Hetzjagd im All. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847648277
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Farbe große, augenartige Gebilde aufgemalt, die mich entfernt an die Graffiti-Kunst des frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts erinnerten, wie sie an einem Ort namens Bronx angeblich existiert hatte. (Andere waren der Auffassung, daß die Bronx nur ein Mythos war.)

      In weiße Gewänder gehüllte Männer und Frauen kamen mir entgegen. Sie waren völlig haarlos. Das grelle Licht spiegelte sich auf ihren kahlrasierten Köpfen.

      Die Lichtjünger starrten durch mich hindurch.

      Die schlichte Ausgestaltung des Korridors stellte an den Rechner des Deflektors keine größeren Anforderungen, wie es etwa komplizierte Intarsien oder Ornamente getan hätten. Ich brauchte mir also kaum Sorgen zu machen. Diese Leute konnten mich definitiv nicht sehen.

      Ich ging an den Lichtjüngern mit ihren eigenartig verklärten Gesichtern vorbei. Mir fiel auf, daß ihre weißen Gewänder raschelten.

      Ich mich beeilen mußte.

      Die energetischen Anomalien, die mein Deflektorschirm verursachte, waren zwar nur minimal, aber je nachdem wie lückenlos hier die Kontrolle war, würde das früher oder später auffallen. Ich hoffte später. Spät genug, um hier wieder verschwinden zu können, bevor jemand auf mich aufmerksam geworden war.

      Ich setzte meinen Weg fort, die langen Korridore entlang. Antigravschächte gab es auf Makatua nicht, nur altmodische Aufzüge. Ich gelangte eine Etage tiefer. In meiner Augenanzeige wurde mir der Gang angegeben, den ich zu nehmen hatte, um Brindon Jarvus' Zelle zu erreichen.

      Ich erreichte schließlich mein Ziel.

      Zwei Wächter standen vor der Zellentür.

      Beide bewaffnet. Sie trugen Nadelpistolen an weißen Gürteln, die sich fast gar nicht von ihrer Kleidung abhoben. Ihre haarlosen Gesichter hatten denselben gleichmütigen Gesichtsausdruck wie er mir bisher bei allen Mitgliedern dieser Sekte begegnet war.

      Glückseligkeit oder Verblödung. Die Entscheidung war nicht ganz leicht. Ich entschied mich dafür, das zweite anzunehmen, Denn sonst wäre ich gezwungen gewesen, mein eigenes Leben viel radikaler in Frage zu stellen, als es mir lieb war.

      Und dennoch, der Strom der Gedanken war nur schwer zu bändigen.

      Warum tust du das, Dak Morley?

      Warum hältst du deinen Kopf für Angelegenheiten hin, die dich nichts angehen? Warum entführst du einen jungen Kerl, bei dem du dir letztlich noch nicht einmal hundertprozentig sicher sein kannst, ob er nicht hier sein Glück gefunden hat und sein Vater dich an der Nase herumführt beziehungsweise dir sogar gefaketes Datenmaterial überlassen hat?

      Ich versuchte diese Gedanken davonzuscheuchen.

      Jetzt war einfach ein unpassender Moment für Selbstzweifel.

      Solche Anfälle von Grübelei in ungünstigen Momenten wären dir früher nicht passiert, Dak Morley! ging es mir durch den Kopf. Wird Zeit aufzuhören, Dak! Das ist ein ziemlich sicheres Zeichen dafür.

      Ich hatte keine andere Wahl, redete ich mir ein. Das Datenmaterial bei GADRAM...

      Aber hatte ich nicht weit brenzligere Situationen bereits gemeistert. Was hätte dagegen gesprochen, einfach mit Sorana zusammen irgendwo anders neu anzufangen? Das nötige Kleingeld hatte ich. Natürlich hätte das vorausgesetzt, Sorana in Bereiche meines Lebens einzuweihen, von denen sie bislang nur grobe umrisse ahnen konnte.

      Ich atmete tief durch.

      Alles Blödsinn, dachte ich. 200 000 Galax bekam ich für den Job. Und das war ein guter Grund, um alles zu tun.

      Ich nahm den Strahler und feuerte ihn ab.

      Der erste Wächter sank getroffen zu Boden. Der Ausdruck der Überraschung stand noch auf seinem Gesicht, als er in sich zusammensackte.

      Der zweite wirbelte herum, griff nach seinem Nadler.

      Die meisten Standard-Nadelgeschosse waren absolut tödlich. Ich mußte zusehen, keinen Treffer abzubekommen, denn dann war diese Mission zu Ende noch ehe sie richtig begonnen hatte.

      Der Wächter riß seine Waffe empor. Er begriff offenbar, daß er jemanden vor sich hatte, der einen Deflektor-Gürtel trug. Die Dinger waren aufgrund ihres enormen Anschaffungspreises zwar selten, aber immerhin so häufig, daß jeder wußte, daß es sie gab und wie ihre Wirkungsweise war.

      Der Wächter zielte auf jenen Punkt, an dem er zuvor meinen Strahler hatte aufblitzen sehen.

      Ich erwischte ihn um den Sekundenbruchteil früher. Er rutschte an der Wand zu Boden, ohne den Nadler abgefeuert zu haben.

      Ich wandte mich der Tür zu, holte den Decoder hervor, um sie zu knacken. Fünf Sekunden später öffnete sich die Tür.

      Ich trat in die Zelle. Brindon lag auf seiner Pritsche. Er drehte den Kopf in meine Richtung. Ich erkannte sein Gesicht von den Holo-Files her, die sich unter dem Datenmaterial befunden hatten, daß Palmon Jarvus mir überlassen hatte. Brindon sah wie eine jüngere Kopie seines Vaters aus.

      Er hob etwas den Kopf, versuchte die Arme zu bewegen, stieß dabei aber an eine unsichtbare Barriere.

      Ein Energiefeld fesselte ihn an sein Bett.

      Sein Blick irrte suchend umher. Er sah nur die offene Tür und die Füße der betäubten Wächter. Sonst nichts.

      Ich deaktivierte meinen Deflektor.

      Er erschrak. Sein Mund stand weit offen, seine Augen ebenfalls. Er wirkte wie erstarrt.

      "Brindon Jarvus? Können Sie mich verstehen?"

      Ich war mir nicht sicher, ob das Energiefeld ihn auch akustisch abschirmte.

      Er nickte.

      "Ja."

      "Ihr Vater schickt mich, um Sie hier herauszuholen. Tun Sie einfach alles, was ich Ihnen sage."

      "In Ordnung."

      Er stemmte sich gegen das Energiefeld, daß ihn wie ein gläserner Sarg umgab.

      "Lassen Sie das", wies ich ihn an. Mit dem Decoder war es für mich kein Problem, das Feld abzuschalten. Ein paar Sekunden später war Brindon frei. Der junge Mann erhob sich etwas unsicher von der Liege.

      Ich schnallte meinen zweiten Deflektor-Gürtel ab und reichte ihm das Ding. "Schnallen Sie sich das um."

      "Ein Deflektor?"

      "Ja. Und beeilen Sie sich. Die Tatsache, daß ich das Energiefeld abgeschaltet habe, wird uns gleich unangenehmen Besuch bescheren."

      "Okay."

      "Besitzen Sie einen CyberSensor?"

      "Nein. Das ist gegen unseren Glauben. Der Mensch soll kein Anhängsel einer Maschine werden."

      Ich holte einen dieser kleinen Apparate aus der Seitentasche meiner Kombination. "Nehmen Sie den hier", schlug ich ihm vor. "Wir werden darüber Kontakt halten. Außerdem ist das Gerät so programmiert, daß Sie mich sehen können, auch wenn der Deflektor aktiviert ist."

      Schließlich wollte ich auf keinen Fall, daß mein Schützling mich verlor.

      Brindon hob abwehrend die Hand.

      "Tut mir leid", sagte er kopfschüttelnd.

      Ein dünnes Lächeln schien auf meinem Gesicht. "Ich weiß nicht, ob wir ihre religiösen Bedenken jetzt ausdiskutieren sollten. Es geht um ihr Leben, Brindon. Und nebenbei bemerkt: um das meinige ebenfalls."

      "Darum geht es nicht", widersprach er mir.

      "Ach, und worum dann?"

      "Ich habe keine Buchse mehr, um den CyberSensor zu installieren."

      "Mein Gott..."

      "Wurde chirurgisch entfernt."

      "Hätte ich mir ja denken können..."

      "Wir werden ohne künstliche Bestandteile als Ebenbilder Gottes geboren..."

      "...dann halten Sie einfach meine