Chicago Affair. Niko Arendt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Niko Arendt
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742754493
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steuerte Sean die Fahrertür an, doch Holden hielt ihn zurück. Durch den unerwarteten engen Körperkontakt wich Sean sofort zurück.

      „Diesmal fahre ich.“ Kurz ließ Sean die Schultern hängen. „Ich will, dass du entspannst, Sean.“

      „Darf ich im Audi entspannen?“

      Holden lachte.

      „Nein?“, fragte Sean. „Ich habe eine bessere Idee. Wie wäre es, wenn du mein Auto fährst und ich entspanne dabei auf dem Beifahrersitz? Das wäre bestimmt ein Bild für die Götter. Das alte Biest würde dich richtig auf Trab halten.“

      „Bei deinem Auto muss man bestimmt noch in die Pedalen treten, bis es sich von der Stelle bewegt“, grunzte Holden charmant.

      Sean blickte ihn einen Moment zu lange an, bereute es sofort und stieg stattdessen schnell ein, bevor er es sich anders überlegte. Er konnte seine Augen nicht von Bourdains Lippen wenden, aber dann geisterten die Bilder in seinem Kopf, an die er sich nicht erinnern wollte. Und zwar, was er mit diesen Lippen getan hatte.

      Das Auto roch neu, als wäre es gerade eben erst aus der Fabrik gerollt. Unbeholfen machte Sean es sich in dem knirschenden Leder des Beifahrersitzes bequem. Befremdlich war Bourdains Umgang mit dem Mustang. Als führe er ihn zum ersten Mal. Andererseits war sein Fahrstil dermaßen beängstigend, dass Sean den Unterschied eh nicht bemerkt hätte.

      „Könntest du ein bisschen langsamer fahren“, stotterte Sean, nachdem er sich in einer Kurve fast in Holdens Schoß legte.

      „Mädchen, sagte ich doch.“

      „Ich hänge einfach an meinem Leben. Wenn das bedeutet, dass ich ein Mädchen bin, dann ist es so.“ Wieder wurde Sean in dessen Schoß katapultiert und das, obwohl er angeschnallt war, verdammt. Unbedacht hielt er sich an Holdens Oberschenkel fest. Als er dessen hochgezogenen Augenbrauen sah, zog er schnell die Hand weg.

      „Bevor wir in Lichtgeschwindigkeit in einen anderen Teil Amerikas reisen, muss ich nach Hause“, sagte Sean beiläufig, wirkte aber nervös. Er hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen und mit jeder Sekunde schwoll es immer mehr zu einem pulsierenden Geschwür voller Gewissensbisse.

      „Weshalb?“, fragte Holden misstrauisch.

      „Mein Hund“, kam es abgehackt aus seinem Mund, bevor Holden eine lehrbuchreife Vollbremsung vor einer roten Ampel hinlegte und Sean sich den Kopf am Armaturenbrett anschlug. Der Motor brüllte unter seinem Gesäß wie ein wütendes, wildes Tier.

      „Verdammt. Holden, ehrlich, mit dir bekomme ich noch ein Schütteltrauma.“

      „Und deine Frau?“, fragte sein Chef, ohne auf seinen Kommentar einzugehen. „Kann sie sich nicht um ihn kümmern?“

      Sean schaute ihn an, als ob er verrückt geworden wäre. Es war nicht klar, ob er das im Hinblick auf seine Aussage über Amanda oder dessen Talent als Stuntfahrer tat. Vielleicht auch beides.

      „Auf gar keinen Fall.“

      Zwar konnte Sean die Reaktion darauf nicht deuten, doch Holden folgte seiner Bitte und fuhr zu seinem Haus. In den wenigen Minuten bis dorthin legte sich ein unheilvolles Schweigen über sie beide. Ungeduldig trippelte Sean mit den Fingern auf seinen Knien herum. Shit. Er hatte seinen Hund vergessen. Anakin zu vernachlässigen war unverzeihlich.

      Holden räusperte sich. „Warum plötzlich so nervös?“

      Gebannt starrte sein Angestellter auf die rote, elektronische Anzeige hinter dem Lenkrad. „Ich bin spät“, seufzte Sean und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Er wirkte eingefallen und müde.

      „Punchy wird deine Abwesenheit gut überstanden haben. Wenn er Windeln trägt, wird er nicht ins Haus gemacht haben“, amüsierte Holden sich.

      „Hä?“, fragte Sean intelligent.

      „Punchy, dein übergewichtiger inkontinenter Labrador. Der Windeln braucht. Hattest du das nicht gesagt?“

      „Oh scheiße.“

      „Du taugst echt nicht als Betrüger.“ Holden schnaubte.

      „Du hast mir zugehört?“, fragte Sean erstaunt.

      „Ich höre alles, was du sagst. Auch wenn das meiste davon ziemlicher Schwachsinn ist.“

      Merkwürdig. Damit hatte Sean nicht gerechnet. Irgendwie rückte diese Eigenschaft seinen Chef in ein anders Licht. Sean kribbelte es in den Fingern. Auf seinen Unterarmen bildete sich Gänsehaut. Es war einfach lange her, dass er so empfand. Jemand hatte Interesse an ihm. Ehrliches Interesse.

      „Es ist ein Hund“, versuchte Bourdain ihn zu beruhigen, leider sagte er damit genau das Falsche.

      „Du verstehst das nicht“, eine leichte Bitterkeit hallte in Seans Stimme nach, was völlig untypisch für sein heiteres Gemüt war. „Er ist nicht einfach nur ein Hund. Er ist-“, er unterbrach sich selbst. Das war persönlich. Und ging Holden nichts an.

      Den abrupten Stimmungswechsel bemerkte sein Chef zwar, fragte stattdessen aber: „Was für einen Hund hast du denn nun?“, seine Stimme war warm und aufrichtig interessiert, sodass sich der Blonde unbewusst wieder besser fühlte.

      „Einen Mischling?“, hackte Bourdain nach.

      „Nein.“

      „Lass mich raten, Punchy war ein Labrador, also hast du entweder wieder einen Labrador oder einen Golden Retriever.“

      „Wie kommst du darauf?“, Sean runzelte die Stirn und musste ein wenig schmunzeln.

      „Ist doch der Otto Normalverbraucher Familienhund“, argumentierte Holden. „Fröhliches Gemüt, kinderlieb, verspielt und aktiv. So heißt es.“

      Amüsiert schüttelte Sean den Kopf, wenn er wüsste, was Anakin war, würde er ihn auslachen. Eine Trethupe für aufgetakelte Frauen mit Pradatäschchen, in der sie die Tiere herumtrugen. Er schmunzelte.

      „Was grinst du denn so? Hast du etwa einen Border oder Aussie?“

      „Was ist ein Border? Und was ein Aussie?“

      „Ein Schäferhund?“, rätselte Holden ins Blaue und hatte sichtlich Spaß dabei. „Einen Pittbull?“

      „Nein.“

      „Warte, ich weiß. Einen Boston Terrier. Jeder Star hat einen.“

      „Hör auf damit. Du machst dich lächerlich“, lachte Sean.

      „Hast du vielleicht einen Cocker Spaniel? Jeder Schwule hat einen.“

      „Hallo, ich bin nicht schwul“, empörte Sean sich.

      „Dein Körper war da anderer Meinung.“

      „Ehrlich. Da würde jeder hart werden. Außerdem hast du keinen Cocker Spaniel.“

      „Du weißt doch gar nicht, ob ich schwul bin“, sagte Holden und hupte laut, als ihm ein asphaltgrauer Seat die Vorfahrt nahm und die Person darin auch noch die Frechheit besaß zurückzuhupen.

      „Korrigier mich, wenn ich falsch liege, aber so wie du mich angemacht hast, bin ich schwer davon ausgegangen“, erwiderte Sean.

      „Vielleicht finde ich nur dich attraktiv.“

      Ihr Gespräch fand ein jähes Ende, als Bourdain mit überhöhter Geschwindigkeit in die Einfahrt raste. Die harte Bordsteinkante katapultierte das Auto einen halben Meter in die Höhe und damit auch Seans sensiblen Magen. Er bekam nicht mehr die Gelegenheit dazu, sich über seinen Chef zu wundern.

      Im Vergleich zu Holdens imposantem Heim, wirkte sein gemütliches, in pastellblau gestrichenes Einfamilienhaus mickrig. Mit dem gepflegten, grünen Rasen, dem weißen Lattenzaun und den kleinen Säulen an der Eingangstür, entsprach es aber durchaus dem amerikanischem Stereotyp.

      „Schönes Haus“, kommentierte Holden sein Eigenheim, als sie beide ausstiegen und die Einfahrt zum Eingang entlang