»Nein? Nein?« schrie Rogoschin, vor Freude ganz außer sich. »Also nicht? Und die Leute hatten es mir gesagt ...! Ach! Oh ...! Nastasja Filippowna! Die Leute sagen, Sie hätten sich mit Ganja verlobt! Mit diesem Menschen? Ist das denn überhaupt möglich? Ich habe zu allen Leuten gesagt, daß das nicht möglich ist. Ich kaufe ja den ganzen Patron für hundert Rubel, und wenn ich ihm tausend Rubel, na, oder auch dreitausend Rubel dafür gebe, daß er zurücktritt, so wird er am Tag vor der Hochzeit davonlaufen und mir seine Braut ganz überlassen. Ja, ja, so ist es, Ganja, du Schuft! Du würdest gewiß die dreitausend nehmen! Da sind sie, da! Eben deswegen bin ich ja hergekommen, um mir von dir einen solchen schriftlichen Verzicht ausstellen zu lassen. Ich habe gesagt: ›Ich will ihn kaufen!‹, und das will ich denn auch tun!«
»Scher dich weg von hier; du bist ja betrunken!« schrie Ganja, der abwechselnd rot und blaß wurde.
Sowie diese Aufforderung verklungen war, ließen sich plötzlich mehrere heftige Stimmen vernehmen; Rogoschins ganzer Trupp hatte schon lange auf die erste Herausforderung gewartet. Lebedjew flüsterte Rogoschin etwas mit besonderem Eifer ins Ohr.
»Da hast du recht, du Bureaumensch!« antwortete Rogoschin. »Da hast du recht, du Trunkenbold! Ach, wir wollen's wagen! Nastasja Filippowna!« rief er, blickte wie ein Halbirrer rings um sich, wurde ängstlich und ging dann auf einmal wieder zu kühner Dreistigkeit über. »Da sind achtzehntausend Rubel!« Und er warf ein in weißes Papier eingewickeltes, kreuzweise zugebundenes Päckchen vor ihr auf das Tischchen. »Da! Und ... es kommt noch mehr!«
Er wagte nicht zu Ende zu sprechen und zu sagen, was er eigentlich wünschte ...
»Nein, nein, nein!« flüsterte ihm von neuem Lebedjew mit ganz erschrockenem Gesicht zu.
Man konnte merken, daß er über die Höhe der Summe erschrocken war und vorgeschlagen hatte, es mit einer beträchtlich geringeren zu versuchen.
»Nein, nein, darin bist du nun schon ein Dummkopf, lieber Freund; du weißt nicht, wen wir vor uns haben ... und offenbar bin ich ebenso ein Dummkopf wie du!« Dies letztere fügte Rogoschin hinzu, da er unter Nastasja Filippownas funkelndem Blick zur Besinnung kam und zusammenfuhr. »Ach, ach! Ich habe Unsinn geredet, weil ich auf dich hörte«, fuhr er in tiefer Reue fort.
Als Nastasja sein bestürztes Gesicht sah, lachte sie laut auf. »Achtzehntausend Rubel bietet er mir? Da sieht man doch gleich den Plebejer!« fügte sie ungeniert und dreist hinzu und stand vom Sofa auf, als ob sie aufzubrechen beabsichtigte.
Ganja beobachtete diese ganze Szene mit fast versagendem Herzschlag.
»Also vierzigtausend, vierzig, nicht achtzehn!« schrie Rogoschin. »Iwan Ptizyn und Biskup haben versprochen, bis sieben Uhr die vierzigtausend heranzuschaffen. Vierzigtausend! Bar auf den Tisch!«
Die Szene wurde sehr widerwärtig; aber Nastasja Filippowna lachte, statt wegzugehen, immer weiter, als ob sie sie absichtlich verlängern wollte. Nina Alexandrowna und Warja erhoben sich gleichfalls von ihren Plätzen und warteten erschrocken und schweigend, was das für einen Ausgang nehmen werde. Warjas Augen funkelten; aber auf Nina Alexandrowna übte all dies physisch eine sehr üble Wirkung aus: sie zitterte und drohte im nächsten Augenblick in Ohnmacht zu fallen.
»Nun, wenn's nicht anders ist, dann hundert! Noch heute übergebe ich Ihnen hunderttausend Rubel! Ptizyn, sei mir behilflich; du machst dabei einen guten Profit!«
»Du bist verrückt geworden!« flüsterte im Ptizyn zu, der rasch zu ihm herantrat und ihn am Arm faßte. »Du bist betrunken; es wird nach der Polizei geschickt werden müssen. Wo glaubst du denn zu sein?«
»Er ist betrunken und renommiert«, sagte Nastasja Filippowna, wie um ihn zu reizen.
»Ich renommiere nicht; das Geld wird da sein, zum Abend wird es da sein ... Ptizyn, sei mir behilflich, du alter Wucherer; nimm dafür, soviel du willst; aber beschaffe mir zum Abend hunderttausend Rubel; ich will doch zeigen, daß ich nicht kneife!« rief Rogoschin verzückt und enthusiastisch.
»Aber was soll denn das eigentlich vorstellen?« rief Ardalion Alexandrowitsch auf einmal in zornigem, drohendem Ton und ging auf Rogoschin zu.
Die Plötzlichkeit, mit der sich der bisher so schweigsame Alte einmischte, hatte etwas sehr Komisches, und man hörte auch wirklich lautes Lachen.
»Wo kommt denn der her?« fragte Rogoschin lachend. »Komm mit uns, Alter; da sollst du dich mal toll und voll saufen!«
»Aber das ist ja eine Gemeinheit!« rief Kolja, der vor Scham und Ärger geradezu weinte.
»Ist denn kein Einziger unter euch, der es unternimmt, dieses schamlose Weib hinauszuschaffen?« rief plötzlich, zitternd vor Zorn, Warja.
»Also mich nennt man ein schamloses Weib!« entgegnete Nastasja Filippowna mit verächtlicher Heiterkeit. »Und ich, dumm wie ich bin, komme hierher, um die beiden Damen auf den Abend zu mir einzuladen! Sehen Sie, Gawrila Ardalionowitsch, wie mich Ihr Schwesterchen behandelt!«
Ein Weilchen stand Ganja infolge der heftigen Worte seiner Schwester wie vom Blitz getroffen da; aber als er sah, daß Nastasja Filippowna sich diesmal wirklich zum Fortgehen anschickte, stürzte er wie ein Rasender auf Warja zu und packte sie wütend bei der Hand.
»Was hast du getan?« schrie er und sah sie an, als ob er sie auf dem Fleck zu Asche verbrennen wollte.
Er hatte vollständig die Fassung verloren, und sein Verstand funktionierte nur mangelhaft.
»Was ich getan habe? Wohin zerrst du mich? Du verlangst doch nicht etwa, daß ich sie um Verzeihung dafür bitten soll, daß sie deine Mutter beleidigt hat und hergekommen ist, um dein Haus zu beschimpfen, du gemeiner Mensch?« rief Warja wieder und blickte ihren Bruder triumphierend und herausfordernd an.
Ein paar Sekunden lang standen sie einander so gegenüber, Gesicht gegen Gesicht. Ganja hielt immer noch ihre Hand mit der seinigen gefaßt. Warja suchte sich einmal und noch einmal mit aller Gewalt loszureißen, vermochte es aber nicht und spie plötzlich, ganz außer sich, dem Bruder ins Gesicht.
»Ist das ein Mädchen!« rief Nastasja Filippowna. »Bravo, Ptizyn, ich gratuliere Ihnen!«
Dem so beleidigten Ganja wurde es trübe vor den Augen; er verlor völlig die Herrschaft über sich und holte mit aller Kraft gegen seine Schwester aus. Der Schlag hätte sie sicherlich gerade ins Gesicht getroffen. Aber plötzlich wurde Ganjas Hand durch eine andere im Schwung festgehalten.
Zwischen ihm und seiner Schwester stand der Fürst.
»Hören Sie auf, es ist genug!« sagte er nachdrücklich, aber am ganzen Leibe wie von einer sehr heftigen Erschütterung zitternd.
»Wirst du mir denn immer im Weg sein?« brüllte Ganja, ließ Warjas Hand los und versetzte in sinnloser Wut mit der freigewordenen Hand dem Fürsten aus aller Kraft eine Ohrfeige.
»Oh, oh!« schrie Kolja und schlug die Hände zusammen. »Ach mein Gott!«
Von allen Seiten erschollen Ausrufe. Der Fürst war ganz blaß geworden. Mit einem eigenartigen, vorwurfsvollen Blick sah er Ganja gerade in die Augen; seine Lippen zitterten und strengten sich an, etwas zu sagen; ein seltsames und ganz unmotiviertes Lächeln verzerrte sie.
»Nun, wenn mir das auch widerfährt ... aber sie ... sie lasse ich nicht schlagen!« sagte er endlich leise.
Aber seine Empfindungen wurden doch zu mächtig; er wandte sich von Ganja weg, verbarg das Gesicht in den Händen, ging in eine Ecke, stellte sich mit dem Gesicht gegen die Wand und sagte mit fast versagender Stimme: »Oh, wie werden Sie sich Ihres Benehmens schämen!«
Ganja stand in der Tat wie vernichtet da. Kolja stürzte auf den Fürsten zu, um ihn zu umarmen und zu küssen. Nach ihm drängten sich Rogoschin, Warja, Ptizyn, Nina Alexandrowna und alle andern heran, selbst der alte Ardalion Alexandrowitsch.
»Es hat nichts auf sich, es hat nichts auf sich!«