachen deiner Magie.«

      Das war es, was ich gesehen und gespürt hatte? Dieses gleichzeitig faszinierende und angsteinflößende Gefühl in meinen Adern sollte Magie gewesen sein? Nicht bereit seinen Worten einfach so mir nichts dir nichts zu glauben, musterte ich Nick skeptisch.

      »Wieso habe ich es in den letzten sechsundzwanzig Jahren nie gespürt?«

      Offensichtlich zufrieden mit meiner Frage nickte er.

      »Du brauchtest einen Trigger. Jemanden, der die unsterbliche Seite in dir hervorholt.«

      Nick setzte sich auf und stützte seine Unterarme lässig auf den Oberschenkeln ab. Seine entspannte Haltung übertrug sich auch auf mich und ich erlaubte mir, es mir auf dem großen Sofa ein wenig gemütlicher zu machen. Ich hatte Antworten gewollt und jetzt würde ich sie bekommen. Auch, wenn dieses Gespräch bis jetzt etwas anders verlief, als erwartet, hatte ich nach wie vor nicht das Gefühl, mich in unmittelbarer Gefahr zu befinden.

      »Ich bin in der Anderswelt aufgewachsen. In Arcadia, um genau zu sein, der Hauptstadt von Alliandoan. Umgeben von Magie, werden wir frühzeitig darauf trainiert, sie zu kontrollieren und zu nutzen. Dir hat das niemand beibringen können«, fügte er leise hinzu, »bis vor ein paar Jahren wussten wir nicht einmal von deiner Existenz. Ohne die Aktivierung deiner Magie stellte die Suche nach dir eine, sagen wir mal, Herausforderung dar.«

      Das erklärte, warum mein angeblicher Bruder erst vor zwei Wochen aus dem Nichts aufgetaucht war.

      »Wie alt bist du?«

      Nick schenkte mir ein schelmisches Grinsen. »Knappe fünfzig.« Das konnte nicht sein. Er sah nicht älter aus als ich. »Das ist unmöglich«, beharrte ich.

      »Nicht in unserer Welt.«

      »Wie?«

      »Wir werden unsterblich geboren«, erklärte er mir, »aber unsere wahre Unsterblichkeit, den Punkt, an dem wir wirklich und wahrhaftig resistent gegenüber Krankheiten werden, unser Alterungsprozess weitestgehend stoppt und wir verdammt schwer zu töten sind, ist jener, wenn wir am stärksten sind und unsere Magie vollkommen kontrollieren können.«

      »Wie alt warst du?«, fragte ich ihn, gegen meinen Willen fasziniert von seinen Worten.

      »Einunddreißig.«

      »Dann bist du fünf Jahre älter als ich, also ich meine … eigentlich ja über fünfundzwanzig Jahre, aber …«

      Lachend unterbrach er mich. »Ich weiß, was du meinst.«

      Ich hatte einen großen Bruder. Wow. So irre das alles hier auch klang … wow. Ein zaghaftes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus und fast gequält sah Nick mich an.

      »Ich werde eine harte Zeit damit haben, deine Ehre zu verteidigen, Schwesterherz.«

      Ich brauchte niemanden, der meine Ehre verteidigte. Was ich brauchte, waren Antworten und kein Möchtegern Macho-Gehabe.

      »Wenn du der Ältere von uns bist, wieso bin ich dann angeblich die Thronerbin?«

      Allein es auszusprechen, fühlte sich an, als wäre ich in einem Traum gefangen. Nick seufzte und fuhr sich mit einer Hand durch die bereits zerzausten Haare.

      »Das ist kompliziert. Und eine etwas längere Geschichte.« Entschlossen stand er auf. »Wie wäre es, wenn wir in der Küche weiterreden, wo wir etwas essen und trinken können?«

      Ich hatte keinen Hunger, aber ich wollte, dass Nick weitersprach, also erhob ich mich ebenfalls. Einen Kaffee könnte ich sicherlich vertragen. Oder einen Schnaps.

      Auf noch immer leicht zittrigen Beinen folgte ich Nick, als er die Bibliothek verließ und schnellen Schrittes die große Eingangshalle durchquerte. Vor der gewaltigen Eingangstür bog er rechts ab und stieß eine weitere unscheinbare Tür mit der Schulter auf.

      »Willkommen in meinem Lieblingsraum.«

      Einladend breitete er die Arme aus und aufmerksam betrat ich die großzügige Küche. Ein großer Tresen trennte den Kochbereich von einem massiven Echtholztisch. Um den Tisch herum standen mindesten zehn Stühle und hinter der Fensterfront konnte ich einen mittlerweile dunklen Wald erkennen.

      »Alles sieht so … normal aus«, gab ich zu, als ich die einladenden Holztöne und modernen Accessoires der Küche bewunderte. Jemand hatte sich bei der Einrichtung dieses Anwesens viel Mühe gegeben.

      »Weil wir nicht in Arcadia sind«, erklärte Nick mir und holte zwei Weingläser aus einem der Hängeschränke. Ich setzte mich auf einen der Barhocker am Tresen und beobachtete ihn.

      »Rot?«

      Nickend sah ich ihm dabei zu, wie er eine teuer wirkende Flasche Wein vom Tresen nahm und sie öffnete. »Wir sind noch immer in der Welt der Menschen. Etwa zwei Stunden von deiner Wohnung entfernt.«

      »Ich verstehe nicht …«

      »Als unser Vater von deiner Existenz erfuhr, hat er dieses Anwesen gekauft und umbauen lassen. Er wollte einen Wohnsitz außerhalb Alliandoans, damit er besser nach dir suchen kann.«

      Ich hatte einen Vater? Wie albern … Natürlich hatte ich einen Vater, aber Annabelle hatte nie über ihn gesprochen und ich … ich hatte stets angenommen, er wäre längst tot.

      »Das ist er.«

      Nicks heisere Stimme riss mich aus meinen Gedanken und erschrocken sah ich auf. Über sein mittlerweile volles Weinglas hinweg sah er mich an. Diverse Emotionen zeichneten sich auf seinem Gesicht ab. Allen voran Schmerz.

      »Unser Vater ist tot, Lilly.«

      »Wie lange schon?«

      »Seit etwa fünf Jahren.«

      »Ich …« Tja, was sollte ich sagen? Natürlich war ich traurig. Ich hätte ihn gern kennengelernt, aber ich hatte Jahre gehabt, um mich an den Gedanken zu gewöhnen. Den Schmerz, den Nick allerdings verspürte, kannte ich nur zu gut. Mitfühlend legte ich meine Hand auf seine und wir beide sahen auf, als es regelrecht zwischen uns funkte. Daran würde ich mich wohl noch gewöhnen müssen, dachte ich und ergriff das Glas, das Nick mir hinhielt.

      »Ich