Der Duft der indischen Nelke. Nicolà Tölcke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nicolà Tölcke
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750206052
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Würfel fliegt gegen die Scheibe. Er macht mich nach.

      „Eins!“ Philipp hat Mafalda und meine Liane! Also bleiben für mich Gerda und Agnieszka.

      „Chéri, du gehst mit Agnieszka und Gerda ins Studio A hier oben und ich gehe mit Philipp und Mafalda ins Studio B nach unten. Viel Spaß wünsche ich euch. Und wenn wir wieder zusammenkommen, hoffe ich, dass sich das Resultat hören lassen kann und wir es dann gemeinsam aufnehmen können.“

      Als wir im Studio A ankommen, ist alles schon bis ins letzte Detail von Liane vorbereitet. Drei Mikrophonständer sind im Halbkreis aufgestellt und dahinter jeweils die Notenständer.

      Ich schnalle mir meine Fender um und setze mich in die Mitte zwischen Agnieszka mir zur Rechten und links positioniert sich Gerda. Die Ladys vertiefen sich in die Noten.

      „Das ist sehrrr schön Stück!“, meint Agnieszka und bringt ihre Klarinette vor ihrem weinrot geschminkten Mund in Stellung. Gerda hat ihr Cello, wie es sich gehört, zwischen ihre langen, schlanken Beine geklemmt. Ihr Kleid dankt es dem Instrument, indem es seinen Saum hinter den Spitzenrand von Gerdas dunkelgrauen Strümpfen geluchst hat. Meine weiße Fender mit dem Schwanenhals markiert jede Bewegung auf meiner schwarzen Samthose.

      „Bourée ist mein favorite title von Jethro Tull. Wirklich ein Meisterwerk von Ian Anderson!“ Die Schwedin spricht astreines Deutsch.

      „Gibst du uns Anweisung?“ Agnieszka liebkost ihr Mundstück mit ihren Lippen.

      „Klar! Agnieszka, du nimmst den Part von Ian Andersons Querflöte, also die Melodie. Gerda, du gibst uns mit dem Cello den Rhythmus, den im Original der Bass macht. Ich füge die begleitenden Akkorde hinzu.“ Ich schaue zu Gerda, die eine Frage aus ihren stahlblauen Augen versprüht.

      „Wie kommen wir danach mit den anderen zusammen? Ich meine, wie soll dann das Zusammenspiel aussehen?“

      Mit der Frage habe ich gerechnet.

      „Wir werden sozusagen zwei unterschiedliche Instrumentalversionen zusammenführen. Philipp spielt hervorragend Akkordeon und wird die Begleitung, die ich hier mit der Gitarre spiele, in deren Version übernehmen. Mafalda soll mit ihrem Fagott den Rhythmus vorgeben und Liane macht die Melodie mit der Geige. Wenn alles klappt, werden wir in einer Stunde im Studio B alle zusammenkommen. Dort gibt es auch eine kleine Bühne und wir werden alles in Bild und Ton aufzeichnen können. Wir sollten mit unserer Version andante beginnen. Dann kommt Lianes Part schon in allegretto. Nun wieder wir in vivace und als stretta, wenn man so will, alle zusammen, einen weiteren Zacken forciert, in prestissimo. Auf geht’s, Ladys, nicht precipitatemente aber doch pressando, fangen wir mal an zu proben! Subito, con bravura.“ Ich komme mir vor wie ein italienischer Orchesterchef eines Tanztee-Ensembles in Bad Kissingen.

      Ein paar Tage später sitzen Liane und ich im großen Vorführraum im Souterrain. Der Projektor im Projektionskäfig, wie Liane die kleine Kammer liebevoll nennt, gibt ein leises Surren hinter der Wand von sich. Die vier großen Bose-Boxen, von denen jeweils eine rechts und eine links der Leinwand hängt, während die anderen beiden mittig an den Seitenwänden angebracht sind, geben ein leises Rauschen ab.

      Es erscheint unsere Bühne im Studio B. Von der Totalen her zoomt der Blick ganz links auf Mafalda, die allein mit dem Bassrhythmus beginnt. Rechts daneben erscheint Philipp, der mit den ersten Akkorden einsteigt. Der Blick fährt weiter auf Liane, die mit dem Bogen ihre Geige streichelt und die berühmte Melodie erklingen lässt. Nun kommt Agnieszka zum Zuge, die verführerisch mit der Klarinette die Melodie fortführt. Ich bin mit der Fender zu sehen, meine Akkorde klingen schwer, aber grooven total. Gerda flirtet mit mir. Ihr Blick wirkt intim und entschieden lasziv. Man möchte meinen, dass sie mit ihrem Cello verschmelze und wieder tritt ihr Hauch von Kleidchen mit den bordeauxroten Rhomben auf Grau die Flucht nach oben an. Die Kamera fängt den Rand ihrer Strümpfe ein. Liane und Agnieszka spielen sich die Melodie um die Ohren. Mafaldas Fagott verwöhnt die Bauchmuskulatur und jetzt spüre ich es, Lianes Hand verwöhnt aktuell etwas und zwar eindeutig unterhalb meiner Bauchmuskulatur.

      „Bei der hättest du gerne mal deinen Warja spazieren geführt, oder?“

      „Ich denke, du wirst mir das schon austreiben?“ Ich drücke meinen Schoß provokativ gegen ihre Finger.

      Auf der Leinwand, im Gegenlicht zu den Bühnenstrahlern, wird der Rock von Agnieszka ziemlich transparent. Sie macht einen Schritt, sodass sich der Zwischenraum ihrer Beine gekonnt vergrößert. Die Umrisse ihrer rasierten Yoni sind gestochen scharf zu erkennen. Sie trägt nichts unter diesem Röckchen aus Pech und Hagelkörnern. Unter den Berührungen Lianes fühlt sich ein wichtiger Teil von mir ziemlich eingeengt. Wie von Zauberhand sind Agnieszkas als auch Lianes Blusen auf der Leinwand da vorne transparent geworden. Als ob sie von einem leisen Regen befeuchtet worden wären, glänzen die vier Brustwarzen im Rhythmus auf und ab und wippen um die Wette. Wie von Sinnen gleite ich zwischen Lianes Lippen und wie von einer anderen Welt betören von der Leinwand Mafaldas und Gerdas Basstöne, Agnieszkas und Lianes Melodieführung sowie Philipps und mein Begleitgeschick. Die gelben Rosen auf Mafaldas Faltenrock scheinen für Momente ein Eigenleben zu inszenieren. Es sieht so aus, als tanzten sie gegen den Beat ihres swingenden Untergrunds, währen weiter oben zwei üppige Brüste gegen die vermeintliche Enge des um die guten Sitten besorgten, sandfarbenen Tops protestieren. Ein unsichtbarer Taktgeber scheint den Röcken der Mädels synchrones Wippen verordnet zu haben. Je schneller das intuitive Metronom den Bourrée nach vorne taktet, je schneller die brillante Kameraführung in nahezu psychedelischer Manier die Röcke in einer Art Symbiose mit den roten Lippen der Musikerinnen verschmelzen lässt, je abenteuerlicher wird der Rhythmus, mit dem mich Lianes Mund an der Darbietung auf der Leinwand teilhaben lässt. Wie lange werde ich mich der unterschiedlichen Einzelstimmen, Takt für Takt untereinander, wie lange werde ich mich dieser unerbittlichen Partitur meiner Lust entgegensetzen können?

      „Chéri! Ich möchte, dass, wenn wir auf der Bühne zum Höhepunkt kommen, du mir deinen in mein Mäulchen schenkst. Let’s bourrée Darling!“ Sofort verschließt sich ihre verbale Gier mit mir und ich spüre, wie die letzten Takte anfluten, spüre, wie es mir vom Nacken her mit abgespreizten Härchen auf der Haut bis in ihren Mund hinein vibriert, spüre, wie ich ihr das gebe, wonach sie trachtet, sehe, wie ihr blutroter Rock mit den vielen weißen Pünktchen hochgeschlagen ist und ihre Finger auf ihrer Yoni zittern.

      What a crazy day, when I kissed the teacher. All my sense had flown away, when I kissed the teacher. Agnetha und Frida sind von einem Lehrer hin und hergerissen. Cindy nebenan allerdings scheint in ihrer Stimmung ziemlich angefressen.

      „Liiiiiiaaaaaaane, ey! Det is nich fair, ey!”

      „Was ist denn los, Cindy? Wir haben hier keine Zeitlimitvorgaben! Wenn mein Gast ´ne Stunde bleibt, so ist das seine Sache und okay. Ihr seid schließlich noch zu dritt da.“

      Ich bemerke, dass Liane neben mir etwas aufgebracht ist. Jedenfalls kann sie richtig schön mit ihren großen Augen funkeln.

      „Weißt du was? Ich hatte noch niemanden, der sich mir so hingegeben hat wie du gerade.“ Liane lächelt zufrieden, aber auch fragend.

      „Wo wir so einen geilen Moment zusammen hatten, verrätst du mir deinen Namen?“

      „Klar! Hubert. Nicht originell und auch nicht besonders modern, eher spießig! Aber das, was du da gerade mit mir gemacht hast, ehrlich, so etwas habe ich noch nicht erlebt. Ich war ja komplett weg.“

      „Das habe ich gemerkt, Hubert. Du hast mich so inspiriert, so angefixt. Ich bin auch zweimal gekommen, hatte Gänsehaut fast überall!“

      „Ich hoffe, dass du keine Probleme wegen mir bekommst. Deine Kollegin scheint nicht sehr erfreut?“ Ich beginne, mich wieder in eine korrekte Erscheinung zu verwandeln.

      „Das war hoffentlich kein One-Day-Stand, Hubert. Pass auf, ich bin freitags immer in der Martin-Luther. Dort ist alles relaxter. Wie wäre es, kommst du übermorgen vorbei? Die beste Zeit ist gegen 14.00 Uhr.“ Ich stehe auf. Sie schnappt sich ihren Kimono, streift ihn sich über und ich erhalte einen erinnerungswürdigen Kuss.

      Es regnet Strippen. Natürlich auch