Gefährliche Liebschaften. Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750203433
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zu hören, dem ich das vorschlagen werde. Wenn das Ihrer Mama und Ihnen paßt, so stehe ich für mich und meine beiden Chevaliers. Adieu, meine Schöne, und meine Empfehlungen der lieben Frau von Volanges. Ich küsse Sie zärtlichst.

       Paris, 13. August 17..

      14

      Vierzehnter Brief

      Cécile Volanges an Sophie Carnay

      Ich habe Dir gestern nicht geschrieben, meine liebe Sophie, aber ich versichere Dir, das Vergnügen war nicht Schuld daran. Mama war krank, und ich verließ sie den ganzen Tag über nicht. Als ich mich abends zurückzog, hatte ich zu nichts mehr Lust und ich legte mich sehr schnell zu Bett, um die Überzeugung zu bekommen, daß der Tag wirklich zu Ende sei; niemals erschien mir ein Tag so lang. Nicht daß ich Mama nicht liebte, aber ich weiß nicht was es war. Ich sollte mit Frau von Merteuil in die Oper gehen und der Chevalier Danceny sollte mit dabei sein. Du weißt wohl, daß die beiden meine liebsten Menschen sind. Als die Stunde kam, zu der ich da sein sollte, zog sich mir das Herz zusammen, ganz wider Willen. Da ärgerte ich mich über alles und weinte und weinte ohne Aufhören. Glücklicherweise lag Mama zu Bett und konnte mich nicht hören. Ich bin sicher, der Chevalier Danceny war auch traurig; aber er wird sich im Theater und an den vielen Leuten da zerstreut haben, und das ist schon etwas anderes.

      Zum Glück geht es Mama heute wieder besser, und Frau von Merteuil wird kommen mit einem Herrn und dem Chevalier Danceny; aber sie kommt immer erst so spät, und es ist so langweilig, wenn man allein ist und wartet. Es ist erst elf Uhr. Es ist wahr, ich muß noch etwas Harfe spielen und meine Toilette wird mich noch etwas Zeit kosten, denn ich will heute schön sein. Ich glaube, Mutter Perpetua hat Recht, daß man kokett wird, sobald man in die Welt tritt. Ich habe noch niemals solche Lust gehabt, hübsch auszusehen, als seit einigen Tagen, und ich finde, daß ich nicht so hübsch bin, wie ich zu sein glaubte; dann verliert man auch an Farbe neben allen den Frauen, die sich schminken. Bei Frau von Merteuil zum Beispiel bemerke ich ganz gut, daß sie sie alle schöner finden als mich, aber das betrübt mich nicht sehr, denn sie hat mich sehr gern. Auch versichert sie mir, daß der Chevalier von Danceny mich schöner findet als sie. Das ist doch ehrlich von ihr, mir das zu sagen, nicht? Es schien ihr sogar Vergnügen zu machen. Das zum Beispiel verstehe ich aber nicht. Sie muß mich doch sehr lieb haben! Und er! . . . o! Du ahnst nicht, wie mir das Freude macht! Dann scheint es mir immer, daß ihn anzusehen schon allein genügt, um schöner zu werden. Ich würde ihn immer ansehen, wenn ich nicht fürchtete, seinen Blicken zu begegnen; denn jedesmal, wenn mir das passiert, verliere ich ganz meine Fassung und das tut mir weh; aber das macht nichts. Adieu, meine liebe Freundin; ich will Toilette machen. Ich liebe Dich wie immer.

       Paris, den 14. August 17..

      15

      Fünfzehnter Brief

      Der Vicomte von Valmont an die Marquise von Merteuil

      Das ist wirklich hübsch von Ihnen, daß Sie mich in meinem traurigen Schicksal nicht verlassen. Das Leben, das ich hier führe, ist wirklich ermüdend, – nichts als stille Ruhe und eine tödliche Einförmigkeit. Während ich in Ihrem Briefe die Details Ihres reizenden Tages las, war ich zwanzigmal versucht, irgendein Geschäft vorzugeben und vor Ihre Füße zu fliegen, um da die Gunst der Untreue an Ihrem Chevalier zu erbitten, der trotz allem und allem soviel Glück nicht verdient. Wissen Sie, daß Sie mich eifersüchtig auf ihn machten? Was erzählen Sie mir da von einer ewigen Trennung! Ich verleugne diesen Schwur, den ich in Sinnlosigkeit tat; wir wären ja nicht würdig gewesen ihn zu schwören, wenn wir ihn hätten halten müssen. Ach, daß ich mich eines Tages in Ihren Armen an dem unbehaglichen Gefühl, das mir das Glück des Chevaliers bereitet, rächen könnte! Ich gestehe, ich bin wütend, wenn ich an diesen Menschen denke, der ohne zu denken und mühelos, nur blöd und dumm dem Instinkt seines Herzens folgend, ein Glück findet, das ich nicht erreichen kann. Aber ich werde es ihm nehmen. Versprechen Sie mir, daß ich es ihm nehmen werde. Und Sie selbst, fühlen Sie sich gar nicht erniedrigt? Sie geben sich die Mühe ihn zu betrügen und er ist glücklicher als Sie. Sie glauben ihn in Ihren Ketten zu haben, und Sie sind es, die in den seinen liegt. Er schläft ruhig, während Sie über sein Vergnügen wachen. Was mehr würde sein letzter, Bedienter für ihn tun? Sehen Sie, meine schöne Freundin, wenn Sie sich unter viele teilen, bin ich nicht eine Spur eifersüchtig; denn da sehe ich in Ihren Liebhabern nur die Nachfolger Alexanders, denen es allen nicht möglich ist, das Reich zu halten, das ich allein regierte. Aber daß Sie sich einem von ihnen vollständig ergeben, daß noch ein Mann existieren soll so glücklich wie ich, – das dulde ich nicht, und glauben Sie nicht, daß ich es dulden werde. Entweder nehmen Sie mich wieder, oder Sie nehmen einen anderen und verraten nicht wegen einer Laune die unwandelbare Freundschaft, die wir uns geschworen haben.

      Bei Gott, ich habe mich gerade genug über die Liebe zu beklagen: woraus Sie sehen, daß ich mich Ihren Anordnungen füge und meinen Irrtum bekenne. Ja, wenn das wirklich verliebt sein heißt: nicht ohne den Besitz dessen, was man wünscht, leben können, seine Zeit dafür opfert, sein Vergnügen, sein Leben, ja, dann bin ich wirklich und wahrhaftig verliebt. Ich bin nicht um einen Schritt weiter gekommen. Ich hätte Ihnen in dieser Hinsicht gar nichts Neues mitzuteilen, wäre nicht etwas eingetreten, das mir viel zu denken gibt und von dem ich noch nicht weiß, ob ich etwas befürchten oder etwas hoffen soll.

      Sie kennen meinen Jäger, ein Juwel der Intrige, ein wahrhafter Kammerdiener der Komödie. Sie können sich denken, daß seine Aufgabe diese war, sich in die Kammerjungfer zu verlieben und die Dienerschaft betrunken zu machen. Der Spitzbube ist glücklicher als ich, denn ihm gelang es. Und er hat herausgebracht, daß Frau von Tourvel einen ihrer Leute damit beauftragte, Erkundigungen über mein Leben hier einzuziehen und mir sogar auf meinen morgendlichen Spaziergängen, soweit wie möglich, unmerklich zu folgen. Welches Recht nimmt sich diese Frau? Sie, die Bescheidenste unter allen, wagt Dinge, die wir uns kaum erlauben! . . . Was sagen Sie dazu? . . . Bevor ich aber die Rache an dieser Weibeslist bedenke, suche ich nach dem Mittel, mir diese List nützlich zu machen. Bisher hatten diese meine verdächtigen Spaziergänge keine besonderen Ursachen, geben wir ihnen also welche. Das verlangt jetzt meine ganze Aufmerksamkeit und ich verlasse Sie, um darüber nachzudenken. Adieu, meine schöne Freundin,

       Immer noch Schloß . . ., den 15. August 17..

      16

      Sechzehnter Brief

      Cécile Volanges an Sophie Carnay

      Ach, meine Sophie, ich habe Neuigkeiten! Eigentlich darf ich sie nicht sagen, aber ich muß mit jemandem darüber sprechen, es ist stärker als ich. Dieser Danceny . .. ich bin so aufgeregt, daß ich gar nicht schreiben kann. Ich weiß nicht womit beginnen. Also seitdem ich Dir von jenem reizenden Abend erzählte, den ich bei Mama mit ihm und Frau von Merteuil verbrachte, habe ich Dir nichts mehr von ihm erzählt; ich wollte mit niemand mehr darüber sprechen, aber gedacht hab ich immer daran. Seit der Zeit also ist er so traurig geworden, so traurig, aber so traurig, daß es mir sehr weh tat. Als ich ihn fragte warum, antwortete er immer, nein, er sei nicht; aber ich sah es doch ganz deutlich. Endlich gestern war es noch schlimmer als sonst; und jedesmal, wenn er mich ansah, schnürte es mir die Kehle zusammen; er hatte aber trotzdem die Gefälligkeit, mit mir zu singen ganz wie gewöhnlich. Wir hatten gesungen, er schloß meine Harfe in ihr Etui, und indem er mir den Schlüssel gab, bat er mich, sobald ich allein wäre den Abend, noch einmal zu spielen. Ich dachte an nichts weiter und hatte auch gar nicht einmal Lust dazu; er bat mich aber so lange, bis ich ja sagte. Er mußte aber seinen Grund dafür haben. Und wirklich, als ich am Abend allein und mein Kammermädchen hinausgegangen war, holte ich meine Harfe hervor, und – fand in den Saiten einen unversiegelten, nur zusammengelegten Brief von ihm! Ach! wenn Du wüßtest was er mir alles schreibt! Seitdem ich diesen Brief gelesen habe, bin ich so ... so voller Freude, daß ich an nichts anderes mehr denken kann. Viermal habe ich ihn immer wieder durchgelesen, und dann habe ich ihn in meinen Schreibtisch gesperrt. Ich kann ihn auswendig. Und im Bett wiederholte ich mir ihn Wort für Wort, so daß ich nicht einschlafen konnte. Sobald ich die