„Zu Hause werde ich das reparieren müssen“, knurrte er.
Djarfur ließ sich auf der Erde nieder. Er tänzelte leicht, während die Fylgja um seine Beine schnurrte.
„Ist das dein Folgegeist, der mich da kitzelt?“, fragte er.
„Du spürst sie? Ja. Wie es scheint, ist sie dir sehr dankbar.“
„Gern geschehen.“
Wal-Freya blickte Thea wütend an. „Das war leichtsinnig und völlig überflüssig. Thor und Odin hätten das alleine geschafft.“ Noch erboster sah sie Djarfur an. „War das deine Idee?“
Ehe Thea etwas erwidern konnte, sprang Thor für sie in die Bresche. „Sie wollten nur meinen Begleitern helfen und das haben sie gut gemacht.“
Odin nickte. „Allerdings. Du solltest ihnen für ihren Mut danken und sie nicht dafür verurteilen. Ihr Eingreifen war überaus hilfreich.“ Er lächelte. „Das war eines Einherjers würdig, liebe Thea.“
Ein Stich fuhr durch Theas Magen. Was brachte Odin dazu, sie mit einem seiner gefallenen Krieger zu vergleichen?
„Du hättest es mit mir absprechen können, ehe du dich in eine Horde Feuergiganten stürzt!“, beharrte Wal-Freya.
„Sie hat die Hosen voll“, kommentierte Djarfur spöttelnd.
„Sie macht sich nur Sorgen“, erwiderte Thea hörbar für alle.
„Die habe ich mir auch gemacht“, stimmte Juli zu, die gerade zusammen mit Tom auf dem Platz landete. Hugin und Munin flogen heran und setzten sich auf Odins Schulter. Beide spielten erleichtert mit den Ohren des Allvaters, was dieser mit einem sanften Handstreich unterband.
Tom schmunzelte. „Das hat vermutlich etwas mit ihren Erfahrungen aus vorherigen Abenteuern zu tun.“
„Haha!“ Thea steckte Kyndill zurück in seine Scheide. Unwillkürlich packte sie den Zwiesel, als Djarfur einen Schritt nach vorn machte.
Wütend schnaubte er: „In der Tat sollten sie dankbar sein.“
Wie auf Kommando strich Thor in einer liebevollen Geste über Theas Bein und tätschelte Djarfur. „Lasst euch nicht verunsichern, ihr seid großartig gewesen.“
„Von weiter weg hat das super ausgesehen, aber es war kaum auszuhalten, so eine Angst hatte ich“, sagte Juli.
„Wenigstens habt ihr auf mich gehört und seid auf Abstand geblieben“, knurrte Wal-Freya.
Juli grinste. „Wir haben überlegt, was gefährlicher ist: dich zu verärgern oder sich mit einer Horde Feuerriesen anzulegen. Die Entscheidung war leicht.“
Wal-Freya kniff die Augen zusammen und entlockte Juli damit ein Lachen.
„Das waren keine Feuerriesen, es waren Feuergiganten. Feuerriesen sind nur halb so groß wie diese hier“, erklärte Thor.
„Aha! Also vergleichbar mit den Eiskolossen, die uns in Nif angegriffen haben?“, fragte Juli.
„Genau. Sie sind Urkräfte.“ Thor spannte die Böcke wieder an den Wagen.
„Ich dachte, das seien Feuerriesen auch“, staunte Tom.
Odin nickte. „Das sind sie, aber im Gegensatz zu ihren großen Brüdern haben sie ein wenig Verstand.“
Juli schaute auf die Überreste der Angreifer. „Ich nehme an, wir müssen uns jetzt nicht mehr verstecken.“
Odin schüttelte den Kopf. „Sie hatten keine Zeit Surtr zu unterrichten. Aber irgendwann wird man sie vermissen.“
Tom richtete seinen Blick über das Land. „Wohin werden wir reisen?“
„Es heißt, Surtr wohnt in einer Festung in der Mitte Muspelheims“, erklärte Odin.
„Und wie kommen wir da rein?“, fragte Tom.
„Wieso machen wir uns eigentlich immer erst Gedanken um sowas, wenn wir schon auf dem Weg sind?“, stöhnte Juli.
„Weil Odin darüber in Asgard nicht diskutieren wollte“, knirschte Wal-Freya.
Thor grinste und erwiderte leichthin: „Wir klopfen an, liebe Juli.“
Schnaubend verschränkte Wal-Freya die Arme. „Wir werden versuchen möglichst ungesehen in die Feste zu gelangen.“ In ihren Worten schwang eine Endgültigkeit mit, die selbst Odin nicht zum Widerspruch ermutigte.
Er nickte bestätigend. „Wir werden einen Weg finden, um unerkannt hineinzugelangen. Sollte das nicht funktionieren, machen wir es, wie Thor gesagt hat.“ Gleichgültig zuckte er mit den Schultern und lenkte Sleipnir zwischen zwei Lavakanälen voran. Tom trat seinem Pferd leicht in die Flanken und folgte ihm.
„Fliegen wir nicht?“, fragte Juli.
Wal-Freya hob das Kinn. „Schau mal in den Himmel. Wenn du glaubst, inmitten von Magmaauswürfen heil hindurchreiten zu können, darfst du es gerne versuchen.“
„Außerdem sieht es dort sehr stickig aus“, fügte Thor mit einem Zwinkern hinzu. Er stellte sich auf seinen Wagen.
„Kannst du nicht irgendeinen Zauber wirken, der uns schützt?“, fragte Thea.
„Ja, einen Luftblasenzauber mit Lavabrockenschutz“, stimmte Juli zu.
Odin, schon in einiger Entfernung, antwortete, noch ehe Wal-Freya dazu in der Lage war: „Könnte sie, aber sie schont besser ihre Kräfte. Der Weg ist weit und wir wissen nicht, an welcher Stelle wir ihre Hilfe nötiger haben werden.“
Thea nickte einsichtig. Sie kannte das ermattende Gefühl, das die Magie auf den sie wirkenden Körper ausüben konnte.
„Außerdem bleiben wir so länger unerkannt“, beharrte Wal-Freya.
„Schlagt eure Kapuzen hoch. Auch kleine Funken können schmerzen, wenn sie in eurem Nacken landen“, ergänzte Odin kaum noch hörbar. Hugin und Munin krächzten bestätigend.
Juli tat, wie ihr geheißen. „So behalten wir obendrein alle einen kühlen Kopf“, kommentierte sie trocken und schloss sich Tom an.
Sie ritten eine unbestimmte Zeit ins Landesinnere, ohne dass sie irgendwem oder irgendetwas begegneten. Karg und lebensfeindlich tat sich Muspelheim vor ihnen auf. Der schwarze Boden wurde nur von blubbernden Lavaströmen unterbrochen. Irgendwann kesselte sie ein Strom in einem breiten Teppich ein, doch die Pferde sprangen nur gelangweilt darüber hinweg und setzten ihren Weg auf der anderen Seite fort. Die Fylgja blickte sich unablässig um, als erwarte sie, dass jeden Moment etwas aus dem Schatten trat. Die Nervosität ihres Schutzgeistes beunruhigte Thea, denn in der Gegenwart der Götter hoffte sie eher darauf, dass er sich beschützt wähnte.
„Was beschäftigt dich?“, fragte Djarfur.
„Wie um alles in der Welt kannst du das fühlen?“, erwiderte Thea.
„Als wäre ich ein Allerweltspferd“, konterte